Um "Sprache und Frieden" geht es bei den vierten Hubertusburger Friedensgesprächen vom 21. bis 23. September 2012. Ideologische Vorbereitung, Begleitung und Heroisierung von Krieg dürfe in unserem Sprachgebrauch nicht stattfinden, sagt Dr. Susanne Hahn vom Freundeskreis Schloss Hubertusburg. Ein L-IZ-Interview - auch mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2013.

Frau Hahn, zum nunmehr vierten Mal finden vom 21. bis 23. September 2012 die Hubertusburger Friedensgespräche statt. Welche Anliegen verbinden Sie mit dieser Veranstaltungsreihe?

Wir wollen das Schloss Hubertusburg entsprechend seiner historischen Bedeutung als Ort eines Friedensschlusses 1763 nach dem Siebenjährigen Krieg bewusst machen und auch weiter als Ort des Friedens nutzen. Oft fühlt man sich ohnmächtig und weiß als Einzelner nicht, welchen konkreten Beitrag man für den Frieden leisten könnte. Hier kann man sich einbringen, um Friedenssignale auszusenden, die mittlerweile in Deutschland und Europa wahrgenommen werden.

In diesem Jahr geht es um das Thema “Sprache und Frieden”. Welche Aspekte wollen Sie besonders beleuchten?

Es geht zum einen um eine Analyse der Sprache, die Frieden schaffen und sichern hilft sowie zu konstruktiver Konfliktlösung beiträgt. Darin sind auch nonverbale Kommunikationsformen und die Sprache der Künstler eingeschlossen.

Zum anderen geht es um eine Enttarnung ideologischer Mechanismen in der Sprache, die Kriege vorbereiten hilft, begleitet oder ihre Schrecken verschleiert beziehungsweise gar heroisiert. Das muss hellhörig machen und darf im eigenen Sprachgebrauch nicht stattfinden.

Sie schlagen als Veranstalter in diesem Jahr inhaltlich einen weiten Bogen von Immanuel Kants Schrift “Vom ewigen Frieden” aus dem Jahr 1795 bis zum Wirken des vierten deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt, Friedensnobelpreisträger von 1971. Worauf kam es Ihnen bei der Auswahl der Themen besonders an?

Ein wichtiges konzeptionelles Anliegen – die Interdisziplinarität, das Miteinander und die Gespräche kluger Menschen sehr unterschiedlicher beruflicher Herkunft und geistiger Grundhaltung – gibt den Friedensgesprächen ein besonderes Gepräge, das über eine rein wissenschaftliche Veranstaltung hinausgeht. So haben wir teils gezielt bestimmte Referenten angesprochen, aber auch gern spontane Vortragsmeldungen zum Thema “Sprache und Frieden” angenommen und zusammengestellt, um möglichst viele seiner Facetten zu berühren und – wenn man dieses Bild benutzen darf – daraus einen funkelnden Diamanten zu schleifen.

Sie verleihen im Rahmen der Friedensgespräche den Hubertusburger Jugendfriedenspreis. Welche Bemühungen wollen Sie damit fördern?

Ursprünglich und bis heute sind die Referenten und das Publikum der Friedensgespräche älter. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass oft erst dann die innere und äußere Ruhe gegeben sind, um sich mit Themen jenseits des stressigen Berufs- und Familienalltags zu beschäftigen.

Aber der Frieden kann natürlich weder allein im Interesse alter Menschen liegen, noch von ihnen allein geschaffen werden. Und so haben wir eine Möglichkeit gesucht, auch Jugendliche für ein Friedensengagement zu interessieren und der Jugend gemäß umzusetzen.
Zum eigentlichen historischen Anlass. Nicht nur, weil der Friedensschluss zwischen Österreich, Preußen und Sachsen kein Vertrag unter drei Gleichen war: Welchen Stellenwert messen Sie dem Hubertusburger Frieden aus sächsischer Perspektive bei?

