Kirchenbauwerke gehรถren in Mitteldeutschland zu fast jedem Ort. Im Alltag sind sie bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke, sie haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfรคltige Bedeutung. Dutzende Kirchen werden heutzutage anders als ursprรผnglich genutzt, so auch in Dresden.
Die Trinitatiskirche ist ein als Ruine erhaltenes Kirchengebรคude in Dresdens Stadtteil Johannstadt am Trinitatisplatz zwischen Blasewitzer Straรe und Fiedlerstraรe. Seit Mรคrz 2022 wird sie als Jugendkirche genutzt.
In der zweiten Hรคlfte des 19. Jahrhunderts wuchs das Gebiet รถstlich der Pirnaischen Vorstadt, der spรคteren Johannstadt, aufgrund starker Nachfrage nach Wohnungen. Ihre Einwohner gehรถrten zur 1878 gegrรผndeten Gemeinde der Johanneskirche.
1884 war die Gemeinde auf 40.000 Mitglieder angewachsen, daher wurde Johannstadt aus der Kirchgemeinde ausgegliedert. Zunรคchst wurde die Turnhalle der Schule am Zรถllnerplatz als Betsaal genutzt, Anfang 1888 die Trinitatisgemeinde gegrรผndet. Sie hatte gleich zu Beginn fast 10.000 Mitglieder.
Der Name der Kirchgemeinde wurde angeregt vom Trinitatisfriedhof, der neben dem Grundstรผck liegt, das die Stadt Dresden der Gemeinde fรผr das Gotteshaus schenkte. Den Bau des Kirchengebรคudes verantwortete der Architekt Karl Barth. Baubeginn war am 21. September 1891, Richtfest 1892, im Oktober 1894 waren die Bauarbeiten abgeschlossen.
Kirchweihe war am 17. Oktober 1894. Die Baukosten betrugen 525.615,25 Mark. Die Kirche ist ein dreischiffiges, sandsteinverblendetes Gotteshaus im Stil der italienischen Renaissance. Der westseitige, 65 Meter hohe Kirchturm wurde entsprechend der Dresdner Tradition gestaltet. Das Gotteshaus hatte Sitzplรคtze fรผr 1.200 Personen. Der Kirchturm prรคgt das Ortsbild mit.
รber dem Hauptportal befand sich eine 2,80 Meter hohe Sandsteinstatue des einladenden Christus, geschaffen von Rudolph Hรถlbe und ausgefรผhrt vom Anton Schwarz. Im Innern befand sich Anton Dietrichs Altargemรคlde โChristus, die Bergpredigt haltendโ. Die Orgel schuf Dresdens Orgelbaufirma Bruno Kircheisen, sie hatte 2.547 Pfeifen auf zwei Manualen und Pedal.
Es gab ursprรผnglich vier Kirchenglocken mit neogotischen Ornamenten. Sie stammten aus Dresdens Glockengieรerei C. Albert Bierling und mussten im Ersten Weltkrieg als โMetallspende des Deutschen Volkesโ abgegeben werden. 1920 folgten drei Glocken aus Eisenhartguss von der Gieรerei Schilling & Lattermann aus Apolda.

Bei der Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945 brannte das Kirchenschiff aus, Dachstuhl und Innenausstattung wurden zerstรถrt. Die Umfassungsmauern wurden schwer, der Kirchturm wenig beschรคdigt. Noch 1945 begann die Enttrรผmmerung.
Mitte der 1950er Jahre begann die Groรflรคchen-Enttrรผmmerung, dabei blieben in Johannstadt nur die Reste der Trinitatiskirche und des Gemeindehauses stehen. Die Gemeinde baute das Gemeindehaus wieder auf und richtete einen kirchlichen Kindergarten ein.
Ende der 1960er Jahre drรคngte die Stadt auf den Abriss der Kirchenruine. Um dies zu verhindern, entwickelte die Kirchgemeinde einen Nutzungsplan. Das Kirchgelรคnde wurde von ihren Mitgliedern enttrรผmmert, Mauerreste und Turm gesichert, Kirchturm-Uhr und Gelรคut funktionsfรคhig erhalten. Fernziel war der Wiederaufbau des Gotteshauses.
Seit 1999 gibt es sommers regelmรครig im Kirchenschiff Gottesdienste unter freiem Himmel. Am 24. Dezember 2000 war die erste Weihnachtsvesper seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Trinitatisgemeinde gehรถrt seit 1. Januar 2000 zur Johanneskirchgemeinde.
Im November 1996 grรผndete sich der Fรถrderverein fรผr die Erhaltung und Nutzung der Trinitatiskirchruine e. V., um neues Leben ins Gotteshaus zu bringen und wachsen zu lassen. Dabei ging es um die Unterstรผtzung der sozialdiakonischen offenen Jugendarbeit und um die Schaffung eines kulturellen Zentrums. Zudem sollte die einzig erhaltene Kirchruine in Dresdens Stadtmitte auch kรผnftig an die Zerstรถrung der Stadt erinnern. Am 2. Advent 1998 konnten Rรคume in den Sakristeien und im Keller zur Nutzung รผbergeben werden.

Die Trinitatiskirche feierte 2019 ihr 125-jรคhriges Bestehen. Inzwischen wurde sie umgebaut. Sieger des Architekten-Wettbewerbs zur neuen Jugendkirche Dresdens wurde 2018 der Entwurf von Code Unique Architekten Dresden. Der Umbau mit letztendlichen Kosten von 6,2 Millionen Euro begann im April 2020.
Seit 25. Mรคrz 2022 ist die Trinitatiskirche offiziell Dresdens Jugendkirche โ eine Profilkirche fรผr kirchliche Veranstaltungen mit Jugendlichen. Junge Menschen, denen traditionelle Gottesdienste oft fremd erscheinen, bekommen Raum und Mรถglichkeit, Gemeinschaft und Gottesdienst nach eigenen Vorstellungen selbst zu gestalten.
Unter einem Dach vereint sind nun โ Motto: โRaum fรผr Zeit fรผr Dichโ โ die offene Jugendarbeit im โJugendtreff Triniโ, moderne Rรคume fรผr verschiedene Veranstaltungen sowie die Geschรคftsstelle der Evangelischen Jugend. Im dachfreien Kirchenschiff ist ein neun Meter mal neun Meter groรer, glรคserner Kubus entstanden, der Veranstaltungen unabhรคngig vom Wetter mรถglich macht.
Ein Ort fรผr junge Menschen, ein Ort der Beteiligung, des Dialogs, des Glauben und der Gemeinschaft in Dresden. Die Trinitatiskirche weiterhin als Ort der Lebenssinn-Suche โ nun fรผr Heranwachsende.
Koordinaten: 51ยฐ 3โฒ 9,5โณ N, 13ยฐ 46โฒ 15,3โณ O
Weblinks und Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Trinitatiskirche_(Dresden)
https://www.evangelische-jugend-dresden.de/jugendzentrum-jugendkirche/ueberblick
https://www.stadtwikidd.de/wiki/Trinitatiskirche
https://www.dresden-online.de/trinitatiskirche.html
https://www.dresden.de/media/pdf/denkmal/verlorene-kirchen-2018_web.pdf
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