Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Doch ihre Zukunft ist bedroht: Dutzende von ihnen haben ihre Funktion verloren, einige sind bereits spurlos aus dem Ortsbild verschwunden. Zeit zur Erinnerung an verschwundene Kirchen in Mitteldeutschland – und was mit ihnen unwiderruflich verloren gegangen ist.

Die Kollegienkirche zu Jena war die Universitätskirche der Universität Jena. Bis zur Reformation war sie Klosterkirche des Jenaer Dominikanerklosters, ihr Patrozinium war St. Paulus.

1945 wurde die Kollegienkirche im Zweiten Weltkrieg bei Bombenangriffen auf Jena stark beschädigt. In der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone wurde sie im Jahr 1947 gesprengt, da sie vom Wiederaufbau des Collegium Jenense ausgenommen war.

Kloster

Das Kloster des Predigerordens in Jena wurde 1286 von den Brüdern Albert und Hermann von Lobdeburg gestiftet. Die Klosterkirche entsprach dem Typ der schmuck- und turmlosen gotischen Bettelordenskirche mit einem Seitenschiff auf der Nordseite und einem dreijochigen, polygonal schließenden Chor im Osten.

Zu den Einkünften des Konvents zählten Erträge eines Weinbergs. Prior Johannes Oerter veranlasste 1506 den Bau einer Wasserleitung in die Stadt und zum Kloster. 1524 lebten im Kloster noch 30 Mönche. Die Auflösung der Dominikanerniederlassung begann mit dem Bauernkrieg 1525, als viele Mönche das Kloster verließen. Die letzten drei Mönche wurden 1548 – zur Gründung des Collegium Jenense in den Konventsgebäuden – mit einer Rente abgefunden.

Collegium und Universität

Johann Friedrich I. von Sachsen verlor 1547 als Folge des Schmalkaldischen Kriegs große Teile seines Herrschaftsgebiets, darunter Wittenberg mit seiner Universität. Als Ersatz plante er eine neue Landesuniversität in Jena.

Dafür wurde das Dominikanerkloster in Jena ausgewählt und nach bescheidenen Anfängen 1557/58 grundlegend zum Collegium Jenense umgebaut. Die Kirche wurde mit Zwischendecken und Trennwänden aufgeteilt – in 36 Wohnräume für Studenten. Im Westen erstand ein Treppenturm im Renaissancestil.

Die Kollegienkirche Jena um 1816. Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134193327
Kollegienkirche Jena um 1816. Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134193327

Unter dem Theologieprofessor und Superintendenten Georg Mylius erfolgte 1592–1595 die Wiederherstellung des Kirchenraums für Gottesdienste und als Festsaal für Feierlichkeiten der Universität sowie für die Grablege der Professoren. In seiner kirchlichen Funktion – also als Übungsort für die Theologiestudenten als künftige Wortverkünder – wurde das Gotteshaus regelmäßig in den folgenden Jahrhunderten genutzt.

Zwischen 1673 und 1683 wurde die Kirche gründlich saniert. Zur Wiedereinweihung verfasste Jenas Historiker Caspar Sagittarius eine lateinische Monografie über die Geschichte der Kirche und ihre Grabdenkmäler.

Zweiter Weltkrieg und danach

Beim Luftangriff auf Jena am 19. März 1945 wurde die Kollegienkirche stark beschädigt. In der Nachkriegsbebauung des Collegium Jenense – in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone – war die Kirche nicht mehr vorgesehen.

Luther-Epitaph

1571 entschied Johann Wilhelm von Sachsen-Weimar, das ursprünglich für die Schlosskirche Wittenberg bestimmte bronzene Luther-Epitaph an die „Nachfolgerin“ der Universität Luthers, die Universität Jena, zu geben. Als Aufstellungsort war zunächst die Universitätskirche vorgesehen; schließlich wurde Jenas Michaeliskirche gewählt.

Grabplatten, Epitaphien, Grabfunde

Für die Kollegienkirche sind Hinweise auf 83 Grabplatten sowie 38 Epitaphien meist aus dem 17. und 18. Jahrhundert dokumentiert. Sie sind Zeugnisse der einstigen Ausgestaltung des Kirchenraumes und der Sepulkralkultur der Universität Jena.

In den Grüften in der Kollegienkirche fanden sich Grablegen von mehr als 100 Professoren, deren Familienangehörige und Studenten überwiegend aus dem Hochadel kamen: Die Leichname wurden in vollständiger Kleidung und mit Grabbeigaben beigesetzt. Beigaben waren goldene Ringe, Eheringe, Kämme, Perücken, kleine Bücher, Degen und Totenkronen.

Die Innenansicht von 1936. Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134193325
Innenansicht von 1936. Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=134193325

Auf den Flächen nördlich und südlich der Kollegienkirche fanden sich Erdbestattungen nichtadeliger Studenten und Akademiker. Insgesamt wurden mehr als 1.500 Individuen aus mehr als 500 Gräbern geborgen.

Rückgabe aus den USA nach 70 Jahren

Im Jahr 2015 kam ein besticktes Altartuch (Antependium) der Kollegienkirche wieder nach Jena: Das historische, großformatige Altartuch hatte ein US-Soldat 1945 in die USA mitgenommen. Dort diente es lange Zeit der Atonement Lutheran Church in Dearborn im US-Bundesstaat Michigan bei Gottesdiensten.
70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs beschloss diese US-Kirchengemeinde, das Altartuch der rechtmäßigen Eigentümerin – der Universität Jena – zurückzugeben. Das Antependium ist eins der historischen Zeitzeugnisse der Universitätskirche, die es seit knapp acht Jahrzehnten nicht mehr gibt.

Das Altartuch ist in der Stadtkirche St. Michael Jena und findet dort jeweils zu Pfingsten Verwendung. Die Universität Jena übernimmt es aktuell, um es für das Forschungsprojekt zur Geschichte des Kollegienhofes zu untersuchen und Fotos zu fertigen. Wenn der Erhaltungszustand es zulässt, soll es künftig weiterhin zu Pfingsten in der Stadtkirche verwendet werden. Zudem will es die Universität Jena im Herbst kommenden Jahres in der Ausstellung zum Collegiums-Projekt im Stadtmuseum Jena zeigen.

Koordinaten: 50° 55′ 40,3″ N, 11° 35′ 5,5″ O

Quellen und Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kollegienkirche_(Jena)
https://de.wikipedia.org/wiki/Collegium_Jenense
https://kollegienhof.uni-jena.de/

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