In einem Programmheft des MDR-Sinfonieorchesters las ich nach der Überschrift „100 Jahre Musik im Rundfunk Mitteldeutschlands“ die Sätze: „Am 1. März 1924 konnten die Radiohörer erstmals eine neue Stimme vernehmen: ,Hallo – hallo, hier ist Leipzigʻ. Die Mitteldeutsche Rundfunk AG nahm am frühen Nachmittag den Sendebetrieb vom Messeamt am Markt (Alte Waage) aus auf. Von Anfang an spielte Musik im Radio eine wichtige Rolle.“
Wohlgemerkt, hier geht es um Musik in einem funktionierenden Rundfunk, denn den gab es damals anderswo schon seit einiger Zeit.
Zuerst ein Blick nach England und Frankreich
Um diese Zeit hatte sich in England bereits ein Frauenkomitee gebildet, um herauszufinden, welche Rundfunkprogramme den Interessen von Frauen aller Gesellschaftsschichten am besten entsprechen würden. Viele von ihnen sprachen sich für Modeberichte, Belehrungen über Haushaltsführung, Kinderpflege und allgemeine Hygiene aus, aber die meisten Frauen wünschten Musikunterhaltung. Diese zögen sie allen anderen Programmpunkten vor. Die Musik sollte aber nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr gesendet werden.
In Paris gab es um diese Zeit „Öffentliche Rundfunkautomaten“. Sie hingen, als kleine schwarze Kästen an den Wänden von Cafés, Hotels und Kinos. Man nahm einen Hörer ab, steckte eine Münze in einen Schlitz und konnte dann das Abendkonzert der Pariser Rundfunkstation oder einen Vortrag hören. Nach einer gewissen Zeit löste sich die Verbindung wieder, und man musste sich beeilen, eine zweite Münze in den Schlitz zu stecken. Neben jedem dieser Kästen hing ein Vortragsprogramm mit genauen Zeitangaben.
Aller Anfang war nicht leicht
Was das hier bei uns eingangs erwähnte „Hallo“ betrifft, so ging es doch damals nicht so ganz einfach und lustig vonstatten. Da begann eine Sendergesellschaft mit Sitz in der Leipziger Gellertstraße 10 für den Leipziger Sender am 29. Februar 1924, einem Freitag, nachmittags ab 15 Uhr, mit den Sendeversuchen nach außerhalb. Die Masten konnten wegen der kalten Witterung nicht in voller Höhe aufgebaut werden, waren 5 Meter kürzer als vorgesehen – ein Nachteil für die Reichweite der Sendungen.
Versteckt in einem kleinen LVZ-Artikel am 1. März 1924 auf der zehnten Seite, bat man mögliche Hörer der Sendungen um Mitteilung an die Gesellschaft. Am Vormittag des selben Tages setzte man die Sendeversuche noch fort, nachmittags gegen 14:30 Uhr soll die feierliche Eröffnung des Betriebes mit einigen Ansprachen stattgefunden haben. Das Eröffnungskonzert wurde laut Vortragsübersicht am 2. März 1924 ab 8:15 Uhr übertragen.
Mitwirkende: Der Leipziger Thomanerchor, Leitung Günther Ramin, Organist zu St. Thomä. Das Leipziger Davisson-Streichquartett, die Herren Walther Davisson (1. Viol.), Fritz Schertel (Violoncell.). Das Leipziger Rosenthal-Quartett, die Damen Ilse Helling-Rosenthal (Sopran), Martha Adam (Alt), die Herren Hans Litzmann (Tenor), Dr. Wolfgang Rosenthal (Baß). Auf dem Programm standen Kompositionen von Bach, Beethoven und Brahms. Die musikalische Leitung hatte Alfred Szendrei, Kapellmeister der Städtischen Oper Leipzig. Ab 11 Uhr gab es noch ein Sonderkonzert.
