Schwarwel sieht schwarz. Jedenfalls in seiner Titelkarikatur für den Winter 2022. Ein kleiner russischer Potentat zeigt den Deutschen nämlich den Stinkefinger. Gekappte Gasleitungen zeigen, wie abhängig Deutschland von russischem Gas geworden ist. Nun fürchtet sich die halbe Nation vor eiskalten Wohnungen. Aber fast vergessen ist, wie die Energiewende in Deutschland 16 Jahre lang ausgebremst wurde. Um Energie geht es in der neuen LZ Nr. 106 natürlich auch.

Denn was 16 Jahre auf Bundesebene vertrödelt wurde, muss trotzdem nachgeholt werden. Putins Gas-Erpressungs-Politik hat nur endgültig gezeigt, dass auch Leipzig schnellstmöglich herausmuss aus den fossilen Energien.

Das alles hätte längst geschehen müssen. Zum Beispiel mit 200 Milliarden Euro, die vor Jahren in den Ausbau von Windkraft, Solar und Wasserstofferzeugung investiert worden wären. Das wäre goldrichtig investiertes Geld gewesen. Nun aber ist dieser Haufen Geld einfach schon zur Bewältigung der Gaspreiskrise notwendig.

Selten war so offensichtlich, welchen Preis jahrelanges Aussitzen hat.

Und das führt auch dazu, dass jetzt in Leipzig genauso mit Sicherheitsbürgschaften gearbeitet werden muss – 400 Millionen Euro als Absicherung der Stadtwerke Leipzig, die unter den galoppierenden Gaspreisen genauso leiden wie der Gaslieferant VNG.

Und gleichzeitig wird klar, dass der überfällige Ausbau der Erneuerbaren jetzt in Konflikt gerät mit vielen anderen Wachstumsthemen der Stadt. Das thematisiert die neue LZ anhand der Diskussion um den „Energieberg Seehausen“. Während Antonia Weber zeigt, wie Leipziger Gastronomen schon jetzt unter den steigenden Preisen leiden, die ihnen nach zwei Jahren Pandemie schon wieder das Publikum vergraulen (Seite 3).

Und währen Nazis und Querdenker gemeinsam demonstrieren und ihre diffuse Wut „auf die da oben“ zelebrieren, machen in Grünau Alltagsrassismus und Abschiebungen Angst. Darüber schreibt Luise Mosig (Seite 5). Während Birthe Kleemann mit ihrem Bürgermeisterbesuch in Borna zeigt, dass gute Politik eben nichts mit Kraftmeierei und Populismus zu tun hat, sondern mit nüchterner, transparenter Politik. Sie hat dazu den frisch ins Amt gewählten Oberbürgermeister Oliver Urban interviewt (Seite 9).

Das LZ Titelblatt vom Monat September 2022. VÖ. 30.09.2022. Foto: LZ

Wer also die neue LZ in die Hand bekommt, merkt: Es geht uns immer wieder um das Irdische, das ganz simple Leben vor Ort und die Menschen, die sich dafür einbringen. Die nicht herumrennen und sich immer zu kurz gekommen fühlen. Sondern selbst mit anpacken, da etwas zu verändern, wo das möglich ist.

Die als z. B. Stadträte um die so lange gewünschte Markthalle kämpfen (Seite 10) oder das noch immer utopische Gleisdreieck (Seite 15). Oder einfach Musik machen, die die Menschen bei ihren täglichen Sorgen packt – wie „The Hungover“, die Sabine Eicker auf Seite 14 interviewt hat.

Auch der Rugby Club Leipzig (RCL) ist Anfang September mit einigen bemerkenswerten Neuerungen in die Spielzeit gestartet, über die Jan Kaefer berichtet. Weniger erfreulich gestaltete sich der Besuch des Länderspiels der DFB-Elf gegen Ungarn, was jedoch weniger am Spiel selbst lag, wie Marko Hofmann in seinem Erlebnisbericht schildert (Seite 18).

Auch gibt es natürlich wieder Gerichtsreportagen, den kurzweiligen Monatsrückblick, Essays und eine Zusammenfassung der letzten Stadtratssitzung(en), in denen sich Leipziger Stadtpolitik ballte.

Natürlich wird Lokalpolitik nur erfahrbar, wenn man nicht so tut, als wäre sie nirgendwo nachvollziehbar. Ein bisschen Mühe macht sie schon. Der Bürger in einem demokratischen Gemeinwesen kann sich nicht damit herausreden, er wisse von nichts. Er kann zu- oder nachschauen, was im Stadtrat diskutiert wird.

Er kann die Berichterstattung in der LZ wahrnehmen – auch wenn nur ein Bruchteil dessen, was da im Ratssaal diskutiert wird, auch in die gedruckte Zeitung passt.

Den größeren Teil findet jeder, der wirklich wissen will, was passiert, online auf l-iz.de.

Die Zeitung lädt freilich ein, sich in aller Ruhe hinzusetzen, gern auch in die noch geöffneten Freisitze. Mit Bierchen, Wein oder Kaffee. Und auch aus purer Solidarität mit den Leipziger Gastwirtinnen und Gastwirten, die nun besonders leiden unter den gestiegenen Rohstoffpreisen.

Denn eines scheint ja nun klar: Wir sollten (wieder) lernen, mit den Krisen zu leben, und aufhören zu jammern, weil irgendwer der Meinung ist, immer seien andere schuld.

Sind sie auch. Aber wir sind alle Teil der Krise. Und viele können sich nicht wehren gegen die Folgen.

Darüber schreibt diesmal Lucas Böhme in seinem Essay. Denn mittlerweile geht das Unbehagen ja weit in jene Schichten, die sich so gern als Mittelschicht verstehen. Aber irgendwann kann man es auch dort nicht mehr ignorieren, dass die alten Gewissheiten bröckeln und auf einmal alle wieder gefragt sind, an den Lösungen für ein lebenswertes Danach zu arbeiten.

Die neue Leipziger Zeitung (LZ), Ausgabe 106, VÖ 30.09.2022, finden unsere Abonnenten natürlich im Briefkasten vor. Für alle anderen ist die Ausgabe an allen bekannten Verkaufsstellen erhältlich.

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