Mit einer Gedenkfeier würdigt der Erich-Zeigner-Haus-Verein am Montag, 9. Juli, das Leben von Johanna Landgraf. Die enge Mitarbeiterin von Leipzigs großem Nachkriegs-Oberbürgermeister Erich Zeigner verstarb im Vormonat im Alter von 103 Jahren. "Eine kleine ?große' Persönlichkeit ist von uns gegangen", sagt Vereinschef Frank Kimmerle.

Die Szene hat sich Frank Kimmerle bis heute tief in sein Gedächtnis eingegraben: Eines Morgens kam er in das Erich-Zeigner-Haus in der Zschocherschen Straße 21. “Johanna war aufgeregt”, schildert Kimmerle, der Vorsitzender des Erich-Zeigner-Haus-Vereins ist, die Situation. Komm mit, ich muss Dir unbedingt etwas zeigen, habe Johanna Landgraf zu ihm gesagt.

Auf dem Wohnzimmertisch der bis ins hohe Alter engagierten Frau lag ein Zeitungsausschnitt mit dem Bild von Jochen Leibel. “Guck mal der – das ist der Jochen, mein Patenkind. Ihn und seiner jüdischen Mutter Käthe habe ich das Leben gerettet”, gibt Kimmerle die damaligen Worte der jüngst Verstorbenen wieder. Mit dieser Aussage war zum ersten Mal für den Verein fassbar geworden, welchen Stellenwert Johanna Landgraf im Leipziger Widerstand hatte, betont Kimmerle.

Johanna Landgraf lebt nicht mehr. Am 3. Juni 2012 verstarb sie im Alter von 103 Jahren in einem Seniorenheim der Leipziger Volkssolidarität.”Eine kleine ?große’ Persönlichkeit ist von uns gegangen”, sagt Vereinschef Frank Kimmerle. Für Montag, 9. Juli, hat der Verein eine Gedenkfeier organisiert. An der stillen Feier im Erich-Zeigner-Haus wird nach den Angaben von Kimmerle auch Jochen Leibel teilnehmen. Jener jüdische Junge, den Johanna Landgraf gemeinsam mit dessen Mutter Käthe 1943 vor der Mordmaschinerie der Nationalsozialisten versteckte. Johanna Landgraf sorgte mit dafür, dass Käthe und Jochen Leibel außerhalb Leipzigs unterkommen konnten und das NS-Regime überlebten.

“Als sie einmal gefragt wurde, wieso sie ihr Leben für andere riskiert hat, gab sie zur Antwort: Weil das meine Freunde waren”, erzählt ein bewegter Frank Kimmerle. In dem Projekt “Eine stille Heldin” zeichneten Schüler der Leipziger 20. Mittelschule im Jahr 2007 diesen Lebensabschnitt von Johanna Landgraf nach.

“Johanna Landgraf, besonders geprägt durch ihr großes Vorbild Erich Zeigner, wird nicht nur der Leipziger Linken, sondern vielen Leipzigerinnen und Leipzigern als mutige und selbstlose Antifaschistin sowie streitbare Sozialistin für immer in verpflichtenden Erinnerung bleiben”, sagt Leipzigs Linken-Vorsitzender Dr. Volker Külow zum Tod des langjährigen Parteimitglieds.Sie wurde am 11. Oktober 1908 in Leipzig-Lindenau geboren. Nach ihrer schulischen Ausbildung arbeitet sie zwischen 1926 und 1939 zunächst als Lehrling, später als Stenotypistin und Direktions-Sekretärin im hiesigen Städtischen Gaswerk.

Über ihre Mitgliedschaft im Verband weiblicher Angestellter und ab 1926 im Arbeiter-Turn- und Sportbund ATSB findet sie vor 1933 ihre politische Heimat im Milieu der Arbeiterbewegung.

In Zusammenarbeit mit dem vormaligen sächsischen Justizminister und Ministerpräsidenten Erich Zeigner und Pater Aurelius Arkenau engagierte sich Johanna Landgraf zwischen 1933 und 1945 gegen die Politik der nationalsozialistischen Machthaber.

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Von August 1945 bis Oktober 1947 arbeitete Johanna Landgraf als Dezernats-Sekretärin im Leipziger Hauptverwaltungsamt im Vorzimmer des nunmehrigen Oberbürgermeisters Erich Zeigner. Im Jahre 1946 trat sie in die KPD ein und gehörte späterhin der SED und deren Nachfolgern an.

Nach verschiedenen Verwaltungstätigkeiten und pädagogischen Studien wirkte Johanna Landgraf zwischen 1953 und 1968 als Lehrerin an der “Hilfsschule West”, wie man damals sagte, in der Engertstraße 14. Noch als Rentnerin war sie an der Bildungseinrichtung, die später in Förderschule “Fritz Gietzelt” umbenannt wurde, bis 1972 als Horterzieherin und bis 1988 als Schulsekretärin tätig.

Zugleich fühlte sich Johanna Landgraf der Pflege der Erinnerung an Erich Zeigner verpflichtet. So arbeitete sie bis 1991 im Stadtbezirkskabinett für Kulturarbeit im heutigen Erich-Zeigner-Haus mit.

www.erich-zeigner-haus-ev.de

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