Einem gewissen Ernst Karl Erdmann Heine (1819 - 1888) wurde eine weitere Ehrung zuteil. An der Kreuzung Karl-Heine-Straße/Merseburger Straße auf Lindenauer Seite befindet sich eine Erläuterungstafel. Angeregt hat die Aktion das Ökumenische Kirchencafe an der Liebfrauenkirche. Der Text lobt Heine als "Industriepionier des Leipziger Westens". Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, wissen wir von Hermann Hesse. Der viel gerühmte Schriftsteller gehörte zu den Jubilaren dieses Jahres. Vor 50 Jahren starb er.
Ernst Karl Erdmann Heine, Anwalt und Unternehmer allhier, hingegen gehört nicht zu den Jubilaren der Saison. Gleichwohl hielten es Lindenauer Geschichtsinteressierte um Angelika Pohler vom Ökumenischen Kirchencafe und die Arbeitsgemeinschaft Völkerschlacht Leipzig-Lindenau für angezeigt, dem “Vater des Leipziger Westens” eine weitere Ehrung zukommen zu lassen. Heine ist die Figur des Anfangs für den Leipziger Westen, der eher mit der Weißen Elster, denn mit der Pleiße zu tun hat.
Seit dem 9. November 2012 ziert nun eine Zusatztafel das Straßenschild der Karl-Heine-Straße. “Ernst Karl Erdmann Heine: 1819-1888; Rechtsanwalt und Unternehmer, Abgeordneter im Leipziger Stadtrat, Sächsischen Landtag und Deutschen Reichstag, Industriepionier des Leipziger Westens” steht darauf.
Als Standort des Schildes wurde die Kreuzung Karl-Heine-Straße/Merseburger Straße ausgewählt. Das hat besonderen Charme, weil sich unweit dieser Kreuzung, in der Merseburger Straße, die heutige Karl-Heine-Schule befindet. Ein berufliches Schulzentrum der Stadt Leipzig, das etwa zu Heines Pionierzeiten entstand. Weil wirtschaftlicher Erfolg von Unternehmen zu einem wichtigen Teil auf der beruflichen und allgemeinbildenden Ausbildung ihrer Fachkräfte beruht.
Schule wie Erläuterungstafel befinden sich beide auf Lindenauer Gemarkung. Das scheint wie ein kleiner Ausgleich dafür, dass Heine zumeist mit der Westvorstadt, Plagwitz und seinem späteren Wohnsitz Schleußig verbunden wird.
Die Erläuterungstafel ist ein Ergebnis der intensiven Beschäftigung der Geschichtsenthusiasten um Angelika Pohler mit Karl Heine und der frühen Blütezeit des Leipziger Westens. Seit Oktober 2012 läuft bereits die zweite Jahresausstellung zu dieser Thematik in den Räumen des Kirchencafes in der Karl-Heine-Straße 110.
Das Geld für das Schild steuerte der Lindenauer Autohändler Klaus Zimmermann bei. Für die floristische und kulinarische Umrahmung der Tafel-Einweihung sorgten mit Blumen-Schubert und der Konditorei Crüssmann zwei weitere ortsansässige Gewerbetreibende.
Angelika Pohler lobte bei der Einweihung Heine nochmals als “Vater des Leipziger Westens”, als technikbegeisterten Industriegründer, als Mitglied im Verein deutscher Ingeniere VDI, als Aufsichtsrat der Leipziger Hypothekenbank, als Mitbegründer des Plagwitzer Bauvereins, als Eisenbahn- und Wasserpionier und als Visionär der Wasserstadt Leipzig. Gegen den Willen der Leipziger Stadtverwaltung und auf eigene Kosten betrieb Heine den Bau der Verbindungsstraße samt Elsterbrücke zwischen Leipzig und der Gegend um den heutigen Plagwitzer Bahnhof im Zuge der heutigen Käthe-Kollwitz und Karl-Heine-Straße.
Zudem war Heine Freimaurer in der Loge Apollo. Das gab ihm wohl die geistige und religiöse Freiheit, den Katholiken in der Stadt nach Jahrhunderten wieder die Möglichkeit zum Bau sichtbarer und stadtbildprägender, eigener Gotteshäuser zu ermöglichen. So geschehen in der Westvorstadt und in Lindenau in Gestalt der Liebfrauenkirche.
Schließlich begriff sich Heine auch als Citoyen, der sich als Leipziger Stadtverordneter, sächsischer Landtagsabgeordneter und Reichstagsmitglied politisch engagierte. Den Quellen zufolge wandte er sich gegen das Verbot der Organisationen der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung ab 1878 und trat für eine Vermögenssteuer ein. Mit letzterem ist Karl Heine bis heute in Deutschland ein Visionär geblieben.
Doch schauen wir noch einmal in die “Stufen” von Hesse. “Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern”, heißt es dort nach den schon lange geflügelten Worten von dem Zauber des Anfangs. Und etwas später: “Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.”
Dem zeitlebens auf Fortschritt und Veränderung bedachten Heine hätten solche Zeilen sicher gefallen. Und dem Leipziger Westen als Stadtquartier, das sich gerade wieder neu erfindet, stehen sie gut zu Gesicht.
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