Wie weiter mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Welche Rolle sollte er eigentlich spielen in unserer Gesellschaft und welche Aufgaben wahrnehmen? Darüber wurde nicht wirklich diskutiert in den zurückliegenden Jahren, das Thema war irgendwie nicht drängend genug. Und auch die hohe Politik sah nicht so viel Grund für eine Modernisierung, solange die Sender irgendwie ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllten. Nur: Warum liefen ihnen da die jüngeren Zuschauer weg?
Eine Frage, mit der sich jetzt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag beschäftigt hat. In der vergangenen Woche hat die Fraktion ein Positionspapier zur Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen. Das Papier skizziert mögliche Leitlinien für die Aushandlung des neuen Rundfunkstaatsvertrages, der vor allem das Angebot der Rundfunkanstalten endlich ins 21. Jahrhundert holt und es vor allem aus der beschämenden Abhängigkeit von Quoten herausholt.Denn solange die öffentlich-rechtlichen Sender vor allem Programme machen, mit denen sie in direkter Konkurrenz zu Privatsendern versuchen, möglichst hohe Einschaltquoten zu erzielen, kommt am Ende überall nur noch dieselbe quotenstarke Unterhaltungssoße heraus.
Von kritischer, ungewöhnlicher, experimentierfreudiger Gestaltung von Sendungen kann da keine Rede mehr sein, sodass man Jahr für Jahr gefühlt immer nur das Immergleiche zu sehen bekommt. Und das Sendeangebot natürlich junge Leute schon lange nicht mehr hinterm Ofen hervorlockt.
Ein echtes Alternativangebot zu den Privatsendern
Die von den Grünen formulierten Leitlinien umfassen unter anderem eine breite Themen- und Meinungsvielfalt, die Flexibilisierung der Ausspielwege und die Partizipation der Nutzer/-innen bei der Qualitäts- und Angebotsentwicklung.
Zum Positionspapier erklärt Dr. Claudia Maicher, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Wir Bündnisgrüne wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken, damit er seiner Bedeutung für eine stabile Demokratie in der digitalen Medienwelt gerecht werden kann. Mit unserem Positionspapier fordern wir die Sächsische Staatsregierung und Staatskanzleiminister Oliver Schenk auf, sich bei der Aushandlung des Staatsvertrages für eine wirklich zukunftsweisende Reform einzusetzen und eine Einschränkung der Rundfunkfreiheit zu verhindern. Denn in den nächsten Wochen und Monaten kommt es darauf an, dass eine weitsichtige Lösung gefunden wird.”
Dass die Debatte um die Gebührengestaltung der öffentlichen Sendeanstalten jahrelang immer wieder von einer Modernisierungsdiskussion abgekoppelt wurde, hat ARD und ZDF in einer Zeit, in der sich die gesellschaftlichen Debatten zuspitzen, in eine defensive Position gebracht. Sie hatten schlicht kein neues Format vorzuweisen, mit dem sie belegen konnten, dass ihnen an den jüngeren und kritischeren Zuschauergruppen überhaupt gelegen war. Sie benahmen sich wie saturierte Regionalzeitungen, die meinten, man müsse sich nur um das alte, treue Publikum kümmern. Die Gebührengelder flossen ja sowieso.
„Die Blockade der Beitragserhöhung durch die CDU-Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt hat die Auftragsdiskussion ins Stocken gebracht. Ich fürchte, dies wird nicht der letzte Versuch gewesen sein, die Sender in ihrer Modernisierung zu beschränken und ein Sparen auf Gedeih und Verderb zu verordnen“, sagt Maicher.
Aber gerade diese Blockade im Landtag von Sachsen-Anhalt hat auch den Blick darauf geschärft, dass automatisch durchgewunkene Beitragserhöhungen die eigentliche Kritik nicht aus der Welt schaffen: dass die von den Gebührenzahlern finanzierten Sender auch mit und für die Gebührenzahler senden sollten. Und zwar für alle und nicht nur die Silberlocken. Das aber bedingt zwingend Modernisierungen, die sich dann auch in neuen Angeboten niederschlagen.
„2020 kam die Auftragsdiskussion wieder in Gang, nachdem im Länderkreis die Übereinkunft getroffen wurde, zuerst den Auftrag per Änderungsstaatsvertrag zu modernisieren und erst im zweiten Schritt die künftige Finanzierung“, stellen die Grünen in ihrem Papier fest.
„Die CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt hat diesen Fortschritt durch die populistisch motivierte Ablehnung der Beitragsanpassung im Alleingang unnötig verzögert. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 20. Juli 2021 festgestellt, dass dieses Verhalten in klarem Widerspruch zu geltendem Recht und dem Beitragsverfahren stand. Es hat außerdem nochmals die besondere Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Medienwelt hervorgehoben und eine Auftragsmodernisierung angemahnt. Im Herbst 2021 soll nun die Aushandlung des Auftrags-Staatsvertrages zwischen den Bundesländern abgeschlossen werden. Derzeit werden konkrete Regelungen zwischen den Ländern diskutiert.“
Das Grünen-Papier ist jetzt ein Beitrag zur Diskussion innerhalb der sächsischen Staatsregierung, die hier die Chance hätte, einmal deutlich mehr auf den Tisch zu packen als nur eine kleine Senderkosmetik.
„Wir Bündnisgrüne stehen für eine Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio, die in allen Angebotsbereichen mehr Qualität und Innovation für die Vielfalt unserer Gesellschaft ermöglicht“, betont Maicher die Tatsache, dass es nicht mehr nur um ein kleines Flickwerk gehen kann. Denn die Rundfunkanstalten haben eben mehr als nur den von ihnen so forciert bespielten Unterhaltungsauftrag.
„Die Anstalten sollen ein starkes, gemeinwohlorientiertes Gegengewicht zu privaten Plattformen bilden, mediale Innovationen antreiben und Formate zur gesellschaftlichen Verständigung entwickeln. Dafür brauchen sie einen größeren Handlungsspielraum bei der Entwicklung digitaler Angebote.“
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Keine Kommentare bisher
Ja, Grüne (in der Boris-Palmer-Ausprägung) und deutscher öffentlich-rechtlicher Rundfunk passen sehr gut zusammen: Beide sind völlig von sich überzeugt und diffamieren Kritiker.
Mit ihrem Papier arbeiten die Grünen vermutlich auf einen Grünen Freundeskreis hin, dem dritten im absolut parteifernen Rundfunk…