Kirchenbauwerke gehören zu vielen Ortschaften. Sie sind bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke. Die Gotteshäuser haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfältige Bedeutung. Doch ihre Zukunft ist bedroht: Dutzende von ihnen haben ihre Funktion verloren, einige sind bereits spurlos aus dem Ortsbild verschwunden.

Zeit zur Erinnerung an verschwundene Kirchen auch außerhalb von Mitteldeutschland – und was mit ihnen unwiderruflich verloren gegangen ist.

Die katholische Kirche St. Franziskus von Assisi – auch Franziskuskirche genannt – stand in Berlins Ortsteil Staaken in Spandau. Das Gotteshaus aus dem Jahr 1925 am Finkenkruger Weg 27 wurde 1988 auf politischen Druck gesprengt.

Geschichte

In den Jahren 1914–1917 zogen mit der Errichtung der Gartenstadt Staaken für Rüstungsarbeiter in Spandau auch viele Katholiken in den Westen des Stadtbezirks. Für sie wurde 1925 ein Sakralbau am Finkenkruger Weg 27 nach dem Entwurf von Carl Kühn erbaut.
Die Kirche wurde Franz von Assisi (1181/82–1226) geweiht, ihre Weihe war am 8. März 1925. Am 11. April 1938 wurde St. Franziskus zur selbständigen Kuratie und 1950 zur Pfarrei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Staaken wurde 1951 aufgrund der Deutschen Teilung wegen eines Gebietstausches zwischen der DDR und West-Berlin geteilt: Der westliche Teil kam – im Tausch gegen ein von den Briten zum Ausbau des Flugplatzes Gatow benötigtes Gebiet – als ein Teil des Kreises Nauen zur DDR.
Nachdem Staaken derart geteilt worden war, durften die Bewohner von West-Staaken den Weg zu ihrer Kirche, die nun im Sperrgebiet der Grenze stand, nicht mehr passieren: Am Pfingstsonntag, dem 1. Juni 1952 gab es den letzten gemeinsamen Gottesdienst in der Franziskuskirche. Ab 9. Februar 1953 war den Gemeindegliedern aus Westberlin der Zutritt zum Kirchengelände dauerhaft verwehrt.

Aussehen der heutigen Kirche. Foto: Bodo Kubrak – Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29663059
Die heutige Kirche. Foto: Bodo Kubrak – Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=29663059

Den DDR-Oberen, die ihre Grenzanlagen zur Bundesrepublik Deutschland mit dem Ziel der absoluten Unüberwindbarkeit immer weiter perfektionierten, war das Gotteshaus im Grenzstreifen als „Sicherheitsrisiko“ ein Dorn im Auge. Sie drängten auf dessen Beseitigung.
Die katholische Gemeinde erhielt – nach von der DDR-Seite angestrebten Verhandlungen – ein Ersatzgrundstück und einen Ersatzbau im Breddiner Weg.

Die ursprüngliche Franziskuskirche wurde aufgrund ihrer Lage im Sperrgebiet am 1. April 1988 von der DDR abgerissen. Sie war das letzte von insgesamt 61 Kirchen-Opfern, die seit 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR gesprengt wurden.

Notkirche in West-Berlin

Für die Katholiken in West-West-Berlins Teil von Staaken wurde 1955 ein 20 Meter × 4 Meter großes Fertighaus aus Holzfaserplatten als Notkirche in der Hackbuschstraße 14 errichtet. Diese wurde am 18. Dezember 1955 auf das Patrozinium des heiligen Jean-Marie Vianney, des Pfarrers von Ars, geweiht. Seit 1970 ist Franz von Assisi ihr Patron, eine Statue im Garten vor der Kirche erinnert an ihn.

Nach der Deutschen Einheit 1990

1993 vereinigte sich die katholische Gemeinde wieder – und hatte nun ein Kirchenbauwerk zu viel. So wurde im Spätherbst 2000 das auch Franziskuskirche genannte Bauwerk im Breddiner Weg entwidmet und abgerissen. Auf dem Grundstück entstanden Einfamilienhäuser.

Koordinaten der ursprünglichen Kirche: 52° 32′ 26.812″ N, 13° 8′ 34.193″ O

Quellen und Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/St._Franziskus_von_Assisi_(Berlin-Staaken)
https://www.berlin.de/mauer/mauerweg/westroute/staaken-hennigsdorf/
https://www.st-markus-berlin.de/wp-content/uploads/2022/09/Jubilaeumsheft-Druck.pdf

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