Geburtstage liegen allerhand am Wege, wenn man sie nur alle unterbekommt in seinem Kalender und den Überblick behält über die Berühmten und Gefeierten. Einer hat am 9. Dezember Geburtstag, wäre 120 Jahre alt geworden, wenn ihm so ein Methusalem-Alter beschieden gewesen wäre: Max Schwimmer, einer aus der goldenen Generation, könnte man fast sagen. Zumindest aus einer besonderen Generation.

Die ist mit Namen wie Hans Reimann (geboren 1889), Lene Voigt (geboren 1891), Erich Kästner (geboren 1899) oder Hans Natonek (geboren 1892) zumindest skizziert. Sie kannten sich alle, liefen sich im Leipzig der 1920er Jahre allesamt über den Weg – ob in den Redaktionen von “Neuer Leipziger Zeitung”, LVZ oder “Der Drache”, ob im Theater, im Kabarett oder im Café, mit oder ohne Reh auf der Schulter, aber von einer glühenden Lust beseelt, der neuen Zeit auch eine Stimme zu geben, einen poetischen Ton oder gleich gar eine neue Kritik, offen für alles Neue, Unverbrauchte, Experimentierfreudige.

Mittendrin dieser Max Schwimmer, der ja selbst Vertreter der neuen Ausprobierlust in der Kunst war, der aber auch für “Der Drache” und die damals noch sozialdemokratische LVZ deftige und zuweilen gnadenlose Kunstkritiken schrieb. Denn mit wachem Auge registrierte er das Wenige aus den modernen Kunstentwicklungen Europas, das den Weg in Leipziger Ausstellungen fand. Und mit zunehmendem Zorn schrieb er über die altbackenen und verkitschten Kulturrezeptionen des tonangebenden Leipziger Bürgertums. Die Mitarbeiter des Museums der bildenden Künste können ein Lied davon singen, wie kärglich die Bestände an maßgeblichen Arbeiten der Moderne im Fundus sind – und das Meiste, was in den 1920er Jahren dennoch den Weg in die Depots fand, wurde von den nationalsozialistischen Machthabern später als “entartete Kunst” aussortiert und zumeist auf Nimmerwiedersehen auf dem Kunstmarkt verramscht. Umso schwerer ist es heutzutage, die klaffenden Lücken zu schließen.

Wie sehr Schwimmer gegen den völlig überlebten und zum Teil sehr bornierten Kunstgeschmack der damals reichen Leipziger wetterte, ist nachlesbar im Sammelband “Schriften zur Kunst. Kunstkritiken, Feuilletons und Essays 1920-1932”, erschienen im Lehmstedt Verlag, genauso wie zuvor seine “Briefe und Tagebücher” und die große, reich bebilderte Biografie. Alles von Inge Stuhr, die sich wie keine andere eingehend mit dem Nachlass von Max Schwimmer in der Leipziger Stadtbibliothek beschäftigt hat.

Natürlich ist sie auch die Richtige, wenn es darum geht, die Laudatio zum 120. zu halten.

Das passiert am Mittwoch, 9. Dezember, um 19:30 Uhr im Antiquariat Central W33 in der Georg-Schwarz-Straße 12. Das ist quasi gleich um die Ecke von Max Schwimmers Geburtshaus. Denn geboren wurde Max als Sohn des Fabrikbuchbinders Schwimmer in der hier kreuzenden Erich-Köhn-Straße, die zu dieser Zeit noch Wettiner Straße hieß. Sein Geburtshaus ist die Nr. 66, da muss man ungefähr 100 Meter laufen und die William-Zipperer-Straße überqueren. Später zog die Familie um in die Henricistraße, bevor der Bursche dann versuchte, Lehrer zu werden und bald lernte, dass Lehrer sich mit eigenen Meinungen bitteschön zurückzuhalten hätten. “Kommunistische Betätigung” hieß das auch 1919 noch.

Selbstporträt Max Schwimmer. Foto: Leipziger Antiquariat e. k.
Porträt Max Schwimmers. Foto: Leipziger Antiquariat e. k.

Am 9. Dezember nun jährt sich Max Schwimmers Geburtstag zum einhundertundzwanzigsten Mal. Ihm zu Ehren widmen das Leipziger Antiquariat e.K. und der Lehmstedt Verlag just an diesem Tag um 19:30 Uhr in den Räumen des Antiquariats Central W33 dem berühmten Leipziger Künstler eine Veranstaltung mit Vortrag, Lesung und einer begleitenden Ausstellung von Schwimmer-Originalen.

Zu Beginn hält die Kunsthistorikerin und Schwimmer-Expertin Inge Stuhr einen Vortrag zum Leben und Wirken Max Schwimmers. Inge Stuhr war seit 1981 wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellvertretende Direktorin des Museums der bildenden Künste in Leipzig, 1995 bis 2006 Kuratorin des Max-Schwimmer-Nachlasses in der Leipziger Stadtbibliothek und hat dann seit 2010 die Schwimmer-Bücher im Lehmstedt Verlag betreut.

Einen Schwerpunkt legt sie am 9. Dezember insbesondere auf Schwimmers Zeichnungen und Buchillustrationen und auf Schwimmers Verhältnis zu Lindenau. Er verbrachte ja nicht nur seine Kindheit hier, er suchte sich auch später, als er schon eifrig zeichnete und kritisierte, eine Wohnung hier: Mit seiner Frau Eva lebte er 1923 in der Angerstraße. Gelebt hat er auch in Connewitz, Gohlis und später in der Gottschedstraße, als er mal kurz Professor an der Kunstgewerbeschule war, bis er auch hier mit den Vertretern eines vorgestrigen Kunstverständnisses aneinander geriet. Von 1946 bis 1951 war er Professor an der heute so betitelten Hochschule für Grafik und Buchkunst, bevor er dann 1951 als Professor an die Hochschule für Bildende Künste in Dresden wechselte, was er bis 1960 blieb. – Dafür ist er in Lindenau begraben.

In einer anschließenden Lesung von Texten des Leipziger Künstlers bringt der Redner und Darsteller Jörg Maaß die Stimme Max Schwimmers zu Gehör und verleiht der Schwimmer-Hommage eine persönliche Note.

Begleitend werden am 9. Dezember dem Publikum Originale Max Schwimmers präsentiert. Zu sehen sein werden bekannte Werke des Buchgestalters Schwimmer, ergänzt durch Zeichnungen, Briefe, Karten und exklusive Drucke aus dem Spätwerk Schwimmers. Die Originale werden ausschließlich zur Veranstaltung ausgestellt. Schwimmers Buchillustrationen können die gesamte Woche besichtigt werden.

Man kann sich den 9. Dezember also vormerken: 19:30 Uhr im Antiquariat Central W33 in der Georg-Schwarz-Straße 12 in Lindenau. Der Eintritt ist frei.

Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Lehmstedt Verlags und des Leipziger Antiquariats e. K.

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