Und wo bleibt Fränzchen? Am 28. Februar, dem 100. Todestag von Hugo Licht, wurden die Urnen von Hugo und Clara Licht an den Standort des Grabmals umgebettet, das Hugo Licht schon 1914 für das Familiengrab auf dem Südfriedhof entworfen hatte. Doch nicht Hugo und Clara waren die ersten, die an der ursprünglichen Grabstelle bestattet wurden, sondern ihre Tochter Franziska. Das Sorgenkind der Familie Licht. Doch umgebettet wurde sie nicht.
Was verblüfft. Denn dass sie einfach „vergessen“ worden sein sollte, kann nicht sein. Auch Doris Mundus erwähnt sie in „Leipziger Spaziergänge. Südfriedhof“.
Doch irgendwie war Leipzigs Verwaltung so auf Hugo Lichts Todestag fixiert, dass sie die früh verstorbene Tochter des Architekten völlig aus dem Blick verlor. Immerhin steht auch ihr Name auf dem Grabstein.
Aus dem Amt für Stadtgrün und Gewässer bekamen wir auf unsere Nachfragen dazu eine recht knappe Antwort: „Zum Anlass des 100. Todestages von Hugo Licht wurde eine gemeinsame letzte Ruhestätte der Eheleute Hugo und Clara Licht wieder am Standort des Grabmals geschaffen. Der Fokus der Umbettung lag auf der Bergung und Identifizierung der Urnen der Eheleute Licht.
So konnte das in den achtziger Jahren geschaffene Ehrengrabmal (leere Grabstelle), mit dem von Hugo Licht selbst gestalteten Grabstein, wieder in die ursprünglich angedachte würdevolle letzte Ruhestätte umgestaltet werden.
Der historische Standort der Familiengrabstätte Licht in der VII. Abteilung des Südfriedhofes verbleibt auch weiterhin als letzte Ruhestätte der hier bestatteten und beigesetzten weiteren Familienangehörigen. Es erfolgen keine weiteren Bergungsmaßnahmen von weiteren einzelnen Personen in der Familiengrabstätte.“
Nun ist die Familie also auseinander gerissen – Hugo und Clara liegen am Grabmal, die anderen – unter ihnen Franziska – noch am alten Ort.
Das Sorgenkind
Franziska, genannt Fränzchen, war schon 1911 im Alter von knapp 37 Jahren gestorben. Seit 1902 beschäftigte „Fränzchens“ Krankheit Clara Licht in ihren Tagebüchern.
Unterm 20. Oktober 1902 hielt sie fest: „Die Hauptsache, welche unsere Gedanken augenblicklich am meisten in Anspruch nehmen, ist Fränzchens Krankheit. Sie war nach Berlin gereist, dort Mama zu besuchen, wie es scheint, schon etwas unwohl angelangt und bald bettlägerig geworden. Anfänglich war nur von einer Erkältung die Rede, dann von einer starken Influenza, und jetzt stellt sich heraus, dass es ein Lungenspitzenkatarrh ist, eine immerhin ängstliche und jedenfalls sehr langwierige Krankheit, die große Vorsicht erfordert.“
Es war die Lungentuberkulose, die Franziska in den folgenden Jahren immer stärker gesundheitlich beeinträchtigen würde. Zuletzt lebte sie in einem jahrelangen Kuraufenthalt in Italien, in Arosa, ärztlich betreut, aber ohne Chance auf Heilung. Am 5. April 1911 starb sie dort und ihre Urne wurde am 11. April in der von Hugo Licht gekauften Grabstelle beigesetzt.
Im Tagebuch von Clara Licht ist sie ebenso intensiv präsent wie die anderen drei Töchter. Es wäre vielleicht doch eine gute Idee gewesen, alle Urnen umzusetzen, auch dann, wenn man am 28. Februar vor allem Hugo und Clara würdigen wollte. Denn wer Claras Tagebuch gelesen hat, wird mit dem Namen Franziska am Grabstein sehr wohl etwas anfangen können.
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