Ein Beutel mit 50 Gulden wechselte am Freitag vor dem Neuen Rathaus den Besitzer. Als Vertreter der Obrigkeit übergab Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller einem gewissen Martin Luther die Summe. Historisch verbürgt, finanzierte so Sachsens Kurfürst Friedrich der Weise 1512 dem hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler die Promotion.
Leipzigs Erster Bürgermeister und Verwaltungsdezernent Andreas Müller gab sich am Freitag spendabel. Dem Kandidaten der Theologie Martin Luther überreichte er einen Beutel mit 50 Gulden, mit denen dieser in der nahen Universitätsstadt Wittenberg die Unkosten seiner Promotion einschließlich der Promotionsfeier decken soll.
Und das alles, obwohl in Leipzig seit Anfang Juli 2012 zur Beförderung des Haushaltsausgleichs wieder einmal eine Haushaltssperre gilt. Jede Einzelausgabe kann deshalb vom Kämmerer geprüft und im Zweifel gestoppt werden.
Doch es war ja nur eine symbolische Szene. Die Gulden waren keine echten, also auch keine wertvollen historischen Münzen. Die runden Silberlinge, die Müller übergab, waren Prägungen zum 100jährigen Jubiläum des Neuen Rathauses.
Auch Martin Luther war eigentlich gar nicht der berühmte Kirchenerneuerer. Denn der lebte zwischen 1483 und 1546. Der Wittenberger Bernhard Naumann gab wieder einmal seine Paraderolle als Luther-Darsteller.Grund der Geldübergabe in aller Öffentlichkeit: Anno Domini 1512 wurde der damalige Augustinermönch Martin Luther in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert.
Promovieren kostet Geld. Das war hierzulande auch schon vor 500 Jahren so. Geld, das der Mönch Luther nicht hatte. Deshalb ließ Sachsens Kurfürst Friedrich der Weise (1463 – 1525) den hoffnungsvollen Nachwuchswissenschaftler die nötige Summe aus der Hofkasse ausbezahlen. Wissenschaftsförderung sei in Sachsens damals wie heute ein hohes Anliegen, erläuterte Bürgermeister Müller am Freitag.
Nun gab es damals ja zwei Sachsen unter wettinischer Herrschaft. Seit der Leipziger Teilung 1485 bestanden das ernestinische Kurfürstentum mit Sitz in Wittenberg samt der dortigen Universität und das albertinische Herzogtum mit Sitz in Dresden und Landesuniversität in Leipzig. Doch offenbar unterhielten die unabhängig voneinander regierenden Vettern in der damaligen Pleißenburg mit der Hofkasse eine gemeinsame Behörde.Den Gang zur Leipziger Hofkasse und dann in die Schlosskirche der Universitätsstadt Wittenberg stellten Bernhard Naumann und seine Begleiter am 1. September 2012 nach. Verbürgt ist für die historische Stipendienvergabe der 9. Oktober 1512. Doch dieser 9. Oktober ist in Leipzig mit dem Lichtfest ja schon anderweitig besetzt.
Es luthert eigentlich immer mächtig in Mitteldeutschland. Der Kirchenerneuerer Martin Luther hat als touristisches Zugpferd in Sachsen-Anhalt und Thüringen immer Konjunktur. Im Jahre 2017 dann feiern die Region und die protestantische Christenheit die 500. Wiederkehr des Thesenanschlages Luthers in Wittenberg. Dieser Aufruf zur Reform des Glaubensverständnisses und der Kirche markiert bis heute den Beginn der Reformation.
Begleitung auf dem Weg erhält Wandersmann Luther in diesem Jahr von Wittenbergs Bürgermeister Torsten Zugehör. Er gibt Johann von Staupitz (1465 – 1524), den Lehrer und Beichtvater Luthers am Erfurter Augustinerkloster. Rainer Schulz spielt einen singenden Fahrensmann und dabei Lieder zur Laute.
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Luther alias Naumann lädt schon mal alle ein, sich auf den Weg zu machen in die Stadt des großen Jubiläums 2017. Zuvor wagte der Kandidat der Theologie schon mal die Vorausschau, dass er für die Wiedergewinnung der reinen Lehre wohl Thesen schreiben werden müsse. Und dazu auch in Leipzig zu disputieren haben werde. So kam es dann ja später auch.
Und zu Pfingsten 1539 konnte Luther dann auch im albertinisch regierten Leipzig nach seiner neuen Lehre predigen. Damit wurde auch im Herzogtum Sachsen, wie zuvor bereits im Kurfürstentum, die protestantische Konfession die prägende.
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