Noch ein berühmter Leipziger feiert in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag: Christian Gottlob Frege, der Gründer des berühmten Bankhauses, an das heute noch die Fegestraße, die Liviastraße und das Fregehaus erinnern. Das Fregehaus ist in der Katharinenstraße 11 zu finden. Schmiedeeiserne Gitter im Treppenaufgang erinnern noch daran, dass das mal ein Bankhaus war. Zumindest zu Goethes Zeit.

Ab 28. September soll jetzt die Ausstellung „Zwischen Merkur und Fortuna. Christian Gottlob Frege zum 300. Geburtstag“ in der historischen Kundenhalle der Deutschen Bank AG in Leipzig am Martin-Luther-Ring 2 zu sehen sein. Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des Sächsischen Staatsarchivs, des Staatsarchivs Leipzig und der Stadt Leipzig (Dezernat Wirtschaft und Arbeit) im Rahmen der 1000-Jahrfeier der Stadt Leipzig.

Christian Gottlob Frege wurde am 21. November 1715 in Lampertswalde (bei Dahlen) in einer Pfarrersfamilie geboren. Nach der Ausbildung zum Kaufmann gründete er 1739 sein eigenes Handelsgeschäft in der Messestadt, ab 1785 firmierte es als „Frege & Co.“. Unter dem Gründer und seinem gleichnamigen Sohn stieg das Bank- und Handelshaus Frege & Co. zur führenden sächsischen Privatbank auf, die auch im europäischen Rahmen erfolgreich agierte, fasst das Sächsische Staatsarchiv die Bedeutung des Mannes zusammen.

„Christian Gottlob Frege ist das leuchtende Beispiel eines Unternehmers, der als herausragender Vertreter des Leipziger Bürgertums uns heute noch als Vorbild dienen kann. Sein engagiertes Wirken hat Leipzig als Handelsstadt und Bankenzentrum nachhaltig geprägt“, betont Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht.

Wissen wir jetzt, was das für ein Mann war? Noch lange nicht.

Denn Freges Geschichte ist die Geschichte eines Aufsteigers, die sächsische Variante von „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. Nur heißt sie bei ihm: vom Handlungsgehilfen zum Millionär. Denn als der Pfarrerssohn 1728 nach Leipzig kam, besaß er keinen müden Gulden, um eine Bank zu gründen. Also ging er erstmal bei einem Leipziger Gewürzhändler in die Lehre und wurde anschließend erst einmal Handlungsdiener in einer Wechselbank. Wechselbanken waren seinerzeit die Norm in Leipzig, denn all die Händler aus allen Ecken Europas kamen mit lauter verschiedenen Währungen auf die Messe. Damit gehandelt werden konnte, musste gewechselt werden. Und die Leipziger Wechselbanken verdienten dabei gutes Geld. Und Christian Gottlob machte sich dabei augenscheinlich so gut, dass er sich 1739 als Händler mit Trockenfisch und Trockenfrüchten in der Grimmaischen Straße selbstständig machen konnte. Zwei Jahre später hatte er mit den trockenen Fischen so viel Geld verdient, dass er selbst ins Geldwechselgeschäft einsteigen konnte. Die berühmte Frege-Bank begann also ganz klassisch als Wechselbank.

Gleichzeitig scheint er bei der Leipziger Highsociety einen guten Eindruck gemacht zu haben, denn dreimal konnte er Töchter aus reichem Hause heiraten: 1743 Maria Regina Bachmann, 1750 Sophie Wagner, die Tochter des Kreishauptmanns, 1763 Erdmuthe Sophie Winkler. Womit er wohl genug Rücklagen hatte, um auch über Leipzig hinaus zu operieren. 1752 übernahm er die Leipziger Münze. Dasselbe tat er 1763, nachdem die Preußen Leipzig regelrecht geplündert hatten. Und 1764 gehörte er dann zu den Initiatoren der Leipziger Ökonomischen Societät, die eigentlich gegründet wurde, um die Schäden des Siebenjährigen Krieges schnellstmöglich zu überwinden. Aber sie war im Grunde auch die Vorläuferorganisation der IHK.

Das Bankhaus Frege & Co. gehörte bis weit ins 19. Jahrhundert hinein zu den größten Privatbanken Leipzigs und Sachsens. Das Fregehaus in der Katharinenstraße erwarb übrigens erst sein Sohn 1782, ein Jahr nach dem Tod des Gründers, sinnigerweise ebenfalls Christian Gottlob genannt und deshalb mit einer römischen II. unterschieden. Christian Gottlob Nummer III. bekam es dann später mit den finanziellen Folgen der napoleonischen Besetzung zu tun. Und die als Sängerin berühmte Livia (geborene Gerhard) kam dann mit dessen Sohn Richard Woldemar in die Familie. Und dass es heute eine Livia- und eine Fregestraße gibt, hat mit einem der wertvollen Besitztümer der Freges zu tun: der Großen Funkenburg, die sie 1898 verkauften und parzellieren ließen. Da steht heute der größte Teil des Waldstraßenviertels drauf.

Wer also erfahren will, wie alles anfing, kann ab dem 28. September ins Gebäude der Deutschen Bank am Martin-Luther-Ring pilgern.

In der Ausstellung werden erstmals Zeugnisse aus zwei Jahrhunderten Bank- und Familiengeschichte öffentlich präsentiert, darunter Urkunden, Verträge, Briefe, Karten, Geschäftsbücher und vieles mehr. Umfangreiches Bildmaterial sowie Leihgaben aus dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig und aus Privatbesitz ergänzen die Präsentation.

„Das Staatsarchiv Leipzig verwahrt den einzigartigen Archivbestand des Bank- und Handelshauses Frege & Co. sowie vielfältige genealogische Quellen zu dieser bedeutenden Familie“, informiert der Abteilungsleiter im Staatsarchiv, Dr. Volker Jäger. „Die Ausstellung ermöglicht nicht nur eine umfassende Würdigung des Bankiers, sondern für ein breites Publikum auch eine Begegnung mit originalen Zeugnissen der Leipziger Geschichte.“

Zu sehen sind Beispiele für frühe Bankgeschäfte aus den 1740er Jahren, sehenswerte Geschäftsbücher mit Münzabdrücken, die für den Geldwechsel in der Messestadt erforderlich waren, sowie Instruktionen der sächsischen Kurfürsten und Könige, anderer europäischer Herrscher und Kommunen. Insbesondere für die Stadt Leipzig engagierten sich die Freges in besonderer Weise, sei es 1745 bei der Bezahlung der Kontributionen an Frankreich oder 1807 bei der Finanzierung von Krediten. Die Ausstellung zeichnet wichtige Etappen in der Firmengeschichte nach, zeigt die bis nach Amerika reichenden unternehmerischen Aktivitäten und lenkt gleichzeitig den Blick auf die weit verzweigte Familie.

Das Familienwappen: Das Wappen wurde 1770 vom Kaiser Joseph II. verliehen. Die Fichten und die Lampertsnüsse erinnern an den Geburtsort von C. G. Frege (Lampertswalde bei Dahlen). Foto: Sächsisches Staatsarchiv
Das Familienwappen: Das Wappen wurde 1770 vom Kaiser Joseph II. verliehen. Die Fichten und die Lampertsnüsse erinnern an den Geburtsort von C. G. Frege (Lampertswalde bei Dahlen). Foto: Sächsisches Staatsarchiv

Ein neu erarbeiteter Stammbaum macht die Verbindung von Unternehmen und Familie deutlich. Anhand der Heiratsbeziehungen wird die Vernetzung innerhalb der Leipziger Bürgerschaft aufgezeigt. Dabei spielten auch öffentliche Ämter und das soziale Engagement der Bankbesitzer, wie z. B. als Mitglieder der Gesellschaft der „Vertrauten“, eine Rolle.

Am 10. Juni besuchte übrigens Valerie Wetzel in Vorbereitung der Ausstellung in Begleitung ihres Sohns, Rechtsanwalt Hubertus Wetzel, das Staatsarchiv Leipzig. Die 1921 in Leipzig geborene Helene Valerie Wetzel geb. Frege ist die Tochter von Christian Herbert Frege (1878-1946), dem letzten Eigentümer des Bankhauses „Frege & Co.“. Im Staatsarchiv wird der überregional bedeutsame Archivbestand „21021 Frege & Co., Handels- und Bankhaus, Leipzig“ verwahrt, den die Familie bereits häufig mit Interesse nutzte.

„Ich freue mich, dass wir für diesen herausragenden Archivbestand endlich auch ein zeitgemäßes Findmittel zur Verfügung stellen können“, betonte Dr. Volker Jäger. Es enthält die Verzeichnungsangaben zu fast 1.400 Akten, Urkunden, Karten und Druckschriften aus der Tätigkeit des Bankhauses einschließlich zahlreicher Unterlagen zur weit verzweigten Familie aus dem Zeitraum 1700 – 1950. Der Bestand ist auch über die Homepage des Staatsarchivs online recherchierbar
(http://www.archiv.sachsen.de/cps/bestaende.html?oid=09.21&file=21021.xml).

Thema des Besuchs war natürlich der 300. Geburtstag des Firmengründers Christian Gottlob Frege (1715-1781) in diesem Jahr. Nach der Schließung des Bankhauses aufgrund der „Verordnung über die Gründung der Sächsischen Landesbank und die Abwicklung der bisher bestehenden Banken und sonstigen Geldinstitute“ vom 14. August 1945 gelangten die Unterlagen in mehreren Etappen aufgrund der damaligen Rechtsvorschriften in das Staatsarchiv Leipzig. Seit 1957 ermöglichte eine handschriftliche Findkartei die Benutzung. Der Bestand spiegelt die herausragende Stellung des Unternehmens im sächsischen und europäischen Rahmen wider und wird überdurchschnittlich für Fragen der Wirtschafts-, Regional-, Geldgeschichte und Genealogie genutzt.

Die Ausstellung in den Räumen der Deutschen Bank wird bis zum 17. November zu besichtigen sein (Öffnungszeiten: Mo/Di/Do 9:30-18:00 Uhr, Mi/Fr 9:30-16:00 Uhr). Der Eintritt ist frei. Zu öffentlichen Führungen lädt das Staatsarchiv am 29. September und am 10. November, jeweils 16:00 Uhr, ein. Ab Dezember wird die Ausstellung in den Räumen des Staatsarchivs Leipzig in der Schongauerstraße 1 (Leipzig-Paunsdorf) gezeigt werden.

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