Wenn man damals in Leipzig Rundfunk hören wollte …
Mit Eröffnung des hiesigen Senders sollte eine Wende zum Besseren bei der Anschaffung eines verhältnismäßig billigen Empfangsapparates und beim ungehinderten Empfang des Unterhaltungsrundfunks erreicht werden. Wer also daran teilnehmen wollte, musste sich von der Postdirektion eine Genehmigungsurkunde ausstellen lassen und dafür 60 Mark zahlen. Im Besitz dieser Urkunde durfte man sich einen Empfangsapparat kaufen und damit für ein Jahr deutsche Sender empfangen. Wir dürfen uns die damaligen Empfänger nicht so vorstellen wie unsere Radios.
Wer nur den Leipziger Sender hören wollte, für den genügte „auf jeden Fall ein Einlampen- oder Detektorenempfänger, wenn nicht mehr als drei Telephone eingeschaltet werden sollen und auf die Verwendung eines Lautsprechers verzichtet wird. Der Empfangsbereich kann durch nachträgliches Zuschalten eines Verstärkers erweitert werden“. Diesen Rat gab der Leipziger Ingenieur K. Klare in seinem ausführlichen Tageblatt-Artikel: „Die Rundfunk-Empfangsanlage“ v. 2. März 1924, S. 29.
„Technisch noch nicht vollkommen“
Dann die Ernüchterung. Unter dem Titel: „Radio-Industrie“ brachte die LVZ am 3. März 1924 auf ihrer fünften Seite folgende Meldung: „Das Neueste ist jetzt die Radio-Telephonie. Die Industrie ist bestrebt, sie den weitesten Kreisen zugänglich zu machen.“
Der Leipziger Radiosender sollte Sonnabend in Betrieb genommen werden. Er war aber technisch noch nicht vollkommen hergestellt.
Die Allradio G.m.b.H. hatte am Sonnabendnachmittag die Presse eingeladen, um ihr in ihrem Allradiohaus auf der Technischen Messe ihre Erzeugnisse und die Radiotelephonie zu zeigen. Leider mußten die Vorführungen unterbleiben, da der Leipziger Sender noch nicht funktionierte.
Dafür wurde der Presse ein Vortrag über die Entstehung der Radiotelephonie geboten. Zweifellos werden bald sehr viele an dem Rundfunkverkehr teilnehmen, denn die Aufstellung einer Antenne ist einfach und die Anschaffung eines Empfangsapparates ist auch für weite Kreise möglich. Die Industrie rechnet mit einem Massenanschluß.“
Eine Rundfunk-Volksschule wird grgründet
Aber einen weiteren, zukunftsweisenden Höhepunkt gab es doch noch einmal gegen Jahresende.
Am 19. Dezember 1924, einem Freitag, versammelten sich in den Räumen der Mitteldeutschen Rundfunk-A.G. (Mirag) Leipzig gegen 15 Uhr der Staatssekretär im Reichspostministerium Dr. Bredow, die Präsidenten der Oberpostdirektionen Erfurt, Halle, Leipzig und Chemnitz, die Oberbürgermeister der Städte Erfurt, Jena, Halle, Leipzig und Weimar sowie Mitglieder aus dem Direktorium der Mirag, um eine Rundfunk-Volksschule in Leipzig zu gründen. Sie erhielt den Namen von Hans Bredow (1879-1959), seit 1. April 1921 Staatssekretär für das Telegrafen-, Fernsprech- und Funkwesen; als Hochfrequenztechniker war er ein Mann vom Fach.
Dieser Schule seinen Namen zu geben, stellte also eine Art Wertschätzung seiner Arbeit dar. Und der anwesende Bredow ergriff auch gleich als erster das Wort, „um auszuführen, daß diese neueste Einrichtung (Hans-Bredow-Schule), in erster Linie den breiten Volksschichten in Mitteldeutschland dienen solle, denen die von ihnen erstrebte Weiterbildung erschwert ist.“
Ein Kurs über Elektrotechnik und ein zweiter über Charakterköpfe aller Zeiten sollten am Beginn stehen, später Sprachkurse und andere Wissensbereiche hinzukommen. Der Rede des Staatssekretärs folgten die der Vertreter der Chemnitzer, Dresdner und Weimarer Sendestellen sowie die Berliner Funkstunde, die mit der Mirag in Leipzig als erste dauernd durch Draht verbunden war.
Die einstündige Feier war gegen 16 Uhr zu Ende.
