Kirchenbauwerke gehรถren in Mitteldeutschland zu fast jedem Ort. Im Alltag sind sie bekannt als Wahrzeichen, Ortsmittelpunkt oder Orientierungsmarke, sie haben architektonisch, kunsthistorisch und regionalgeschichtlich vielfรคltige Bedeutung. Dutzende Kirchen werden heutzutage anders als ursprรผnglich genutzt, so auch in Dresden.

Die Zionskirche in Dresdens Sรผdvorstadt geht zurรผck auf das Testament des Maschinenbau-Fabrikanten Johann Hampel: Sein Wunsch war, dass aus seinem Vermรถgen eine evangelische Kirche in Dresdens Sรผdviertel gebaut werden sollte.

Begonnen am 27. Juli 1908, wurde das Gotteshaus mit dem 26 Meter hohen Kirchturm am 29. September 1912 geweiht. Die im Jugendstil gestaltete Zionskirche hatte fast 1.100 Sitzplรคtze und war zu dieser Zeit einer der modernsten Kirchenbauten Deutschlands.

Ungewรถhnliche Gestaltung

Ihre Gestaltung als Zentralbau war nicht nur damals ungewรถhnlich: Die Kanzel stand auf der Mittelachse des Bauwerks, und die Sitzreihen waren fรคcherfรถrmig ansteigend angeordnet โ€“ รคhnlich wie in einem Amphitheater.

Ihre Jehmlich-Orgel war Sachsens erste Orgel mit rein elektrischer Traktur und Registeranlage. Die Kirchgemeinde hatte mehr als 5.600 Mitglieder.

Bei den Luftangriffen auf Dresden am 13./14. Februar 1945 wurde die Kirche schwer getroffen und brannte bis auf das Mauerwerk nieder. Spรคter bekam sie ein provisorisches Dach.

1945 wurde die Kirchgemeinde aufgelรถst. Sie wurde 1956 neu gebildet und hatte ihr provisorisches Zuhause in einer von Schweden gespendeten Baracke neben der Ruine. Ziel der Kirchgemeinde war es, mit Unterstรผtzung aus Schweden eine neue Kirche zu bauen.

Die Zionskirche Dresden nach ihrer Fertigstellung 1912. Von SchiDD - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86709247
Die Zionskirche Dresden nach ihrer Fertigstellung 1912. Von SchiDD โ€“ Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86709247

SchlieรŸlich wurden sich Kirchgemeinde und Stadtverwaltung einig: Die Stadt Dresden bekam Ende der 1970er Jahre die Zions-Kirchruine samt Gelรคnde โ€“ im Tausch fรผr das Grundstรผck zum Bau der Neuen Zionskirche.

Unterstรผtzung aus Schweden

So bezog 1982 die Zionsgemeinde ihre neue Kirche in der Bayreuther StraรŸe: Am 31. Oktober 1982 gab es den Abschieds-Gottesdienst in der Baracke an der alten Zionskirche. AnschlieรŸend ging es in einem feierlich-frรถhlichen FuรŸmarsch zur Neuen Zionskirche. Dort รผbergab der schwedische Bauleiter Erik Granbom den Kirchen-Schlรผssel symbolisch an den schwedischen Bischof Helge Brattgรฅrd, der รผberreichte ihn an Sachsens Landesbischof Johannes Hempel und dieser ihn schlieรŸlich an Pfarrer Michael Kanig.

Was waren nun Dresdens Plรคne mit der alten Zionskirche? Die Stadtverwaltung hatte nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die frรผhen 1950er Jahre wiederverwendbare Architektur-Bruchstรผcke von verschiedensten zerstรถrten Bauwerken aus dem Stadtzentrum in mehreren provisorischen Lagern gesammelt. Um 1985 stellte sich die Frage nach angemessener und zentraler Unterbringung dieser Steinwerk-Fragmente und -Fundstรผcke.

Ruine neu genutzt

Die Antwort: Die Ruine der Zionskirche wurde als dauerhafter Aufstellungs- und Lager-Ort fรผr mehr als 7.100 Fragmente ausgewรคhlt und zum sogenannten Lapidarium umgestaltet. Zwischen 1994 und 1996 wurde die Ruine baulich gesichert und der Innenraum von Schutt berรคumt. Auch wurde die Kirchenruine zum dauerhaften Schutz der Fundstรผcke und Kirche vor Witterung komplett รผberdacht โ€“ pragmatisch gestaltet nach den neuen Anforderungen an das umgenutzte Gotteshaus.

Inzwischen haben alle Baufragmente Dresdens ihren Platz im Lapidarium Zionskirche gefunden, sie sind archiviert und wissenschaftlich erfasst. Auch Denkmรคler neuerer Zeit werden dort verwahrt und fรผr eine etwaige Wiederverwendung zwischengelagert.

Der โ€žTag des offenen Denkmalsโ€œ bietet die Gelegenheit, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen von der Vielfalt dieser steinernen Zeugnisse, ihrer individuellen bildhauerischen Schรถpferkraft, ihrem architektonischen Ideenreichtum โ€“ und von ihrem auรŸergewรถhnlichen Zuhause.

Koordinaten: 51ยฐ 2โ€ฒ N, 13ยฐ 43โ€ฒ O

Quellen und Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Zionskirche_(Dresden)
https://www.dresden.de/de/kultur/denkmalschutz/lapidarium.php
https://www.dresden.de/media/pdf/denkmal/Faltblatt_Lapidarium_2016.pdf

Nรคchste Folge: Marienkirche Dessau

Mit freundlicher Unterstรผtzung vom Fรถrderverein der Leipziger Denkmalstiftung.

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