Als Felix Mendelssohn Bartholdy durch Europa reiste, war Reisen wirklich noch unbequem, langwierig und anstrengend, auch wenn er die ersten Eisenbahnstrecken dieser Zeit nutzen konnte. Aber er reiste trotzdem mit viel Gepรคck und auf verblรผffende Art stilvoll, wie jetzt die liebevoll restaurierte Reisetruhe des berรผhmten Komponisten und Gewandhauskapellmeisters zeigt.
Nach aufwendiger Restaurierung kehrt diese exklusive Reisetruhe aus dem Nachlass von Felix Mendelssohn Bartholdy jetzt als Dauerleihgabe des Stadtgeschichtlichen Museums an das Mendelssohn-Haus zurรผck. Bei den Restaurierungsarbeiten kam die einzigartige Bemalung zutage.
โEs ist faszinierend zu sehen, welch wahrer Schatz bei den Restaurierungsarbeiten ans Licht kam. Ein Gemรคlde, das detailreich englische Landschaften und den Reisealltag des Kutschenzeitalters zeigt โ und das alles auf einer Riesenkiste fรผrs Gepรคck! So etwas wurde garantiert nicht in Serie produziertโ, freut sich Dr. Anselm Hartinger, Direktor des Stadtgeschichten Museums.
Den Schatz hatte das Stadtgeschichtliche Museum schon seit einigen Jahrzehnten in Verwahrung. Aber die farbenfrohe Bilderwelt der Reisetruhe brachte erst jetzt die Restaurierung wieder zum Vorschein.
1969 gelang dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig mit dem Familiennachlass von Hugo Wach, einem Enkel von Elisabeth Wach, die vor ihrer Heirat den Namen Mendelssohn trug, ein auรergewรถhnlicher Ankauf. Sie war die jรผngste Tochter des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. So kamen weite Teile des Nachlasses aus dem Hause des groรen Gewandhauskapellmeisters โ mit originalen Mรถbeln, Gemรคlden und Kunstgegenstรคnden โ ins Museum und werden seit 50 Jahren ausgestellt, seit 1997 als Dauerleihgabe im Mendelssohn-Haus in Leipzig.

1970 wurde im Alten Rathaus des Stadtgeschichtlichen Museums ein โMendelssohn-Zimmerโ eingerichtet. Mit diesem Raum entstand damals die erste Leipziger Mendelssohn-Gedenkstรคtte, die inmitten einer auf Arbeiterbewegung und Sozialismus ausgerichteten musealen Geschichtsdarstellung eine kleine Oase mit dem Flair eines groรbรผrgerlichen Salons bildete. Das Zimmer war der Versuch, dem Geschmack der Familie Mendelssohn nachzuspรผren sowie ihre unmittelbare private Lebenswelt zu vermitteln.
Als im Jahr 1997 nach langer Sanierung das Mendelssohn-Haus in der Goldschmidtstraรe 12 (ehemals Kรถnigstraรe 3, der Ort an dem die Familie ihre letzte Wohnung hatte) erรถffnet werden sollte, zรถgerte das Stadtgeschichtliche Museum nicht und stellte sein โMendelssohn-Zimmerโ als Dauerleihgabe zur Verfรผgung โ die letzte erhaltene Privatadresse des Komponisten sollte nicht ohne originale Einrichtungsgegenstรคnde bleiben.
Dort kann man seitdem nachempfinden, was der Komponist Louis Spohr nach einem Besuch der Mendelssohns im Juni 1846 berichtete: โIn ihrer Einrichtung und ganzem Wesen herrscht neben allem Luxus und Reichthum eine so reizende Anspruchslosigkeit, daร man sich sehr wohl dabei befinden muรโ.
โDank der groรzรผgigen finanziellen Unterstรผtzung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Lรคnder sowie der Ernst von Siemens-Stiftung konnte die Restaurierung innerhalb weniger Monate umgesetzt werden. Wir sind froh, dieses einzigartige Stรผck jetzt wieder in voller Pracht prรคsentieren zu kรถnnenโ, freute sich am Freitag Jรผrgen Ernst, Direktor des Mendelssohn-Hauses.
Mit den Restaurierungsarbeiten wurde die freiberuflich arbeitende Gemรคlderestauratorin Betina Beck beauftragt. Die Gesamtkosten fรผr das Projekt beliefen sich auf 15.000 Euro.
Seit รผber 60 Jahren zรคhlt ein auรergewรถhnlicher Mendelssohn-Nachlass mit originalen Mรถbeln, Gemรคlden und Kunstgegenstรคnden zum Bestand des Stadtgeschichtlichen Museums. Unter den insgesamt 44 Objekten, die seit 1997 im Mendelssohn-Haus als Dauerleihgabe prรคsentiert werden, befinden sich 25 Originalmรถbel aus der Wohnung der Mendelssohns.
Dazu zรคhlen unter anderem ein Sofa, 14 Stรผhle, drei Tische, die Reisetruhe, ein Nรคhtisch, drei Schrรคnke, eine Kommode, Sockel, (Ofen-)Stellschirm, weiterhin ein Gemรคlde โPortrรคt FMBโ von Eduard Magnus, Bronzestatuetten, Lรผster und Porzellane.
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