Obwohl Sachsen von diesem Krieg überrollt und als Aufmarschgebiet der Preußen genutzt wurde und es letztlich eigentlich keine Sieger in diesem Krieg gab, sondern alle verloren, hat Sachsen enorme menschliche und ökonomische Verluste hinnehmen müssen.

Für mich ist es wichtig, dass Sachsen nicht Durchhalteparolen verfallen ist, sondern den Mut hatte, den Friedensschluss in Gestalt des Freiherrn Thomas von Fritsch (1700 – 1775) konsequent anzubahnen und schließlich zum Erfolg zu führen. Damit konnte auch Sachsen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in dringend notwendige Reformen eintreten.

Während in und um Leipzig 2013 das Doppeljubiläum von Völkerschlacht und Völkerschlachtdenkmal begangen wird, wollen Sie an das 250jährige Jubiläum des Hubertusburger Friedens erinnern. Welche Verbindungslinien können aus Ihrer Sicht zwischen beiden Ereignissen gezogen werden?

Für mich ist es fast unvorstellbar, dass nur 50 Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg erneut so ein viele Nationen umfassender Krieg stattfinden konnte. Aber das hat sich ja im 20. Jahrhundert mit den beiden Weltkriegen und jetzt mit immer wieder neuen Kriegen in Nah- und Fernost wiederholt.

Wermsdorf mit Schloss Hubertusburg war in alle diese großen Kriege einbezogen. Im Siebenjährigen Krieg wurde es geplündert und verlor seine Bedeutung als Residenz der Wettiner. In der Völkerschlacht war es Lazarett: Transporte von Verwundeten auf Pferdekarren kamen aus Leipzig hier an, und das Franzosengrab in einem nahen Wäldchen erinnert an deren Schicksal.

Ich denke, solche erschreckenden Traditionslinien in Erinnerung zu halten und in der Realität zu stoppen, ist ein wichtiges Vermächtnis.

Welche Höhepunkte stehen 2013 in Hubertusburg auf dem Programm?Während bisher die Initiativen zur kulturellen Belebung des Schlosses überwiegend vom “Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V.” ausgingen, werden sich die Gemeinde Wermsdorf, vor allem auch verschiedene sächsische Staatsministerien und der Bund in das Gedenken an den Hubertusburger Frieden einbringen.

So wird am 15. Februar 2013 eine Sonderbriefmarke zum Hubertusburger Frieden erscheinen. Vom 27. April bis 5. Oktober 2013 wird im Schloss eine von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden verantwortete Sonderausstellung stattfinden, die höfisches Leben und die Jagd Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt, wie sie von Schloss Hubertusburg ausgingen, aber auch dann die Kriegsereignisse mit der Plünderung des Schlosses und 1763 mit dem Hubertusburger Frieden beleuchtet.

Noch viele weitere Überraschungen wird es geben, die Interessierte dann dem Internet oder der Presse entnehmen können.

Der Hubertusburger Frieden beendete zugleich die sächsisch-polnische Union. Schlimmer noch: Unter den neuen Machtverhältnissen in Mittelosteuropa zerschlugen Österreich, Preußen und Russland alsbald den polnischen Staat und teilten ihn unter sich auf. Inwieweit wird dieser Aspekt 2013 eine Rolle spielen?

Tatsächlich haben wir von Anfang an Verbindung zu polnischen Wissenschaftlern und Kulturinstitutionen gesucht und sehr gute Referate und künstlerische Beiträge von ihnen bekommen, unter anderem vom Polnischen Institut in Leipzig oder von der Hochschule in Zittau.

Durch Krankheit kann leider unser polnischer Referent, der gewiss Wichtiges zu sagen gehabt hätte, nicht teilnehmen. Aber Sie können sicher sein, dass für das kommende Jubiläumsjahr neue Verbindungen nach Polen geknüpft werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Terminhinweis: “Hubertusburger Frieden – ewiger Frieden?”, 4. Hubertusburger Friedensgespräche “Sprache und Frieden”, Kolloquium vom 21. bis 23. September 2012 im Schloss Hubertusburg, Wermsdorf

www.freundeskreis-hubertusburg.de

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