Wie es abschließend im „Leipziger Tageblatt“ vom 20. 12. 1924 heißt, soll die Volkshochschule, „wenn die Ziele ihrer Gründer nur einigermaßen erreicht werden, ein Baustein zur Fortbildung und zur Verbindung aller Bevölkerungsschichten in Mitteldeutschland werden.“
Ein guter Ratschlag des Bernard Shaw
Anfang Dezember 1924 trat Bernard Shaw zum ersten Mal vor das Mikrofon des Londoner Senders, um eine dramatische Vorlesung zu halten. Da der große irische Dramatiker in Deutschland wohl kaum gehört werden konnte, weil hierzulande noch das dazu erforderliche technischem Gerät zur Überwindung derartiger Entfernungen nicht reichte, teilte Shaw der „Radio Times“ seine Ansichten über die künstlerischen Aufgaben des Rundfunks mit.
Etwas davon hat das „Leipziger Tageblatt“ drei Wochen vor Weihnachten veröffentlicht.
Shaw begann damit, dass der Rundfunk einen Fehler mache, wenn er Schauspieler in sein Programm bringe und wie für die Bühne ausstaffiere und reden lasse. „Kein Mensch ist imstande, einem derartigen Dialog zu folgen. Das ist natürlich absurd. Die Rundfunkgesellschaften müssten zunächst eine Truppe von guten Vorlesern heranbilden.
Dabei ist Alter, Erscheinung und Vergangenheit der zu wählenden Kräfte gleichgültig. Sie müssen dagegen eine ausgezeichnete Stimme haben, sowie die Gabe des Ausdrucks und der Charakterisierung. Es kann ein guter Onkel darunter sein, der die nötigen Erklärungen und Milieu-Erläuterungen gibt. Diese Truppe muss sich einspielen, sie muss fest engagiert werden und sie darf nur für Radiozwecke verwendet werden.
Es gibt eine Unmenge Schauspieler und Schauspielerinnen, die für die Bühne zu alt sind, oder aus anderen Gründen nicht das repräsentationsfähige Auftreten besitzen. Aus ihnen bilde man die Sprechtruppe. Sie wird, sofern sie jede Woche höchstens ein Stück neu einstudiert, viel eher den Zweck erfüllen, als die berühmtesten Stars, die man bei passender Gelegenheit auf eine Stunde von der Bühne wegholt.“
Ein Konzert erleben oder nur anhören – auch eine Existenzfrage
Der Musikwissenschaftler und -kritiker Dr. Adolf Aber (1893–1960) schrieb darüber in den „Leipziger Neuesten Nachrichten“ vom 31. März 1926:
„Die folgenden Ausführungen gründen sich auf ein umfassendes Material, das der Verfasser durch eine Umfrage bei führenden Firmen der Musikindustrie, des Musikverlages und Musikalienhandels und bei den maßgebenden Musiker- und Musiklehrerverbänden gesammelt hat. Ein Konzertwinter liegt hinter uns, schlimmer als alle, die wir jemals in Kriegs- und Inflationszeit erlebt haben.
Von den Plakatsäulen und den Aushängen der Konzertkartenverkäufe verschwanden mehr und mehr die Plakate, die unsere Musikfreunde zu den künstlerischen Veranstaltungen reisender Virtuosen und Kammermusikvereinigungen einluden.
Seit Jahren festbegründete Vereine aber konnten ihre Konzerte nur mit dem größten Defizit durchführen, und niemand weiß, wieviel solcher Zyklen im nächsten Winter nochmals veranstaltet werden können. Es ist ein Unsinn, diese einschneidende Wandlung in unserem Konzertwesen etwa nur mit der allgemeinen wirtschaftlichen Notlage erklären zu wollen.
Man hat zu Beginn des Winter so und so vielen Theatern das sichere Ende prophezeit; aber kaum eines ist geschlossen worden. Nur das Konzertwesen ist wirklich zur Strecke gebracht worden. Für jeden unbefangenen Beurteiler der Sachlage kann es gar keinem Zweifel unterliegen, daß für die Herabminderung der öffentlichen Konzerte auf ein Minimum ganz andere Gründe vorliegen, als die allgemeine Geldknappheit. Es ist sicher, daß unser Konzertwesen einer Konkurrenz erlegen ist, und zwar der Konkurrenz, die ihm der Rundfunk bereitet.
