Die Nürnberger Rassegesetze, welche am 15. September 1935 formell auf dem Reichsparteitag der NSDAP beschlossen werden, erschüttern die Überzeugungen im „Reichsbund jüdischer Frontsoldaten“ (RjF) in eine Vereinbarkeit von jüdischem Glauben und dem nationalsozialistischen Führerstaat endgültig. Und verengen gleichzeitig die Möglichkeiten der Makkabi-Bewegung wie auch des Bar Kochba Vereins, in Deutschland zu wirken, deutlich. Was die Nazis von den Bemühungen des RjF halten, zeigt sich im unmittelbar folgenden Verbot jeglicher politischen Tätigkeit bereits 1936 und die Auflösung des Bundes 1938.
Mit den seit 1935 geltenden Heiratsverboten und weiteren Diskriminierungen stellen die Nationalsozialisten damit abschließend die Rassenideologie ins Zentrum ihrer Politik, jüdische Mitbürger werden nun offiziell als minderwertige Menschen eingestuft. Die jahrelange Hetze und Diskriminierung gegen die Juden zeigt zudem eine weitere Wirkung: Widerspruch gibt es in der deutschen Bevölkerung gegen die Stigmatisierung und Herabsetzung kaum. Das Unrecht wird zunehmend als neue Normalität anerkannt.
Damit sind Juden auch im vormals gern als liberal und weltgewandt gesehenen Leipzig vom öffentlichen Leben nahezu vollständig ausgeschlossen. Zwar bleibt Bar Kochba als eine der wenigen Freizeitbeschäftigungen erhalten, doch die Auswanderung setzt nun den Mitgliederzahlen zunehmend zu. Auch wenn man den Spielbetrieb mit hohem Engagement aufrecht halten kann und deutsche Sportler zumindest an der 2. Makkabiade 1935 in Tel Aviv oder bei der Wintermakkabiade in Banská Bystrica (Slowakei) teilnehmen, entsteht durch die antisemitischen Verschärfungen des Nazi-Regimes ein seltsames Paradox.
Die Bemühungen der Makkabi-Bewegung, einer eigenen Staatsgründung Israels näherzukommen, werden dadurch verstärkt. Der RjF ist gescheitert und schließt sich selbst zunehmend der Bewegung an.
Zwischen 1933 und 1938 emigrieren 11.500 Mitglieder der Makkabi-Sportvereine aus Deutschland, etwa die Hälfte nach Palästina. Besonders groß ist dabei der Zuzug aus Leipzig, Bar Kochba-Vereinsmitglieder zieht es ins gelobte Land und weg von den ständig mehr werdenden Repressalien. Die restliche Fußballmannschaft muss in den Hauptverein integriert werden, das Grundstück des ehemaligen SK Bar Kochba geht endgültig an den Bar Kochba Leipzig e.V.
Der Terror beendet alles
Ab dem 7. November 1938 setzt in Deutschland eine koordinierte Terrorwelle gegen jüdische Mitbürger ein. Allein bis zum 13. November, mit dem Höhepunkt in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, der zynisch „Reichskristallnacht“ genannten Novemberpogrome fallen in ganz Deutschland über 1.400 Synagogen, Betstuben und Vereinsräume, tausende Geschäfte, jüdische Friedhöfe und Wohnungen einer bislang nie dagewesenen Terrorwelle zum Opfer. Die Deportation der ersten 30.000 Menschen in Konzentrationslager folgt auf dem Fuße. Nach Jahren der gesetzlichen und gesellschaftlichen Ausgrenzung sowie der geistigen Brandstiftung folgt die grausame Umsetzung in die Tat.
In Leipzig brennt unter anderem die große Synagoge an der Gottschedstraße, auch die Geschäftsstelle Bar Kochba Leipzigs wird heimgesucht, durchwühlt und anschließend zerstört. Bis heute ist das Vereinsarchiv nach diesem Ereignis nicht wieder aufgetaucht, eine Verhaftungswelle rollt auch durch Leipzig. Viele Adressen kommen ausgerechnet aus eben jenen Registern jüdischer Vereine und Unternehmen, nun zu einer sogenannten „Judenkartei“ zusammengefasst. Diese wird nun zum Aufspüren von Mitbürgern durch Polizei und Geheimdienste missbraucht.
Diesem Terror hat auch der Bar Kochba Leipzig e.V. nichts mehr entgegenzusetzen, am 29. März 1939 beschließen die letzten Verbliebenen in einer Generalversammlung die Auflösung des Vereins. Ab jetzt geht es nur noch ums nackte Überleben, während in Deutschland und bald in ganz Europa die systematische Verfolgung und Vernichtung der Juden begonnen hat. Die Barbarei ersetzt für sieben lange Jahre endgültig die Humanität, der Holocaust wird sich unauslöschlich in das Gewissen der Welt einprägen.
Am 14. Mai 1948 verliest Ben Gurion die israelische Unabhängigkeitserklärung. Der Staat Israel ist geboren.
Vielen Dank für die inhaltliche Unterstützung und Freigabe des Textes/der Bilder an den Verein Tüpfelhausen e.V.. Informationen zum jährlichen Fußball-Begegnungsfest finden sich unter www.fussballbegegnungsfest2016.de
Zeitreise Artikelserien auf der L-IZ.de
www.l-iz.de/artikelserien/oestlich-von-leipzig-1886
www.l-iz.de/artikelserien/westlich-von-leipzig-1886
www.l-iz.de/artikelserien/leipzig-1914
Kirmes in Leipzig 1938 (Video) – Youtube Karl Hoeffkes
Video aus dem Fundus (bei Youtube)
www.karlhoeffkes.de
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Ich frag mich die ganze Zeit, wie ich mich damals wohl verhalten hätte. Heute fällts mir leicht, jedem die Meinung zu sagen, der in meinem Umfeld hetzt. Aber hätte ich mich das damals auch getraut? Oder hätte ich aus Angst die Klappe gehalten? Ich weiß es echt nicht.