Anlรคsslich des 75. Jahrestages der Befreiung Leipzigs von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft durch amerikanische Truppen sollte am heutigen Samstag, 18. April 2020, um 11 Uhr vor der Gedenktafel an der โRunden Eckeโ die offizielle Gedenkfeier stattfinden, zu der Oberbรผrgermeister Burghard Jung und US-Generalkonsul Timothy Eydelnant gemeinsam mit dem Leiter der Gedenkstรคtte Museum in der โRunden Eckeโ Tobias Hollitzer einladen wollten.
Leider kann die geplante Veranstaltung aufgrund der Maรnahmen zur Eindรคmmung der Corona-Pandemie nicht stattfinden, teilt die Gedenkstรคtte โRunde Eckeโ mit. Die Gedenkstรคtte Museum in der โRunden Eckeโ mรถchte dennoch an diesen fรผr die Stadt Leipzig und ihre weitere Geschichte so prรคgenden Tag vor 75 Jahren erinnern.
Befreiung Leipzigs von der NS-Diktatur am 18. April 1945
Am Abend des 18. April 1945 erreichten amerikanische Truppen der 2. und der 69. Infanteriedivision Leipzig und befreiten die Stadt kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Die Amerikaner bezogen in der โRunden Eckeโ am Innenstadtring Quartier und richteten hier ihr Hauptquartier sowie zeitweilig die Alliierte Militรคrregierung ein.
Schon am 19. April 1945 verรถffentlichte die alliierte amerikanische Militรคrregierung von Leipzig die Proklamation Nr. 1 des alliierten Oberbefehlshabers und spรคteren US-Prรคsidenten, Dwight D. Eisenhower, mit der unter anderem die Nรผrnberger Rassegesetze auรer Kraft gesetzt wurden.
In der Proklamation Nr. 1 hieร es โWir kommen als siegreiches Heer, jedoch nicht als Unterdrรผcker. In dem deutschen Gebiet, das von Streitkrรคften unter meinem Oberbefehl besetzt ist, werden wir den Nationalsozialismus und den deutschen Militarismus vernichten, die Herrschaft der NSDAP beseitigen, die NSDAP auflรถsen sowie die grausamen und ungerechten Rechtsรคtze und Einrichtungen, die von der NSDAP geschaffen worden sind, aufheben. Den deutschen Militarismus, der so oft den Frieden der Welt gestรถrt hat, werden wir endgรผltig beseitigen.โ
US-amerikanische Besatzungsmacht beginnt mit dem Aufbau demokratischer Strukturen
Trotz widrigster Umstรคnde begann die Militรคrregierung sofort mit dem Aufbau demokratischer Strukturen. Am 23. April 1945 setzten sie den Leipziger Rechtsanwalt Wilhelm Johannes Vierling als neuen Oberbรผrgermeister sowie den bis 1933 amtierenden Polizeiprรคsidenten Heinrich Fleiรner wieder in ihre รmterein. Der US-amerikanische Stadtkommandant Major Richard J. Eaton ernannte auch einen entsprechend der Wahlergebnisse von 1932 zusammengesetzten Gemeinderat.
Der neue Bรผrgermeister, sein Beirat und die Dezernenten der Stadtverwaltung leiteten sofort nach Ende der Kampfhandlungen vielfรคltige Schritte zur Normalisierung des รถffentlichen Lebens in die Wege. Ein groรes Problem war die desolate Ernรคhrungslage. Die amerikanische โMilitary Policeโ bemรผhte sich gemeinsam mit der Leipziger Polizei um die Sicherheit der Bevรถlkerung und versuchte Plรผnderungen zu verhindern. Die Amerikaner begannen gemeinsam mit einem von ihnen eingerichteten โKommissariat fรผr Sonderaufgabenโ (K.f.S.) bei der Leipziger Kriminalpolizei mit der Verfolgung von NS-Tรคtern.

Am 2. Juli 1945 wurde Leipzig Teil der Sowjetischen Besatzungszone. Damit begann eine neue Diktatur
Der demokratische Neuanfang, der ab dem 19. April 1945 in Leipzig durch die amerikanische Besatzungsmacht ermรถglicht wurde, fand jedoch nach wenigen Wochen mit der รbergabe Leipzigs an die Rote Armee am 2. Juli 1945 ein jรคhes Ende. Nun begann die Einfรผhrung einer kommunistischen Diktatur und das Gebรคude am Dittrichring 24 wurde durch die sowjetische Militรคradministration genutzt. 1950 wurde es Sitz der Leipziger Stasi-Zentrale. Erst 1989 mit der Friedlichen Revolution รถffnete sich das Tor zu Freiheit und Demokratie wieder.
Bis 1989 wurden diese ersten Wochen eines demokratischen Neuanfangs unter der amerikanischen Besatzung durch das SED-Regime systematisch verschwiegen, verdrรคngt und diffamiert. Im Schulunterricht war zu vermitteln: โdie tatsรคchliche Befreiung fand erst durch den Einzug der Sowjetarmee stattโ. Auรerdem sollten โBeispiele fรผr die Behinderung der Antifaschisten durch die Befehlshaber der anderen Armeenโ aufgefรผhrt werden.โ
Ausstellung โZwei Mal befreit? Leipzig unter amerikanischer und sowjetischer Besatzung 1945โ in der Gedenkstรคtte Museum in der โRunden Eckeโ
Eine Sonderausstellung im Eingangsbereich der Gedenkstรคtte Museum in der โRunden Eckeโ zur Besatzung Leipzigs durch amerikanische und sowjetische Truppen ab 1945 zeigt anhand einzigartiger und teilweise bisher unbekannter Fotos und Dokumente die Befreiung durch die Amerikaner, den durch sie veranlassten demokratischen Neuanfang sowie den Besatzungswechsel und den Aufbau einer kommunistischen Diktatur unter sowjetischer Vorherrschaft.
Mit der Ausstellung โZwei Mal befreit?โ setzt sich das Museum in der โRunden Eckeโ nicht nur mit einem Stรผck Stadtgeschichte auseinander, sondern widmet sich auch ganz bewusst einem Teil der Hausgeschichte der heutigen Gedenkstรคtte und mรถchte einen Beitrag leisten zur รผber vierzig Jahre andauernden Geschichtsklitterung des SED-Regimes.
Freitag, der 17. April 2020: Maskenpflicht im รPNV und Einzelhandel
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