Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um eine sogenannte Bartning-Kirche in Leipzigs Stadtteil Anger-Crottendorf. Die Trinitatiskirche ist das Kirchengebäude der Evangelisch-Lutherischen Dreifaltigkeitskirchgemeinde Leipzig in Leipzigs Stadtteil Anger-Crottendorf.
Im Jahre 1885 hatte Anger-Crottendorf zusammen mit Neusellerhausen 6236 evangelisch-lutherische Einwohner. 1889 wurde Anger-Crottendorf selbstständiger Bezirk der Parochie Schönefeld. Der Gottesdienst fand im Betsaal der II. Bezirksschule Leipzig in der Martinstraße statt. Seitdem hatte ein Geistlicher der Parochie Schönefeld einen Wohnsitz in Anger-Crottendorf. 1890 gehörten zum Pfarrbezirk 10.318 Gemeindeglieder.
„Holzdom“ ab 1891
Im Jahre 1891 wurde ein kreuzförmiger Fachwerkbau nach Plänen von Paul Lange als Interimskirche eingeweiht, der im Volksmund auch „Holzdom“ hieß. Seit 1892 bildete Anger-Crottendorf einen selbstständigen Pfarrbezirk und schied somit aus der Parochie Schönefeld aus. 1895 erhielt die Kirche der Gemeinde den Namen Trinitatiskirche.
Zweiter Weltkrieg und danach
Die Interimskirche wurde aufgrund des Luftangriffs vom 4. Dezember 1943 zerstört. 1949 begann der Neubau der Kirche, sie wurde am 4. Juni 1950 eingeweiht. Das Gotteshaus steht an der Stelle ihres zerstörten Vorgängerbaus, Eingangsfront und Turm sind der Theodor-Neubauer-Straße 16 zugewandt. Mit der Rückfront berührt sie den Lieselotte-Hermann-Park, der einst zur Villa des Leipziger Maschinenfabrikanten Karl Krause gehörte.
Die Ziegel für das Mauerwerk stammen aus den Trümmern der zerstörten Interimskirche, der Johannis- sowie der Matthäikirche, insgesamt rund 250.000 Ziegelsteine.
Die Trinitatiskirche ist eine Notkirche Typ B. Es handelt sich um eine Holzkonstruktion bestehend aus neun Dreigelenkbogenbindern in genagelter Vollwandform mit 11,50 m Stützweite und 11,25 m Höhe. In Anger-Crottendorf ergibt sich durch die Aufstellung von sieben Doppelbindern im Schiff und vier halben Bindern im Altarbereich eine Saalkirche mit 5/8-Schluss.
Die Gesamtlänge beträgt 27,00 Meter, die Gesamthöhe 12,20 Meter. Die Fensterzone liegt unmittelbar unterhalb des Dachansatzes und umzieht als Lichtband den Raum. Ein niedriger Anbau links der Eingangsfront und der 24,50 Meter hohe Kirchturm runden das Bild ab.
Der Kirchenbau ist eine der 43 in Deutschland gebauten, sogenannten „Notkirchen“. Ursprünglich waren 48 dieser Gotteshäuser geplant, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach dem Entwurf von Otto Bartning errichtet wurden.
Bartning-Kirchen
Die Bartning-Notkirchen entstanden aufgrund eines Kirchbauprogramms des Evangelischen Hilfswerks, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der Architekt Otto Bartning (1883–1959) entwickelte. Das Programm hatte zum Ziel, den Mangel an gottesdienstlichen Räumen zu lindern. Ursachen waren die Zerstörung vieler Kirchen im Zweiten Weltkrieg und der Zuzug von Millionen christlichen Flüchtlingen aufgrund der Vertreibung aus deren Heimat.
Finanziert haben diese Gotteshäuser der Weltrat der Kirchen in Genf, die Lutheran World Federation, die Evangelical and Reformed Church, die Presbyterian Church und das Schweizer Hilfswerk – die Kosten pro Gotteshaus betrugen jeweils 10.000 US-Dollar.
Bartning entwickelte einen Modellraum in Leichtbauweise aus vorgefertigten, genormten Einzelteilen. Die Notkirchen, für die er auf einen Entwurf von 1922 zurückgriff, haben als Besonderheiten ein sogenanntes Fensterband im Obergaden und das an einen Schiffsbauch erinnernde Kirchenschiff.
