Am 30. November sorgte eine dpa-Meldung für Aufregung in der Medienwelt. Denn der Sender aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kündigte ein massives Einsparprogramm an und die Streichung von Stellen. Und das in einer Zeit, in der die deutsche Medienlandschaft sowieso schon tief in der Krise steckt und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die Rundfunkbeiträge noch eine sichere Grundfinanzierung haben. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di schreibt jetzt deshalb einen Offenen Brief an den MDR-Intendanten.

„Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) plant offenbar ab 2025 einen Stellenabbau und Einsparungen in Millionenhöhe. Ein Sprecher des öffentlich-rechtlichen ARD-Senders teilte laut der Nachrichtenagentur dpa mit, dass man nach gegenwärtigem Kenntnisstand unter den absehbaren Rahmenbedingungen ab 2025 Einsparungen in Höhe von mindestens 40 Millionen Euro pro Jahr erwarte“, schrieb zum Beispiel der „Spiegel“ zu dieser Meldung aus dem Hause ARD.

Nicht nur ver.di empfindet die geplanten Kürzungen in Höhe von 40 Millionen Euro als erstaunlich hoch.

„Ende 2022 waren beim MDR gut 2.000 fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt. Hinzu kamen gut 1.600 freie Mitarbeiter“, ging der „Spiegel“ auf die zu Grunde liegenden Zahlen ein. „Im Jahr 2022 kamen für den MDR aus dem Rundfunkbeitrag, den Haushalte und Firmen zahlen, gut 620 Millionen Euro zusammen.“

Da sind 40 Millionen Euro tatsächlich ein heftiger Schlag ins Kontor. Und es steht zu befürchten, dass darunter insbesondere die Berichterstattung des MDR leidet, die ohne genügend Berichterstatter im ganzen Sendegebiet nicht zu leisten ist.

Da der MDR selbst zu seinen konkreten Kürzungsplänen noch nichts verlautbaren ließ, hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi jetzt einen Offenen Brief an MDR-Intendant Ralf Ludwig geschrieben, der am 1. November das Amt als MDR-Intendant angetreten hat.

Offener Brief zu den geplanten Stellenstreichungen im Mitteldeutschen Rundfunk

Sehr geehrter Herr Ludwig,
sehr geehrte Damen und Herren,

die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) verfolgt mit großer Besorgnis die in der letzten Woche bekanntgewordenen Pläne des Mitteldeutschen Rundfunks zum angekündigten Stellenabbau in den nächsten Jahren. Besonders kritisch sehen wir Ihre Ankündigung, weil sie – nach den uns bislang vorliegenden Informationen – keine ausreichende sozialverträgliche Gestaltung bei der geplanten Stellenstreichung beinhaltet.

Seit geraumer Zeit verstärken sich die Ängste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Ankündigung, dass nun sowohl freie als auch feste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von einem Arbeitsplatzverlust betroffen sein könnten, stößt auf absolutes Unverständnis. Schon ohne die Streichung der Stellen berichten über eine starke Arbeitsverdichtung bei fortlaufenden Transformationsprozessen. Die jüngsten Hiobsbotschaften erzeugen wenig Hoffnung auf Besserung bei den ohnehin schon Belasteten. Unsere Haltung ist klar: Kündigungen und die damit einhergehende weitere Arbeitsverdichtung werden von uns nicht akzeptiert.

Aus diesem Grund stellen sich unseren Mitgliedern und uns zahlreiche Fragen:

Ursprung der dramatischen Finanzierungslücke
▪ Woher resultiert die genannte erhebliche Finanzierungslücke des MDR?
▪ Warum ist der Druck zur Kosteneinsparung – trotz der angekündigten Erhöhung des Rundfunkbeitrags – plötzlich so signifikant?

Sozialverträgliche Gestaltung
▪ Wie legen Sie den Begriff der nicht sozialverträglichen Gestaltung in Bezug auf ihre jüngste Ankündigung aus?
▪ In welchen Bereichen und in welcher Form ist eine solche Streichung von Stellen geplant?

Quantitative Aspekte der Streichung von Stellen
▪ Wie viele Stellen sind konkret betroffen und in welchem zeitlichen Rahmen soll der Abbau erfolgen?
Abbau von Stellen trotz natürlicher Fluktuation
▪ Mit Bezug auf die bekannte Zahl von etwa 540 Mitarbeitenden, die bis 2030 in den Ruhestand gehen werden und angesichts von offenen Stellen, die trotz Ausschreibungen nicht besetzt werden können: Warum reicht diese natürliche Fluktuation nicht aus, um die Veränderungen in der Beschäftigung umzusetzen?

Der Budgetdruck mag den Sender zu massiven Einschnitten drängen, aber wir betonen, dass diese nicht auf dem Rücken der engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgetragen werden dürfen, die täglich für ein abwechslungsreiches und interessantes Programm sorgen und damit den MDR erst zu dem machen, was er ist.

Die herausragende Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit auch die des MDR in unserer Gesellschaft unterstreicht die besondere Verantwortung des Senders. Die geplante Streichung von Stellen muss daher zwingend unter Einbeziehung von sozialer Verantwortung und Sensibilität erfolgen.
Die Gewerkschaft ver.di fordert Sie neben der Beantwortung der gestellten Fragen auf, in den Dialog mit den Gewerkschaftsvertreterinnen und Gewerkschaftsvertretern zu treten. Wir als Sozialpartner sehen uns vor allem in der Verantwortung für ein entsprechend sozialen Agierens. Eine transparente Kommunikation über die Pläne und ihrer Auswirkungen auf die Belegschaft sowie der Öffentlichkeit ist dabei von entscheidender Bedeutung.

Wir werden uns weiterhin entschieden für den Schutz der Arbeitsplätze, die Erhaltung der journalistischen Qualität und Vielfalt im Mitteldeutschen Rundfunk einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Lucas Munzke
Betreuender Gewerkschaftssekretär Medien, Finanzdienste
Fachbereich Finanzdienste, Kommunikation und Technologie, Kultur, Ver- und Entsorgung in SAT

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