„Die Klippe ist ein Exponat, das Geschichte lebendig werden lässt“, sagte Roland Trampe, Mitarbeiter des Auktionshauses Künker, bei der Übergabe einer silbernen Klippe aus dem Jahr 1547 am Donnerstag, 25. August, im Kreuzhof des Merseburger Doms. Das kleine Silberteil erinnert jetzt an den im Schmalkaldischen Krieg verloren gegangenen Schatz.
Im Zuge der reformatorischen Auseinandersetzungen zwischen dem katholischen Kaiser und Reichsfürsten auf der einen und den evangelischen Reichsfürsten auf der anderen Seite kam es 1546/47 zur offenen militärischen Konfrontation. Herzog Moritz von Sachsen, selbst ein evangelischer Reichsfürst, vollstreckte im Auftrag des Kaisers die Reichsacht gegenüber seinem protestantischen Vetter, dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen.
Geldproduktion in höchster Not
In dieser Kriegsgefahr sah das Merseburger Domkapitel, dem ein evangelischer Bischof sowie ein Administrator vorstanden, den Domschatz in Gefahr. Also ließ man ihn in aller Eile nach Leipzig, in die Obhut des Schutzfürsten, jenem Herzog Moritz von Sachsen, verbringen. Leipzig wurde im Krieg von kurfürstlichen Truppen belagert, die jedoch nach drei Wochen ohne Erfolg abzogen. Die in der Stadt befindlichen Truppen von Herzog Moritz mussten nunmehr besoldet werden, es kam zu offenen Meutereien.
Daraufhin ließ Herzog Moritz den in Leipzig lagernden Merseburger Domschatz einschmelzen und im Keller des Leipziger Rathauses vermünzen. Dazu wurden die Edelmetalle getrennt und zu Platten verarbeitet. Auf diesen schnitt man mit einer Schere grobe, meist rautenförmige Stücke aus, die einseitig geprägt wurden. Diese Geldstücke bezeichnet man als Klippen.
Der originale Prägestempel, den der Stempelschneider Steffan Steinbehr hergestellt hatte, hat sich im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig erhalten. Die Herstellung der Geldstücke geschah unter großem Zeitdruck. Dennoch haben sich präzise Informationen zum Umfang der vermünzten Metallwerte erhalten. So konnten etwa zweieinhalb Kilogramm Feingold gewonnen werden.
Der Merseburger Domschatz war indes unwiederbringlich verloren, auch wenn das Domkapitel noch mehrfach bei Herzog Moritz intervenierte. Zu allem Unglück waren auch die in Merseburg verbliebenen, zumeist größeren Teile des Domschatzes, geplündert worden.
Kurfürstliche Truppen hatten auf ihrem Zug nach Leipzig die Bischofsstadt Merseburg besetzt und Teile des hier verbliebenen Schatzes weggeführt. Diese sind ebenfalls vermünzt worden. Nach jenen kriegerischen Ereignissen war der Merseburger Domschatz nur noch ein Schatten seiner selbst. Die ausgemünzten Klippen wurden durch die bunte Zusammensetzung des Söldnerheeres weit im Reich verstreut.
Ein Taler aus dem Jahr 1547
Dank eines privaten Hinweises konnten die Vereinigten Domstifter nun bei einer Auktion des Auktionshauses Künker in Osnabrück eine solche einseitige silberne Notklippe zu einem Taler aus dem Jahr 1547 ersteigern. Die Schätzung des Objektes lag bei 1.000 Euro, doch wurde erst nach einem kleinen Bietergefecht zugeschlagen. Die Summe von 5.250 Euro konnte mit Hilfe von Spendern, so von Familie Eißner aus Merseburg, insbesondere aber des Auktionshauses selbst, aufgebracht werden.
Roland Trampe, Mitarbeiter des Auktionshauses Künker: „Unser Seniorchef Fritz Rudolf Künker wurde auf die Bedeutung der silbernen Notklippe für den Merseburger Domschatz hingewiesen und hat sich sofort bereit erklärt, den Kauf dieses Stückes für die Vereinigten Domstifter mit 2.500 Euro zu unterstützen. Das entspricht den Traditionen unseres Auktionshauses, denn wir haben in der Vergangenheit schon viele Museen in den neuen Bundesländern und Berlin gefördert und sehen es als unsere Aufgabe, uns bei der Rückkehr von wichtigen Münzen in die jeweiligen Museen mit einzubringen.“
Erinnerung an den einstigen Domschatz
„Damit erhält der Merseburger Dom ein Objekt für seine Sammlungen, das eindrucksvoll vom Schicksal des Domschatzes im Zeitalter der Reformation berichten kann. Zusammen mit den erhaltenen Resten des Merseburger Domschatzes wird die Klippe ab sofort dauerhaft in der Schatzkammer in der Merseburger Südklausur zu sehen sein“, betonte der Leiter des Domstiftsarchivs des Merseburger Doms, Markus Cottin.
Die Vereinigten Domstifter danken allen Beteiligten ganz herzlich und freuen sich über die mit dem Erwerb verbundene kulturelle Bereicherung der historischen Landschaft im südlichen Sachsen-Anhalt.
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