Es endet, wie es begann: persönlich. Ab April 2023 wird es für LZ-Abonnenten und weitere Interessierte unsere „Leipziger Zeitung“ als ePaper und nicht mehr wie bislang als gedruckte Ausgabe geben. Damit findet ein Weg, der vor fast 10 Jahren als „Feldversuch“ begann, einen würdigen Abschluss. Ein Weg, an dessen Etappen ich mich als einer der wenigen, die ihn ganz durchschritten haben, lebhaft erinnere.

Daran, wie wir als Macher der L-IZ.de ab Ende 2014 in meiner Heimatstadt Gespräche mit unzähligen Menschen führten und versuchten, sie für eine Idee über unsere damals noch deutlich kleinere Onlineausgabe hinaus zu begeistern. Die einer neuen, gedruckten Wochenzeitung für Leipzig, sinnigerweise wie simpel als „Leipziger Zeitung“ (LZ) im Namen.

Viele der Reaktionen ähnelten denen, die wir seit 2007 bei der ersten Professionalisierung unserer „LIZZY“ im Netz zur tagesaktuellen L-IZ.de kannten. Wie wichtig lokale Medienvielfalt sei, gerade in Zeiten einer durch und durch konservativen LVZ mit Stammsitz in Hannover. Und natürlich begegnete uns jene Skepsis vieler, die, wie schon zuvor mit der L-IZ.de, etwas Ähnliches noch nie versucht hatten. Bereits damals stand im Raum, dass ein solches Vorhaben nicht finanzierbar sei.

Denen zumindest kann man heute, ein Jahrzehnt später, nach einer Sanierung 2015 aus einer Insolvenz heraus und der Umstellung auf eine Monatszeitung sagen: Es ist 111 Mal gelungen, eine „Leipziger Zeitung“ auf 20 bis 32 Seiten im Tageszeitungsformat zu drucken. Und Leser/-innen zu begeistern sowie auf- und anzuregen, das eine oder andere lokale Ereignis mit dem Blick derer, die tatsächlich vor Ort dabei waren, zu sehen.

Auf dem Weg seit der Gründung begegneten mir auch spinnerte Blütenträume eines Immobilienhändlers von einer gedruckten, tagesaktuellen und kostenlosen Tageszeitung ebenso, wie Versuche, die LZ zu beeinflussen und sie letztlich zu einem gedruckten Werbeblatt für Unternehmen zu machen. Heute kann man also auch sagen: Wir haben Kurs gehalten und unsere über die Jahre zehntausenden Leser/-innen nie „verraten“. All jene, die eben das erkannten und bis heute schätzen, haben unsere Zeitung abonniert, empfohlen und kontrovers diskutiert.

Der Dank dafür gilt also all jenen, die hinter den Kulissen und als Abonnent/-innen stets an diesen Weg geglaubt haben und ihn mit uns gegangen sind. Allen voran das gemeinsame Online-Print-Team, welches seit 2016 nicht nur journalistisch zum Überleben unserer gedruckten Ausgabe beitrug. Auch die Bereitschaft, ein gemeinsames Honorar für die Veröffentlichung diverser Texte in gedruckter und Online-Form zu akzeptieren, hat die letzten rund 80 Ausgaben überhaupt erst ermöglicht.

Online stützt Print

Denn eines der „Geheimnisse“ unserer letzten Jahre ist eine einfache Tatsache. Um den anfangs langsam, seit 2021 immer stärker steigenden und zuletzt explodierenden Produktionskosten unserer Printausgabe Herr zu werden, war eine durchgehende Vereinbarung mit jeder Autorin und jedem Autor nötig. Ganz gleich, wie hoch das verlangte oder angebotene Honorar für einen Text war: Es galt für Online und Print zusammen.

Erwirtschaftet wurde es jedoch nahezu ausschließlich und glücklicherweise immer erfolgreicher Online; eine Tatsache, die über die Jahre auch so manchen Branchenkenner überraschte. Nur so und durch einen ganz kleinen Verwaltungsapparat gelang es parallel, dass heute das LZ-Honorarniveau zunehmend dem der überregionalen taz ähnelt, Tendenz (hoffentlich) weiter steigend.

Die Jahresvorschau auf 2023 - Kosten, die wir nicht weiter tragen wollen. Foto: LZ
Die Jahresvorschau auf 2023 – Kosten, die wir nicht weiter tragen wollen. Foto: LZ

Denn wenn es einen Gedanken gibt, dem sich die LZ seit Gründung der L-IZ.de verpflichtet fühlt, dann ist es auch die anständige Bezahlung von Lokaljournalist/-innen gegen jeden Branchentrend. Bis heute sind im Schnitt 70 Prozent von all unseren Betriebsausgaben für diesen Bereich, für die Bezahlung von Menschen für ihre Arbeit, Standard.

