Am Dienstag, 15. Oktober, wurde ein kleiner Stadtratsbeschluss von 2018 umgesetzt. Anlässlich des 300. Gründungsjubiläums des Verlages Breitkopf & Härtel wurde am Haus Universitätsstraße 18, Ecke Kupfergasse, eine Gedenktafel enthüllt. Der Verlag gilt als der älteste Musikverlag der Welt. Der eigentliche Standort des Verlages war das Haus „Goldener Bär“ Nr. 11, heute die Ostseite der Universitätsstraße mit der Mensa am Park.

Die Tafel hätte also am Mensa-Gebäude angebracht werden müssen, wo die Breitkopfsche Druckerei samt Verlag ihren Sitz hatte. Aber man findet die Tafel jetzt an der Ecke Kupfergasse/Universitätsstraße, also am „Silbernen Bären“.

Hauptsitz von Breitkopf & Härtel ist heute in Wiesbaden, wohin ihn der damalige Eigentümer nach Kriegsende verlegt hatte. In Leipzig wurde der Verlag enteignet und während der Zeit der DDR als VEB Breitkopf & Härtel geführt. 1991 gelang nach langwierigen Verhandlungen die Rückgabe des enteigneten Verlages, der von Wiesbaden aus mit Außenstellen in Taunusstein, Paris, London und Leipzig agierte. Seine Leipziger Außenstelle betreibt der Verlag derzeit an einem Standort in Leipzig-Stötteritz.

Die Gedenktafel enthüllte Kulturamtsleiterin Susanne Kucharski-Huniat gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Verlages Breitkopf & Härtel, Nick Pfefferkorn.

Die Gestaltung übernahm die Agentur für visuelle Kommunikation RAUM ZWEI.

Der Text der Tafel lautet:

Der älteste Musikverlag der Welt
Breitkopf & Härtel
gegründet 1719 –
hatte seinen ersten Sitz im Haus Goldener Bär
von 1732 bis 1867
Der Verlagsgründer Bernhard Christoph Breitkopf (1695–1777)
erwarb 1732 das Haus „Goldener Bär“ gegenüber in der Universitätsstraße 11.
Im Jahr 1943 fiel das Gebäude einem Bombenangriff zum Opfer.
Sein Sohn, Johann Gottlob Immanuel Breitkopf (1719–1794), errichtete 1765 an diesem Ort das Haus „Zum Silbernen Bären“, welches 1895 abgerissen wurde.

Stadt Leipzig 2019

Mit der Anbringung der Gedenktafel wird der entsprechende Beschluss der Ratsversammlung vom 12. Dezember 2018 umgesetzt.

Die Tafel dürfte also für einige Verwirrung sorgen. Denn mit dem „Silbernen Bär“ hat man ja wirklich nur Breitkopfs Wohnhaus vor sich, zu dem Friedrich Gottlob Leonhardi 1799 schrieb: „der Silberne Bär No. 660, welcher 1764 von dem bekannten verstorbenen gelehrten Buchdrucker, Immanuel Breitkopf, von Grund aus neu auf der Stelle eines alten Hauses, der Arche genannt, erbauet wurde. (…) Über dem Eingange sieht man einen aus Stein, in aufrechter Stellung, gehauenen versilberten Bär, welcher ein Wappenschild hält.“

Das alte Hauszeichen des Bären gehört bis heute zum Signet des Verlags Breitkopf & Härtel.

Und auch 1799 befanden sich Druckerei und Verlag noch immer im gegenüberliegenden Goldenen Bären. Leonhardi: „der Goldene Bär No. 674, welcher drey Stockwerke hoch und 17 Fenster breit ist. Er gehört dem Hern Breitkopf, welcher in demselben seine durch ganz Europa berühmt gewordene Buchdruckerey und Schriftgießerey nebst einer Buchhandlung hat“, von der später in Leonhardis Buch noch mehr zu lesen ist.

Dort erzählt er nämlich, was für ein Betrieb in der Druckerei von Breitkopf & Härtel war: Es gab dort 20 Pressen für Druckschriften, vier für Notendruck, eine Notenstechereifabrik und eine Kupferdruckerei. Allein in der Druckerei waren 60 bis 80 Personen beschäftigt. In der Schriftgießerei waren 30 Gießer, zwei Faktoren, sechs Schleifer, fünf Bedienstete, zwei Stempelschneider und ein Messingarbeiter beschäftigt, „welche jährlich zwischen 350 und 400 Centner neue Schriften liefern“, die auch weltweit exportiert wurden.

Wobei die Tafel das Wichtigste sogar auslässt: Die Erfindung zerlegbarer Notenlettern durch Johann Gottlob Immanuel Breitkopf 1756, die den Notendruck revolutionierte.

Und der Goldene Bär hatte 1732, als Immanuels Vater ihn kaufte, auch schon eine Vorgeschichte: Das Gebäude war ein alter Gasthof, den Bernhard Christoph Breitkopf zur Druckerei umbaute. Aber ist das der Gründungsort des Verlages? Zweifel sind angebracht, denn das Adressbuch von 1720 – also ein Jahr nach dem offiziellen Gründungsdatum des Verlages – wird der Buchdrucker und Schriftgießer Bernhard Christoph Breitkopf im Adressbuch mit der Angabe „auf dem Sperlingsberge in seinem Haus“ angeführt. Der Sperlingsberg war der südlichste Abschnitt des Alten Neumarkts (der heutigen Universitätsstraße). Die Häuser schlossen den Alten Neumarkt nach Süden ab, die Straße bog hier in die Stadtpfeiffergasse (die heutige Magazingasse) ab. Der Gründungsort der Breitkopfschen Druckerei (und damit auch der von Breitkopf übernommenen Müllerschen Druckerei) wäre also eher an diesem Übergang zur Magazingasse zu suchen. Den Goldenen Bären kaufte Breitkopf ja erst 1732. Und das dürfte auch der Zeitpunkt gewesen sein, als der Bär zum Verlagssignet wurde.

Leipzigs ältester Verlag Breitkopf & Härtel feiert 300 Jahre im Zeichen der Musik

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