Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Doch ihre Zukunft ist bedroht: Dutzende von ihnen haben ihre Funktion verloren, einige sind bereits spurlos aus dem Ortsbild verschwunden. Zeit zur Erinnerung an verschwundene Kirchen in Mitteldeutschland – und was mit ihnen unwiderruflich verloren gegangen ist.

Das Franziskanerkloster Magdeburg war die Lebens- und Wirkungsstätte der Franziskaner – der römisch-katholischen Ordensgemeinschaft mit den von Franziskus von Assisi (1181/1182 bis 1226) für die von ihm gegründeten Orden verfassten Regeln – in der Elbestadt. Es bestand mehr als drei Jahrhunderte von 1223 bis 1542. Teile des Sakralbaus bestanden noch bis Ende der 1950er-Jahre in der Altstadt.

Gründung und Entwicklung

Im Jahre 1223 ließen sich die Brüder des 1210 gegründeten Franziskanerordens in Magdeburg nieder; die ersten Franziskaner kamen 1221 nach Deutschland und waren in Augsburg, Nürnberg und Regensburg zu Hause. Am 14. September 1225 wurde die Barfüßerkirche genannte Klosterkirche auf dem Gelände am Breiten Weg gegenüber der späteren Ratswaage in Magdeburg geweiht.

Im Jahr 1232 waren die Klostergebäude bereits so groß, dass das Provinzkapitel der 1230 gegründeten Sächsischen Franziskanerprovinz (Saxonia) erstmals in Magdeburg tagte. Als 1274 die Saxonia in zwölf Kustodien gegliedert wurde, wurde Magdeburg das Hauptkloster der dortigen Kustodie.

Ab 1228 gab es in Magdeburgs Konvent die Möglichkeit zum Studium der Theologie für die Brüder der sächsischen Klöster. Das Studium hatte einen weiteren Schwerpunkt im Rechtswesen. Dort wurde zwischen 1265 und 1275 der Sachsenspiegel des Eike von Repgow ins Oberdeutsche übertragen. Bis 1395 war in Magdeburg das Studium generale der Saxonia, es wechselte nach Gründung der Universität Erfurt dorthin.

1416 gehörten zum Ordenskapitel in Magdeburg etwa 400 Franziskanermönche. Bei Auseinandersetzungen zwischen Magdeburgs Stadtrat und dem Erzbischof in den 1430er Jahren standen die Franziskaner auf Seiten des Stadtrates. Als das Konzil von Basel und Kaiser Sigismund über die Stadt den Bann verhängten, boten sie als einzige in der Stadt noch Seelsorge an.

Abbildung vom „Schultürmchen“ vor 1902, Wahrzeichen in Magdeburg und Rest der Barfüßerkirche des Franziskanerklosters Magdeburg. Foto: Aus Otto Peters: „Magdeburg und seine Baudenkmäler“, 1902, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107825678
Das „Schultürmchen“ vor 1902, Wahrzeichen in Magdeburg und Rest der Barfüßerkirche des Franziskanerklosters Magdeburg. Foto: Aus Otto Peters: „Magdeburg und seine Baudenkmäler“, 1902, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=107825678

Etwa Mitte des 15. Jahrhunderts übernahm der Konvent die Martinianischen Konstitutionen und vertrat in der Frage, wie streng das Armutsgelübde auszulegen sei, eine gemäßigte Position. Später stand der Konvent der Observanz nahe und wurde daher 1518 von der Ordensleitung bei der Teilung der Sächsischen Franziskanerprovinz der observanten Provincia Saxonia S. Crucis zugeordnet.

1492 verfolgten nach der Predigt eines Franziskaners, der sich von zwei Juden beleidigt fühlte, Schuh- und Schmiedeknechte einen Juden und ermordeten ihn. Der Erzbischof wies 1493 alle Juden aus dem Erzbistum Magdeburg und dem Bistum Halberstadt aus. Möglicherweise hat der 14-jährige Martin Luther 1497 in diesem Kloster gelebt.

Reformation und Kloster-Ende

Als die Reformation Magdeburg erreichte, stellten sich die Ordensleute mit zahlreichen Predigten im Stadtgebiet dagegen – vergeblich. Ein Mitglied des Konvents, Johann Fritzhans, wechselte zum Luthertum und war ab 1524 in Magdeburg protestantischer Pfarrer.

Ab 1529 wurden Teile des Klosters als evangelische Stadtschule genutzt. Martin Luther nannte sie 1532 „Unseres Herrgotts Jugendbrunn“.

Nach Konfrontationen mit Magdeburgs Bürgern verließen die Franziskaner – bis auf einen – am 15. Februar 1542 die Stadt. Als Bürger Georg Wipprecht das Gelände kaufte, ließ er am 14./15. Oktober 1551 die Kirche und den Kreuzgang abreißen, um dort Wohnhäuser zu errichten. Die übriggebliebene Klosteranlage blieb jahrhundertelang bestehen.

20. Jahrhundert

Anfang des 20. Jahrhunderts war an der südwestlichen Ecke des Areals zur Großen Schulstraße ein diagonal gestellter Strebepfeiler erhalten, an dessen oberen Ende sich noch ein gotischer Wasserspeier befand.
Auch gab es eine Bruchsteinmauer, die wohl ursprünglich die Westseite der vermutlich in Nord-Süd-Ausrichtung erbauten Barfüßerkirche war. An der nordwestlichen Ecke bestand eine Quaderung.

An der südöstlichen Ecke des Anfang des 20. Jahrhunderts dort bestehenden Schulhofs der Lutherschule befand sich ein verwittertes, in Sandstein eingebundenes Sockelprofil. Das lässt vermuten, dass die Mauer einst eine Außenmauer war. Auch gab es dort Spuren einer vermauerten Eingangspforte.
Vor der Kirchenfront befand sich ein ursprünglich als Refektorium des Klosters genutzter Saal, der im 19. und 20. Jahrhundert als Turnhalle genutzt wurde. Er hatte ein gotisches Rippengewölbe.

Etwa in der Mitte der Front zwischen Schulhof und Großer Schulstraße stand ein schmaler Treppenturm, vom Volksmund „Schultürmchen“ genannt. Möglicherweise diente er einst als Glockenturm. Als Wahrzeichen des nordwestlichen Teils der Altstadt von Magdeburg erhob er sich aus einem wie ein Strebepfeiler wirkenden Mauervorsprung.

Diese baulichen Reste des Klosters überstanden die Zerstörung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg am 16. Januar 1945 relativ unbeschadet. Sie wurden jedoch Ende der 1950er Jahre auf Entscheidung der Stadtverwaltung gesprengt. Damit wurden die mehr als sieben Jahrhunderte alten Bauzeugnisse der Historie Magdeburgs vernichtet.

Koordinaten: 52° 8′ 0,2″ N, 11° 38′ 15″ O

Quellen und Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Franziskanerkloster_Magdeburg
https://kirchensprengung.de/kirchensprengung-magdeburg

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