Ohne diese Vereinbarung und weitere Querfinanzierungen von Online zu Print stünde der Verkaufspreis für eine Einzelausgabe der gedruckten Leipziger Zeitung heute bereits bei 5 Euro, das Jahresabonnement bei 55 statt 29,50 Euro. Und das in Zeiten, in welchen die gesamte Printbranche keine Abonnent/-innen hinzugewinnt, sondern immer rasanter verliert.

Gleichzeitig ist der freie Verkauf von Zeitungen in den zunehmend verschwindenden Presseshops – nicht nur durch Corona, aber auch in dieser Zeit beschleunigt, nachhaltig verändertes (Online)Konsumverhalten – quasi flächendeckend eingebrochen.

Daran hätte wohl auch eine fortlaufende Preiserhöhung für unsere Printausgabe nichts geändert, ganz im Gegenteil: Der bei Preiserhöhungen noch schneller schrumpfende Abonnent/-innenstamm hätte mit immer weniger Menschen die Kostensteigerungen abfangen sollen. Und immer mehr gezahlt.

Seit 2021 betragen diese Kostensteigerungen, bedingt durch einen vollkommen zu Recht erhöhten Mindestlohn, steigende Energiepreise und eine Eigenart der Printbranche etwa 60 Prozent, Tendenz weiter steigend. Immer weniger Papiermühlen in Europa stellen in Zeiten sinkenden Bedarfs überhaupt noch Papier her, das Geschäft mit Kartonagen ist dank Onlinehandel und Versand per Paket ungleich attraktiver. Das rarer werdende Gut Papier wird dadurch überdimensional teurer.

Eine Beobachtung, die man auch selbst beim Kauf von normalem Kopierpapier nachvollziehen kann: Der Preis hat sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt.

Eine Branche verändert sich rasant

Mit der Monatsausgabe April 2023 werden wir aus der gedruckten Ausgabe ein für uns und hoffentlich auch unsere Abonnent/-innen neues ePaper entwickeln, welches einmal im Monat einen überregionalen Themenschwerpunkt vertieft behandelt und natürlich weiterhin Stadtgeschichten aufgreift und all das aus Leipziger Sicht erzählen wird. Dass wir damit einem Trend der Leser/-innen und Verlage folgen, welcher letztlich das Aus für die gedruckten Zeitungen bedeutet, zeigen Wortmeldungen der vergangenen Monate aus inhaltlich und thematisch vollkommen verschiedenen Medienhäusern.

Das Titelblatt der 111. und letzten Printausgabe der LZ, März 2023. Foto: LZ
Das Titelblatt der 111. und letzten Printausgabe der LZ, März 2023. Foto: LZ

So verkündete Springer-Chef Mathias Döpfner Ende Januar 2023 das potenzielle Ende einer gedruckten BILD ebenso wie einer „Welt“ aus seinem Haus. „Mein Ziel ist, die digitale Transformation zu vollenden und aus Axel Springer ein reines Digitalunternehmen zu machen“, so Döpfner laut tagesschau.de gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Die Begründung dafür ist simpel: Bereits heute erwirtschaftet Springer wie auch wir im Netz mit digitalen Angeboten zunehmend sein Geld, während die BILD-Auflage zuletzt unter die Eine-Millionen-Marke sank. Dazu passend verteidigte die stellvertretende Chefredakteurin der „taz“, Barbara Junge, unter der Ãœberschrift „Print? Digital? Scheißegal?“ kürzlich nicht grundlos den bevorstehenden Wegfall der täglichen Print-Ausgabe ihrer Zeitung.

Zwar will man Print noch wöchentlich fortsetzen, doch der Trend ist auch den Berlinern klar: immer mehr Menschen greifen beim Thema Nachrichten ausschließlich zum Smartphone, das klassische „Zeitung blättern“ selbst entfällt auch als gewohnte Alltagshandlung. Bei Menschen unter 30 Jahren ist sie bereits kaum bis gar nicht mehr vorhanden, die Verfügbarkeit von Informationen im Netz haben längst dazu geführt, dass „News“ in gedruckter Form schon auf dem Weg in die Druckerei veralten.

Auch ökologisch betrachtet, geht das Printzeitalter zu Ende: Papierproduktion, Druckvorgang und Transportlogistik sind ungleich schwerer CO₂-neutral zu gestalten als digitale Produkte.

