Pünktlich zum 70. Todestag der Komponistin, Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Ethel Smyth (1858-1944) gelang es der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, 57 von einem Londoner Antiquariat angebotene Briefe zu erwerben, die Smyth während ihrer Studienzeit am Konservatorium an ihre Mutter schrieb. Am Donnerstag, 8. Mai, lädt die Hochschule zu einem Gedenkkonzert mit Lesung und Ausstellung ein.
Am Donnerstag, 8. Mai, um 19.30 Uhr werden die Dokumente im Rahmen eines Gedenkkonzerts mit Lesung und Ausstellung im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik und Theater Leipzig der Öffentlichkeit präsentiert.
Ethel Smyth wurde 1858 als Tochter eines Generalmajors in Sidcup nahe London geboren. Allen Erwartungen ihres Umfelds zum Trotz entschied sie sich gegen eine Heirat und ein etabliertes gesellschaftliches Leben und verfolgte stattdessen die Laufbahn einer Komponistin – ein Weg, auf dem sie über Jahrzehnte mit Vorurteilen und Benachteiligungen konfrontiert wurde.
Dass der Weg zu Anerkennung und Ruhm für Frauen deutlich steiniger sei als für Männer, war ihr von Anfang an klar. Ethel Smyth (1858-1944) hat sich dennoch von ihrem Ziel, Komponistin zu werden, nicht abbringen lassen und kam 1877 voller Elan nach Leipzig, um am dortigen Konservatorium ein Musikstudium aufzunehmen. Aus dieser Zeit stammen die 57 Briefe. Die Sonntag für Sonntag entstandenen, eng gefüllten Seiten berichten lebhaft von kulturellen Ereignissen in Leipzig, von Reisen zum Beispiel nach Dresden und Weimar, vom Leben in den gehobenen bürgerlichen Familien, in denen Smyth wie selbstverständlich verkehrte, vom Unterricht am Konservatorium, über eigene Kompositionsvorhaben und immer wieder auch über Alltägliches.
So erfährt der Leser Details über die Weihnachtsbräuche der Verlegerfamilie Brockhaus, über für eine junge Engländerin absonderliche deutsche Wurstdelikatessen, über die Wasserqualität in Leipzigs öffentlichem Schwimmbad. Ausführlich geht Smyth auf Begegnungen mit Clara Schumann, Johannes Brahms und der Schauspielerin Marie Geistinger ein. Trotz aller Begeisterung für das Kulturleben, an dem sie intensiv teilnahm, dokumentieren die Briefe deutlich Smyths kritische Sicht auf hier vorherrschende Rollenverteilungen, die sie für sich selbst nicht akzeptierte.Ethel Smyth legte unter anderem zahlreiche Lieder und Kammermusikwerke, eine Messe sowie sechs Opern vor. Smyths schriftstellerisches Oeuvre umfasst unter anderem Autobiographisches, Biographisches, Reiseberichte aber auch ein Buch über Hunde und zeugt damit von Smyths breiten Interessen und vielfältigen Leidenschaften.
In den Jahren 1911 bis 1913 engagierte sich Ethel Smyth aktiv in der britischen Frauenrechtsbewegung. Aus dieser Zeit stammt ihr berühmter March of the Women. Nach Ausschreitungen wurde sie verhaftet und verbrachte einige Zeit im Gefängnis.
Später erhielt sie von George V. den Titel einer Dame Commander of The Order of the British Empire. Drei britische Universitäten verliehen ihr die Ehrendoktorwürde. Smyth starb am 9. Mai 1944 in Woking (Surrey).
Die finanziellen Mittel für den Erwerb der Briefe wurden durch eine erfolgreiche Patenschaftsaktion zusammengetragen (www.hmt-leipzig.de/ethel-smyth). Bisher unterstützten mehr als 45 Patinnen und Paten aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz, die sich wohl aus unterschiedlichsten Gründen für die Komponistin, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, Gefährtin, Alumna und “Leipzigerin” des späten 19. Jahrhunderts begeistern, das Projekt.
Gedenkkonzert, Lesung und Ausstellung finden am Donnerstag, 8. Mai, ab 19.30 Uhr im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik und Theater Leipzig (Grassistraße 8) statt.
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