Dank der Fertigbauteile und der Mitarbeit der Gemeinde kostete der Bau einer Bartning-Kirche nur etwa die Hälfte dessen, was damals ein Kirchenbau in Massivbauweise gekostet hätte. In einer solchen Kirche finden zwischen 350 und 500 Gottesdienstbesucher Platz. Integriert waren meist eine Sakristei und ein abtrennbarer Gemeinderaum unter der Empore.
Das benötigte Holz für das zeltförmige Tragwerk, die Einbauten und das Gestühl wurde meist von Gemeinden in Skandinavien oder den USA gestiftet. Das tragende Gerüst aus sieben hölzernen Dreigelenkbindern wurde in wenigen Tagen auf dem von der Gemeinde zu errichtetem Fundament aufgestellt. Von da an organisierte die Gemeinde selbst.
Das Grundmodell ließ sich leicht auf lokale Bedürfnisse anpassen. Dabei konnten auch die Überreste kriegszerstörter Kirchen integriert werden. Für die nicht tragenden Wände wurden oft Trümmersteine verwendet. Der Kirchturm wurde häufig seitlich an der symmetrischen Westfassade angesetzt.
Es gab zwei Typen dieses Kirchenbaus: Typ A mit Spitztonnengewölbe und gemauertem Altarraum – er wurde wegen der aufwendigeren Dachkonstruktion mit der Bethanienkirche in Frankfurt am Main sowie der Schweizer Kirche in Emden nur zweimal errichtet.
Den Typ B als „Saalkirche mit Satteldach“ gab es mit drei verschiedenen Chorabschlüssen: mit polygonalem Altarraum, mit angemauertem Altarraum oder ohne gesonderten Altarraum. Entstanden sind 41 Gotteshäuser vom Typ B, zwei davon wurden später an einen anderen Ort umgesetzt. Zwei von ihnen – in Aachen und in Düsseldorf – wurden später abgebrochen, von der Notkirche in Hannover-List die Binder in einer anderen Kirche wiederverwendet.
Weitere Bartning-Kirchengebäude in Mitteldeutschland sind in Sachsen die Gnadenkirche Chemnitz und die Friedenskirche Dresden-Löbtau sowie in Thüringen die Justus-Jonas-Kirche Nordhausen-Salza.
Bartning-Kirchen galten – anders als es die Bezeichnung „Notkirche“ vermuten lässt – von Anfang an keineswegs als Provisorien. Auch haben in einigen Fällen Denkmalschutzbehörden den geplanten Abriss einer solchen Notkirche sowie den Bau eines Nachfolge-Gotteshauses verhindert.
Orgeln
Ab 1891 gab es im „Holzdom“ eine Orgel der Orgelbaufirma Kreutzbach aus Borna. 1941 schuf die Firma Orgelbau A. Schuster & Sohn aus Zittau dort eine größere Orgel, sie wurde 1943 zerstört.
1950 baute ebenfalls die Firma Schuster den ersten Bauabschnitt einer dreimanualig geplanten Orgel mit elektrisch traktierten Taschenladen. Das Vorhaben blieb jedoch unvollendet, die Gründe dafür sind nicht bekannt. Den Torso übernahm 1965 die Gemeinde der Hoffnungskirche Leipzig-Knauthain.
1971 stellte wiederum die Firma Schuster die heutige Orgel auf. Diese Orgel mit mechanisch traktierten Schleifladen besteht aus 24 Registern auf zwei Manualen und Pedal. Das Instrument mit asymmetrischem Gehäuse steht seitlich auf der Empore.
Jüngere Vergangenheit und Gegenwart
Von 1980 bis 1983 wurden Dach und Außenputz des Kirchenschiffes erneuert, im Jahr 2010 gab es eine weitere Turm- und Dachsanierung. Seit dem 1. Januar 2014 sind die Trinitatis- und die Markus-Kirchgemeinde zur Evangelisch-Lutherischen Dreifaltigkeits-Kirchgemeinde Leipzig zusammengeschlossen.
Das Erdgeschoss im ehemaligen Pfarrhaus der Markusgemeinde dient als Gemeindebüro der Dreifaltigkeits-Kirchgemeinde und als Anlaufstelle für das Stadtteilprojekt Dresdner Str. 59. Gottesdienste werden sowohl in der Trinitatiskirche als auch in der Markuskapelle gefeiert. Der Flügelsalon im Gemeindehaus der Markusgemeinde wird sowohl für Gemeinde-Veranstaltungen als auch als Café „Dresdner59“ genutzt.
Koordinaten: 51° 20′ 6,9″ N, 12° 24′ 47,1″ O
Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Evangelisch-Lutherische_Trinitatiskirche_Leipzig
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