Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Heute geht es um eine besonders sehenswerte Kirche in der Nähe von Wurzen. Das Kirchlein steht in Burkartshain, einem etwas abseits gelegenen Dorf, und wird daher viel zu oft übersehen: Die Kirche Burkartshain ist das evangelische Gotteshaus im gleichnamigen Ortsteil südöstlich der Stadt Wurzen im Landkreis Leipzig.

Der Sakralbau ist mit seiner Innengestaltung seit Abschluss der Restaurierung 2008 wieder ein Musterbeispiel für den Bauernbarock in Sachsen.

Als „Bauernbarock“ gelten beispielsweise mit Blumenmotiven malerisch verzierte Brüstungen, als Wolkenhimmel ausgemalte Decken und Fassadenmalerei an Hauswänden, die oft von Bauernhand erschaffen wurden.

Lage und Geschichte

Die Kirche befindet sich direkt im Ort neben dem jahrhundertelang zugehörigen Gutshaus, das unter Denkmalschutz steht – und in ruinösem Zustand ist. Ihre ältesten Teile stammen aus dem 13. Jahrhundert.

Zwei Jahreszahlen belegen umfangreiche bauliche Umgestaltungen: die Jahreszahl 1723 an der Wetterfahne und die Jahreszahl 1838 auf einem schmiedeeisernen Binder der Brüstung rechtsseitig auf der ersten Empore. Das Kirchengebäude hat Stil-Elemente der Romanik, Gotik, Renaissance, Barock und Klassizismus.

Bauwerk und Ausstattung

Das Gotteshaus ist eine Chorturmkirche mit quadratischem Chor und querrechteckigem Kirchturm, der Baukörper ist ein Putzbau. Merkmale sind Sakristei als Fachwerkbau, Strebepfeiler, Turm mit geschweifter Haube, Laterne und hoher Spitze sowie das Westportal mit Porphyrgewänden.

Der Blick zu Altar und Kanzel. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=135285483
Blick zu Altar und Kanzel. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=135285483

Der Innenraum hat Kassettendecke, Chorjoch und Chor, Kreuzrippengewölbe, eine dreiseitige erste Empore und eine einseitige zweite Empore, Altar, Kanzel, Taufe und Patronatsloge. Eine Besonderheit ist der evangelische Beichtstuhl: Dessen Außenseite ist mit Porträts von Jesus Christus, Martin Luther und – eine Besonderheit – Jan Hus versehen.

Die Adelsfamilie von Holleuffer war von 1530 bis 1794 Eigentümer des Guts Burkartshain und damit auch Patron des Kirchleins. Epitaphien (Grabmale) im Gotteshaus erinnern an Hans von Holleuffer (1565), Margarethe von Holleuffer (1572), Anna von Holleufer (1574) sowie Anna von Holleuffer (1611).

Beyer-Orgel von 1838

Die im Jahr 2008 sanierte Orgel mit der originalen Stimmung „Hoher Chorton“ schuf Christian Carl David Beyer (1785–1856) aus Großzschocher im Jahr 1838 – sie hat ein Manual, Pedal und 16 Register. Das Instrument ist eine von 13 bis heute erhaltenen der insgesamt 21 Orgeln, die Beyer bis 1852 nachweislich baute.

Die Beyer-Orgel. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=135283841
Beyer-Orgel. Foto: Ghostwriter123, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=135283841

Geläut

Das historische Geläut besteht aus zwei Bronze-Glocken mit den Tönen gis′ -2 (820 kg, unterer Durchmesser 1100 mm) und e′′ +1 (130 kg, unterer Durchmesser 600 mm), gegossen um das Jahr 1500, ihre Gießer sind nicht überliefert. Sie haben ihren Platz im hölzernen Glockenstuhl aus dem Jahr 1727.

Jüngere Vergangenheit

Dass das Gotteshaus heute außen und innen wieder „in alter Frische“ erstrahlt, ist einer besonderen Fügung zu verdanken: Die umfassende Restaurierung der Kirche von 1992 bis 2008 geht zurück auf das Engagement von Joachim-Albrecht von Holleuffer (1921–2012) und Beatrix von Holleuffer (1928–2011). Die Eheleute fühlten sich nach einer Besichtigung des damals wenig ansehnlichen Kirchenbaus seiner Herkunftsfamilie verpflichtet und an der adligen Familien-Ehre gepackt: Sie gaben eine erhebliche Summe Geld zur Gründung einer von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz verwalteten Treuhandstiftung. Später kam noch das Engagement der Rudolf-August Oetker-Stiftung hinzu.

Dies ermöglichte maßgeblich die originalgetreue, denkmalschutzgerechte Wiederherstellung von Fassade, Innenraum und Teilen der Ausstattung.

Wer Gelegenheit findet, sich die Kirche auch von innen anzusehen, wird überrascht sein von der ansprechend künstlerischen Pracht in beeindruckend historisch-originaler Qualität. Wer noch dazu dort ist, wenn die Orgel erklingt, genießt ein Kulturerlebnis der außergewöhnlichen Art.

Koordinaten: 51° 19′ 41″ N, 12° 48′ 18,2″ O

Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Burkartshain

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar