Man kann ja ein bisschen durcheinander kommen. Immer näher rückt der 31. Oktober 2017 und damit der 500. Jahrestag von Luthers Thesenanschlag. Damit auch der Höhepunkt der Lutherdekade. Und ein wichtiges Projekt in diesem Jubiläum ist die Schaffung des großen mitteldeutschen Lutherweges. 550 Kilometer lang wird er allein auf sächsischem Gebiet, 18 Kilometer davon in Leipzig. Und dieses Teilstück des Lutherweges wird am Sonntag, 25. Mai, offiziell mit der Feier zu 475 Jahre Reformation eröffnet.
Natürlich ist die eigentliche Reformation etwas älter. Aber Sachsen – zumindest der herzogliche Teil – kam ja bekanntlich erst nach dem Tod Georg des Bärtigen im Jahr 1539 zu jenen Fürstentümern, in denen die Reformation eingeführt wurde. Auch wenn Wittenberg quasi vor der Haustür lag und die Leipziger Disputation von 1519 Luther praktisch die große Bühne verschaffte, um seine Thesen offiziell zu verteidigen. Was den bärtigen Georg aber doch nicht überzeugte. Die Leipziger mussten noch 20 Jahre warten, bis Herzog Heinrich auf seiner Huldigungstour auch in Leipzig ankam und hier ganz offiziell den Wechsel vom alten Glauben zur neuen Lehre verkündete.
Am 24. Mai 1539 predigte Luther in der Pleißenburg, tags drauf war seine große Predigt in der Nikolaikirche geplant. Doch da fühlte sich Luther körperlich so schwach, dass er sich vertreten lassen musste. Erst am Nachmittag des 25. Mai fand er die Kraft, in der Thomaskirche zu predigen. Ein Ereignis, über das es nur eine Handvoll sicherer Erkenntnisse gibt “und jede Menge Geschichten, bei denen man nicht so recht weiß, was daran stimmt”, fasst Superintendent Martin Henker zusammen, was diesen Tag so lebendig macht in der Erinnerung der Leipziger.
Rappelvoll scheint die Thomaskirche gewesen zu sein, so voll, dass möglicherweise einige Leipziger versuchten, durch die Fenster etwas von der Predigt mitzubekommen. Aber gab es auch die eingeschlagenen Fensterscheiben?
Fest steht, dass dieser 25. Mai 1539 der Tag der offiziellen Einführung der Reformation in Leipzig war. Und das wird natürlich gefeiert. Am Samstag, 24. Mai, geht es schon los. Da gibt es ökumenische Abendgebete in der Nikolaikirche, der Gnadenkirche Wahren und den Kirchen von Wiederitzsch und Podelwitz.
Richtig gefeiert wird dann am Sonntag, 25. Mai, um 10:00 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Nikolaikirche. Zur Predigt eingeladen ist Landesbischof Jochen Bohl, an der Orgel spielt Nikolaikantor Jürgen Wolf und auch der Thomanerchor Leipzig wird singen – wenn auch ohne den erkrankten Thomaskantor Georg Christoph Biller.
Danach sollte man ruhig da bleiben. Denn an der Pforte der Nikolaikirche werden Landesbischof Jochen Bohl und Leipzigs OBM Burkhard Jung gegen 11:30 Uhr ganz offiziell den Leipziger Abschnitt des Lutherweges eröffnen. Anders als auf den restlichen 532 Kilometern auf sächsischem Territorium wird er nicht extra mit Wegweisern und Vignetten ausgeschildert. Es wird zwei Hinweistafeln geben, jeweils an der Gemarkungsgrenze zu Markkleeberg und Plaußig, wo der Lutherweg offiziell auf Leipziger Flur stößt und an denen die ankommenden Pilger das Wichtigste zu Leipzig als Lutherort erfahren.
Die wichtigsten Anlaufpunkte stehen sowieso alle in der Innenstadt, innerhalb der alten Stadt, die Luther noch kennenlernte. Schon vor 1519. Denn in Leipzig wurden ja die Schriften des Professors aus Wittenberg gedruckt. Sein Buchdrucker war auch gleichzeitig einer seiner besten Freunde in der Stadt: Melchior Lotter, dessen Druckerei in der Hainstraße stand, dort, wo heute das “Hotel de Pologne” steht. Befreundet war Luther auch mit Prof. Stromer von Auerbach, dem Mann, dem Auerbachs Hof gehörte. Hier kehrte er immer wieder ein. Auch später auf seiner Flucht als “Junker Jörg”.
Logischerweise gehört Auerbachs Keller heute neben der Nikolaikirche und der Thomaskirche zu den Stationen des Lutherwegs in Leipzigs. Hier kann, wer sich auf die “spirituelle Wanderschaft” macht, seine Stempel abholen. Denn der Lutherweg hat jetzt – wie andere Pilgerwege auch – einen Stempel mit dem dicken, stilisierten “L”. Man bekommt ihn an jenen Stationen, an denen auch sieben Tage in der Woche jemand angetroffen werden kann, der den Stempel aushändigen kann. Neben den drei genannten Orten sind es noch der “Thüringer Hof”, der der Legende nach auch mit einem Lutheraufenthalt in Verbindung gebracht wird, und im Alten Rathaus. Man bekommt ihn nicht in der neuen Paulinerkirche. Immerhin hat Luther 1545 die alte Paulinerkirche als neue Universitätskirche geweiht. “Wir wüssten nicht, wie man hier das Stempelsystem an allen sieben Tagen organisieren könnte”, sagt Martin Henker.
Und auch am Burgplatz bekommt man ihn nicht, denn vom alten herzoglichen Schloss, wo Luther 1519 disputierte und 1539 predigte, ist ja keine Spur geblieben.Aber wie findet der Pilger hin zu den Lutherstädten?
Zusätzlich zur großen Faltkarte “Lutherweg in Sachsen” gibt es jetzt auch ein Extra-Faltblatt “Der Lutherweg in Leipzig”, der die Luther-Wanderer nicht nur zu den fünf Stempelstellen führt, sondern auch zu zwölf weiteren Orten, die etwas mit Luther zu tun haben. Auch wenn zu Punkt 6, der Pleißenburg / Neues Rathaus, die selbe falsche Legende erzählt wird: “Das imposante Gebäude wurde 1905 auf den Grundmauern der 1547 zerstörten alten Pleißenburg errichtet …”
Womit wohl garantiert ist, dass sich diese falsche Legende nun auch wieder 500 Jahre hält. Das Neue Rathaus wurde zwar auf den Grundmauern der 1899 / 1900 abgerissenen Pleißenburg errichtet. Aber zum Bau der Pleißenburg bezog Hieronymus Lotter ab 1549 nicht nur das Areal des alten herzoglichen Schlosses ein, sondern auch das des Georgenklosters. Da, wo heute das Neue Rathaus steht, muss man sich das Georgennonnenkloster vorstellen. Das alte Schloss erstreckte sich hauptsächlich auf dem Gelände des Stadthauses und des Bauwenshauses, reichte bis zum Juridicum, wo die Burgstraße zu Luthers Zeiten als Sackgasse endete: Die Burgstraße führte direkt aufs Tor des alten Schlosses zu.
Im Straßenbild ist der Lutherweg auch schon präsent: An den Wegweisern sind alle Orte, die mit dem Lutherweg verbunden sind, jetzt mit einem dicken schwarzen “L” markiert.Einen Teil des Leipziger Lutherweges will die Festgemeinde am Sonntag schon mal abschreiten. “Wir werden gemeinsam von der Nikolaikirche über die Mädlerpassage und den Thüringer Hof laufen”, kündigt Thomaspfarrerin Britta Taddiken an. Auf dem Thomaskirchhof geht die Feier dann weiter. So ab 12:30 Uhr gibt es ein kleines Programm und die Kurrende der Thomaskirchgemeinde singt unter Leitung von Maria Leistner. Hier gibt es dann als nächsten Höhepunkt die Vorstellung des neuen Journals “Orte der Reformation: Leipzig”. Es ist Band 15 der ambitionierten Heftreihe, die die Evangelische Verlagsanstalt (Verlagssitz: Thomaskirchhof) 2011 gestartet hat und die – wenn 2017 alles beisammen ist – rund 30 Titel zu 30 Orten der Reformation vereinen wird.
Die Evangelische Verlagsanstalt hat auf dem Thomaskirchhof genauso einen Info-Stand wie der Luther-Melanchthon-Denkmal e.V., der für die Wiedererrichtung dieses Denkmals kämpft, das bis zum 2. Weltkrieg auf dem Johannisplatz stand, und das Tourismusmanagement Lutherweg Sachsen, das zum Lutherweg informiert.
Leipzig feiert also schon mal vor, denn die Eröffnung des ersten Abschnitts des sächsischen Lutherwegs selbst ist erst am 4. Juni.
Das Programm am Vorabend, Sonnabend, 24. Mai
(mit ökumenischen Abendgebeten in vorreformatorischen Kirchen, mit katholischen Partnern und einer anschließenden kleinen Feier)
17:30 Uhr Kirche Podelwitz: Ökumenisches Abendgebet. Pfarrerin Dorothea Arndt (Ev.-Luth. Kirchgemeinde Podelwitz-Wiederitzsch) und Pfarrer Michael Poschlod (Katholische Pfarrei St. Klara Delitzsch)
18:00 Uhr Nikolaikirche: Ökumenisches Abendgebet. Einladung der Propsteigemeinde, Gemeindechor
18:00 Uhr Gnadenkirche Wahren: Ökumenisches Abendgebet
19:00 Uhr Kirche Wiederitzsch: Ökumenisches Abendgebet. Pfarrerin Dorothea Arndt (Ev.-Luth. Kirchgemeinde Podelwitz-Wiederitzsch) und Pfarrer Benno Kosmala (Katholisches Pfarramt St. Gabriel Wiederitzsch)
Das Festprogramm am 25. Mai
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Pfingsten 1539: Reformatorische Zeitenwende in Leipzig
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Der Lutherweg in Sachsen nimmt Gestalt an …
10:00 Uhr Nikolaikirche: Festgottesdienst. Predigt: Landesbischof Jochen Bohl. Nikolaikantor Jürgen Wolf, Orgel. Thomanerchor Leipzig. Kurrenden der Thomaskirche.
11:30 Uhr Nikolaikirche: Eröffnung des Leipziger Abschnitts auf dem sächsischen Lutherweg durch OBM Burkhard Jung und gemeinsamer Weg ausgehend von der Nikolaikirche über einige Stationen des Lutherwegs (Altes Rathaus, Auerbachs Keller, Thüringer Hof, Thomaskirche)
12:30 Uhr Thomaskirchhof: Imbiss, Vorstellung des Leipziger Heftes in der Schriftenreihe “Orte der Reformation”
13:00 Uhr Thomaskirchhof: Lieder und gemeinsames Singen mit den Kurrenden der Thomaskirche
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