Über allem jedoch schwebt eine einfache Tatsache: Eine Zeitung ist eine Zeitung, wenn sie gelesen wird. Und da stehen etwa 3.000 LZ-Printleser/-innen mittlerweile 600.000 monatlichen Besuchern der L-IZ.de, also rund 70.000 Menschen, die uns im Netz lesen, gegenüber.

Das ePaper. Die Form ist „egal“, es geht um Journalismus

Genau dort werden wir den Weg der gedruckten LZ in gewandelter Form fortsetzen. Wer dabei hinter dem Wort ePaper eine bloße PDF-Variante der jetzigen Druckausgabe vermutet, vermutet falsch (hier gehts zur ersten Ausgabe). Ab Ende April 2023 wollen wir uns in einem bildschirmlesbaren Format vor allem mit jeweils einem Thema pro Monat in der Tiefe befassen, mit Experten über Theorie und Praxis der jeweiligen Fragestellung unterhalten, davon mindestens ein Podcast zum Nachhören der Gespräche einbetten, eigene Recherchen anstellen und dazu eine Videoreportage zum Thema anbieten.

Auf der Agenda stehen dann also zum Beispiel solche Fragen, wie es wirklich um die Zukunft des Wassers in Sachsen bestellt ist und was sich im Leben aller Sachsen dadurch ändert, wie Alkohol als Alltagsdroge unser Zusammenleben beeinflusst, warum der Wohnungsbau in den Großstädten des Freistaates am Boden liegt, während in den ländlichen Gegenden Leerstand herrscht. Oder wie eine Verkehrs- und Energiewende weg vom motorisierten Individualverkehr nur zusammen gedacht werden kann.

Gleichzeitig werden wir neben der Weiterführung von Printklassikern wie unsere Kolumnen verstärkt wieder Fragen unserer Leser/-innen nachgehen und die freiwerdenden finanziellen Ressourcen zur Ausdehnung unserer lokalen Inhalte nutzen können. Hinzu kommt auch eine Wiederkehr der bekannten LZ-Zeitreisen – dieses Mal in das überaus spannende (Inflations-)Jahr 1923.

Dieser inhaltliche Ausbau wird natürlich nur gelingen, wenn uns unsere Abonnent/-innen treu bleiben oder auf diesem neuen Weg gar mehr werden. Um es allen dabei einfach zu machen, werden wir am Jahrespreis von 29,50 Euro für 12 Ausgaben des ePapers und am Einzelpreis von 2,60 Euro auch weiterhin nichts ändern. Wenn Sie Abonnent/-in sind, erfolgt die Übersendung eines Links zum Download oder zur Onlinelektüre unseres neuen ePapers im April automatisch.

Weshalb sich die Worte, die neben anderen in dieser Ausgabe gedruckt werden, an unsere treuesten Leser/-innen mit Abonnement richten. Ob aus dieser Veränderung ein Abschied wird, liegt nun ganz bei Ihnen. Wir zählen auf Sie und Ihr Verständnis, dass es schon immer um lokalen, handgemachten Journalismus vor Ort aus Leipzig und in Leipzig ging. Nie um die Form der Überbringung.

Für alle weiteren Fragen stehen wir wie gewohnt unter service@l-iz.de zur Verfügung.

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Es gibt 3 Kommentare

Ralf, auch ich danke für dieses für alle versöhnliche und fröhliche Statement!
Ich genieße ebenso die Beiträge vieler und deren Argumente, wenn es heiß her geht in Diskussionen um streitbare Positionen.

Seit über 7 Jahren bin ich Abonnent der L-IZ und geriet gar nicht so in Versuchung, ständig die Printausgabe der LZ zu besorgen, da ich mit der Onlineausgabe prinzipiell recht zufrieden bin.
(Wenngleich ich gehofft habe, dass sich das gedruckte Medium in Leipzig dauerhaft etabliert.)

Die Unterteilung in verschiedene Rubriken benötige ich gar nicht so; vor allem orientiere ich mich an der Aktualität – diese Liste könnte also länger sein. Als nächstes dann nutze ich die zu langsame Suchfunktion.
Die Rubriken machen m.E. keinen großen Sinn, teils kommen als aktuellste Meldungen Beiträge von 2020 (Sport). Ich sehe die L(I)Z eher als kunterbunte qualitative Lokalpresse, die nicht den Anspruch haben muss, sämtlich mögliche Ressorts auf der Onlineplattform anbieten zu müssen.

Da sehr umfangreich kommentiert und diskutiert wird, finde ich die Kommentarliste auf der Hauptseite zu dürftig. Das könnten gern 4 Links mehr sein und vor allem ein Zeitstempel dazu!!
Ich kann mir nicht immer die Reihenfolge merken, wer als letzter wo kommentiert hat, um auf dem Laufenden zu bleiben und lande öfter auf bereits gelesenen Kommentaren. Das nervt.