Es gibt eben zu viele Leute, die den Unterschied zwischen einer im Rundfunk gehörten Aufführung und einem wirklichen Konzert nicht hören oder auch nicht hören wollen, weiterhin eine große Zahl, die aus Bequemlichkeitsgründen lieber die ihnen bewußte Differenz der Darbietungen hinnehmen, um nur den Weg in den Konzertsaal und den Kauf einer Eintrittskarte zu sparen. Geschädigt sind also alle diejenigen wahren Musikfreunde, die nicht gewillt sind, das Surrogat des Rundfunks hinzunehmen, aber nach dem jetzigen Stand der Dinge auch kaum noch eine Möglichkeit haben, ein wirkliches Konzert anzuhören.
Wenn es dem Rundfunk, der ja gern von seiner ‚Kultur-Mission‘ zu sprechen pflegt, mit seinen kulturellen Absichten ernst ist, so wäre jetzt der Zeitpunkt da, in dem er beweisen könnte, daß die Erdrosselung unseres öffentlichen Konzertlebens eine Folgeerscheinung ist, die er nicht beabsichtigt hat.
Dieser Beweis kann nur so geführt werden, daß entweder der Rundfunk seine Konzerte öffentlich macht, so daß die Möglichkeit besteht, die Darbietungen auch ohne mechanischen Apparat hören zu können, oder daß er die von einzelnen Künstlern oder Kammermusikvereinigungen veranstalteten Konzerte in der Weise unterstützt, daß diese Konzerte, ähnlich bestimmten Theatervorstellungen, gegen Honorar an die Künstler abgehört werden können.
Beide Wege sind auch sehr wohl zugleich gangbar und vereinzelte Versuche, die mit einem solchen System gemacht werden, sind durchaus erfolgreich gewesen. Durch solche Maßnahmen würden dem Ende unseres Konzertwesens, das sonst fast unaufhaltsam droht, entgegengearbeitet, ja es könnte sogar ein erneutes kräftiges Emporblühen erreicht werden. Nur so blieben schwerste wirtschaftliche Schädigungen der Künstler durch den Rundfunk als erste und einschneidende musikwirtschaftliche Auswirkung der neuen Errungenschaft, vermieden.
Es ist aber nicht nur das Gebiet des öffentlichen Konzertwesens, das, vorläufig wenigstens, ungünstig durch den Rundfunk beeinflußt worden ist. Die musikwirtschaftlichen Auswirkungen des Rundfunks gehen weiter als irgend jemand vielleicht ahnt. Um die folgenden Ausführungen recht zu würdigen, mache man sich klar, daß ein großer Teil der Musikindustrie, des Musikverlages und des Musikalienhandels nicht auf Berufsmusiker, sondern auf musikalische Dilettanten eingestellt ist.
Die ganz überwiegende Mehrheit der Käufer von Musikinstrumenten und Noten hat solche Dinge nicht gekauft, um das Heer der schwer um ihre Existenz ringenden Künstler zu vermehren, sondern lediglich um eine angenehme Unterhaltung im Haus zu haben. Von diesem riesigen Kontingent, das die musikalischen Laien der Musikindustrie aller Zweige stellten, kommt jetzt ein ungeheuer großen Prozentsatz in Fortfall.
Denn das, was diese Menschen in ihrer häuslichen Musikpflege suchten, haben sie ja jetzt (ihrer Ansicht nach) im Rundfunk ungleich bequemer und, was für manche als ausschlaggebender Gesichtspunkt erscheint, auch unvergleichlich billiger. Die Musikinstrumentenindustrie empfindet gegenwärtig den Ausfall noch nicht so groß, da die überall entstehenden Jazzband-Kapellen, mit der immer wachsenden Fülle neuer Musikinstrumente, die sie benötigen, der Musikinstrumentenindustrie erhebliche Summen zuführt. Dagegen leidet der Musikhandel bereits schwer.