Es braucht unbedingt Alternativen zum Leipziger Partei- und Wirtschaftsblatt!
(Obgleich es da auch vereinzelte gute Rubriken gibt).
Schön, dass es der LZ bisher gelungen ist, am Markt zu bleiben.

Interessant für mich sind vor allem Dinge aus dem Stadtrat, die bekommt man sonst nicht so detail- und umfangreich serviert.
Und Themen, welche das Leipziger Stammblatt gern zugunsten mancher Klientel umformt.

Einige Kritikpunkte von Sebastian sehe ich auch so.
Hier sehe ich vor allem die Gefahr, dass das Medium dadurch mit berechtigten Argumenten in eine Ecke gestellt wird. Das wäre schade.
Dann lieber sachlicher und etwas neutraler bleiben.

Ich bleib’ dabei, liebe LZ.

Ralf, der war gut! Hab richtig gut schmunzeln können; gut beobachtet und auf die Pointen gebracht 🙂

Ich bin seit der zweiten oder dritten Ausgabe Abonnent. Ich fand das Projekt damals richtig spannend und hab es deswegen, genau wie das Katapult Magazin und Katapult MV abonniert, wobei letzteres schon wieder gekündigt ist.

Auch wenn der Anspruch, eine echte Alternative zur LVZ zu sein, eigentlich gründlich gescheitert ist, so hab ich mich nicht überwinden können zu kündigen. Die Mannschaft ist enorm am arbeiten und kümmert sich um viele Themen. Manchmal sind die Themen sehr sehr randlich und kleinteilig und manchmal stören mich auch Stilsachen wie ein – Satz – Absätze, fertige Wertungen in Artikeln, krasse Ungleichbehandlung der Kommentatoren oder das es Dinge gibt, wo man partout nicht drüber schreiben oder interviewen möchte.

Aber es gibt auch phantastisch interessante Buchbesprechungen (“Landschaftswandel” von Eissmann/Junge, “Dresden in Farbe” von Ulrich Vogt), es gibt interessante Einblicke in die Stadtratsarbeit, es gibt diese meistens phantastische Kommentarfunktion, die sicher manches mal ein Durchatmen erfordert, und das gehört alles belohnt und, auch wenn es mir persönlich manchmal schwer fällt, auch gewertschätzt.

Die Printausgabe habe ich in den letzten Jahren ziemlich vernachlässigt. Die lag lange rum, bevor ich sie las. Die Artikel waren im Groben die gleichen wie online, und als Tageszeitung beim Frühstück habe ich eine andere zum Vollkrümeln. Insofern finde ich eure Entscheidung völlig ok und behalte mein Abo einfach weiter.

Beruflich viel Erfolg, und sachlich immer einen klaren Blick auf die Dinge, liebe LZ.

Liebe Leipziger Zeitung!

Ich finde Dich großartig.

Lokaler Journalismus ist so wichtig.
Ich lese Dich noch nicht solange, aber ich möchte Dich nicht mehr missen.
Geld hast Du noch nicht viel von mir bekommen, fällt mir gerade auch echt schwer. Gerne spende ich mal wieder was. Das Lied kennst Du ja.

Aufi geht’s, liebe Mit-Kommentartoren_innen! Wer kann, der gibt.

„Geld stinkt nicht!“ Ist das nicht ein Helvetismus für die Ewigkeit, werter User „Urs“?

„Diesmal bin ich auch ein Engagierter.“ @Sebastian

„Automatisch klingt automatisch immer so nach Auto. Wenn ich kann, bringe ich euch die Kohle per pedes rum.“ fra

„Wer ist hier woke? Ich schlaf gleich ein.“ gerd stefan

„Tischkanten schmecken kacke. Verkehrswende jetschft. Schorry, die Fähne…“ der Michel

„Mein Lieblingsmüsli war schon wieder aus!“ SebastianT

„Irgendwo unter diesem Integral liegt eine uns allen unbekannte Welt.“ György

Radfahrende Radler_innen radeln immer, äh, Scheisse. Der Fahrradweg endet hier. @Ralf

ein echtes Zitat von Mimi: „eine Muslima und viele Muslime, wbl. pl. lautet Musliminnen oder Muslimas
Oder Sie belassen es einfach ganz konsequent beim generisches Maskulinum. Geht ja bei den anderen Religionen auch ganz gut.“

Claudia, Christian, Lutz, Uwe, Kaisen, Michael, Mathias, …

Wie schön mit euch allen hier diskutieren zu können.

Auf die Leipziger Zeitung.

Fahrradwege for ever!
Euer Ralf

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