Es mag sein, daß ein verschwindend kleiner Prozentsatz der Rundfunkhörer einmal Noten kauft, um entweder bei der Darbietung im Rundfunk nachlesen zu können oder auch ein oder das andere der im Rundfunk gehörten Stücke selbst zu musizieren. Der weitaus größte Teil der Rundfunkhörer denkt daran nicht im Entferntesten, sondern fühlt sich im Gegenteil durch den Besitz eines Rundfunkapparates derartiger Ausgaben enthoben. Die Lage der Dinge wirkt selbstverständlich zurück auf den Musikverlag.
Der außerordentliche Rückgang des Verkaufes von Noten veranlaßt die Sortimenter, äußerst sparsam mit der Erwerbung neuen Materials zu sein. Sie verringern ihr Lager und liefern in der Hauptsache nur noch auf Bestellung.
Das hat zur Folge, daß auch bei den Verlagen die zur Verfügung stehenden Mittel immer geringer werden und infolgedessen ihr Unternehmungsgeist empfindlich beeinträchtigt wird. Es wird darum unseren jungen Komponisten immer schwerer und schwerer für ihre neuen Schöpfungen, Verleger zu finden, und es steht am Ende dieser Zusammenhänge die Tatsache, daß die musikalische Produktion selbst notwendig ins Stocken geraten muß.
Man braucht nicht so pessimistisch zu sein, um zu glauben, daß diese Verhältnisse ewig so bleiben werden. Aber es ist jetzt Zeit, mit höchstem Ernst darüber zu reden. Ist einmal der Organismus unseres Musikwesens im Innersten krank geworden, so wird ihn kein Arzt so leicht wieder heilen können. Nicht minder stark als in der Musikindustrie aller Zweige machen sich die musikwirtschaftlichen Auswirkungen des Rundfunks auch bei unseren Musiklehrern aller Art geltend.
Es sind hier etwa die gleichen Gründe maßgebend, die bereits angeführt wurden. Ein großer Teil derjenigen, die Musikunterricht nehmen, tun dies nicht aus besonderem künstlerischen Ehrgeiz, sondern nur, um sich angenehme Unterhaltung zu schaffen. Viele Eltern lassen ihren Kindern ein Instrument erlernen, schärfen ihnen aber von Anfang an ein, daß sie sich nicht etwa einbilden sollen, später einmal die ‚brotlose Kunst‘ zu betreiben.
Sie sollten nur in der Lage sein, wenn der Vater von der Arbeit kommt oder wenn Besuch im Hause ist, ein Stück zu spielen. Um dieser Unterhaltung willen haben sich auch wirtschaftlich Schwächere in früheren Zeiten ein paar Mark für den Musikunterricht ihrer Kinder abgerungen. Werden sie das heute noch tun? In den wenigsten Fällen!
Die Leidtragenden dabei sind die ungezählten kleinen Musiklehrer; alle diejenigen, die gar nicht den Ehrgeiz haben, große Künstler heranzubilden, die aber in unermüdlicher Kleinarbeit sich der Ausbildung musikalischer Dilettanten widmen und damit einem keineswegs gering zu bemessenden Anteil an der musikalischen Volksbildung haben.
Wie schwer dieser Stand gegenwärtig leidet, und zwar ganz zweifellos erst nach dem Emporkommen des Rundfunks, davon kann man sich schwer eine Vorstellung machen. Auch hier könnte der Rundfunk selbst helfen, wenn er belehrend auf das Volk einwirkte. Der großen Zahl der Vorträge, die im Rundfunk gehalten werden, und die ja wohl das eigentlich Wertvolle an der ganzen Erfindung sind, müßten unbedingt einige aufklärende Vorträge über den Wert häuslicher Musikpflege eingeführt werden.
Der Rundfunk selbst müßte immer und immer wieder seinen Hörern sagen, daß mit den Darbietungen nur eine Anregung gegeben werden kann und nicht Ersatz für eigenes Musizieren geleistet werden soll. Erst wenn der Rundfunk diese seine Pflicht erkannt hat, wird man sich des Positiven, das in der Versorgung des platten Landes mit künstlerischen Darbietungen zweifellos leistet, recht erfreuen können.“
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