Ungeimpfte müssen draußen bleiben. Vielleicht kommt es ja bald so, wie es Schwarwel in der Titel-Karikatur der neuen Leipziger Zeitung (LZ) überspitzt darstellt. Da nutzt aller Trotz und alle Zipfelmützigkeit nichts: Einigermaßen in den Griff bekommt man eine Pandemie nur durch eine möglichst hohe Impfquote. Da muss eine Gesellschaft solidarisch sein, auch wenn ein paar besonders verquere Denker meinen, es würde ausgerechnet ihre kleine Freiheit demolieren. Das Gegenteil ist der Fall.
Aber tatsächlich geht es in der neuen Ausgabe eher mal nicht um Corona und auch nicht um diese Leute, die sich für ganz besondere Erkenntnis-Leuchten halten und noch mehr Chaos stiften, wo die anderen eh schon zu kämpfen haben und eigentlich jede Anstrengung gefragt ist, Probleme zu lösen.Was sowieso schon nicht die Tugend der Mehrheit ist. Wir leben nach wie vor in einer Gesellschaft, in der ausgerechnet diejenigen, denen wir bei jeder Wahl die Mittel in die Hand geben, Probleme zu lösen, die größte Unwilligkeit an den Tag legen, dergleichen zu tun. Damit beschäftigen sich gleich mehrere Geschichten in dieser Ausgabe, so auch Antonia Webers Titelgeschichte „Am Rande der Gesellschaft“ über die Praxis, die Obdachlosen vom Hauptbahnhof zu verdrängen.
Mit Verdrängen hat auch die Tatsache zu tun, dass das ehemalige Zwangsarbeitslager der HASAG in der Kamenzer Straße 2009 an einen bekannten Rechtsextremen verkauft wurde, aber niemand weiß, wie das passieren konnte. Ergebnis: Heute tummeln sich hier diverse Strukturen der rechten Szene. Darüber berichtet Antonia Weber auf Seite 10.
Verdrängung steckt auch im Umgang unserer Behörden mit Asylbewerbern. Auf Seite 8 berichten René Loch und Pauline Reinhardt über einen Polizeieinsatz in der Erstaufnahmeeinrichtung Dölzig, bei dem ein Asylbewerber am Ende mit einem komplizierten Beinbruch im Uniklinikum landete. Was wirklich passiert ist? Im Polizeibericht steht es zumindest nicht.
Verdrängung steckt auch im Arbeitsfeld von Hanieh Babaei, die sich um die psychischen Probleme von geflüchteten Eltern kümmert, wohl wissend, dass die unbewältigten Probleme der Eltern auch das spätere Leben der Kinder belasten, wenn man nicht frühzeitig Hilfe anbietet. Zu finden auf Seite 3 – auch das eine Geschichte von Antonia Weber, die ihre große Neugier auf das, was in Leipzig passiert, in diesem Monat einmal so richtig ausgetobt hat.
Aber so muss es sein. Während andere Zeitungen sich derzeit mit Kaffeesatzleserei und Kandidat/-innen-Bashing beschäftigen, hat Antonia Weber den Leipziger Politikwissenschaftler Hendrik Träger zum Gespräch gebeten und ausgefragt über das, was man – aus wissenschaftlicher Sicht – wirklich erwarten kann zur Bundestagswahl im September – und was nicht. Parallel dazu stellen wir natürlich die wichtigsten Kandidaten im nördlichen Leipziger Wahlkreis 152 vor.
Und eine Aussage von Hendrik Träger wird natürlich im Mittelpunkt stehen: Im September geht es um die Klimakrise.
Und mittlerweile hat ja auch die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel zugegeben, dass in Sachen Klimaschutz in ihren 16 Jahren als Bundeskanzlerin „nicht ausreichend viel passiert“ ist, trotz all ihrer Bemühungen. Woran liegt das nur? Kann es sein, dass man beim Klimaschutz nichts erreicht, wenn man die wichtigsten Minister/-innenposten immer wieder mit Bremsern besetzt?
Oder liegt es am Wähler, der den Bremsern immer wieder den Zugriff auf die entscheidenden Posten verschafft? Selbst dann, wenn sogar das Bundesverfassungsgericht feststellt, dass die Klimapolitik der Bundesregierung selbst gegen das Grundgesetz verstößt und die Chancen der jüngeren Generationen zerstört?
Auch das ein Thema von Antonia Weber auf Seite 7, während auf Seite 8 Maren Wilczek versucht zu analysieren, wie die städtischen Verhältnisse unser Wohlbefinden beeinflussen.
Sie merken es schon: In dieser Ausgabe haben unsere Kolleginnen so richtig das Heft des Handelns in die Hand genommen. Birthe Kleemann ist nach Markkleeberg gefahren und hat OBM Karsten Schütze zu seiner Arbeit in der kleinen Stadt am Rande Leipzigs befragt.
Lucas Böhme hat den Freiburger Exosoziologen Michael Schetsche zu einem Thema befragt, das gerade einmal wieder hochkochte, weil das Pentagon seine Berichte zu sogenannten UFO-Sichtungen veröffentlichte und die Boulevard-Medien schon wieder Schnappatmung bekamen, weil sie wieder einmal bewiesen glaubten, dass Außerirdische auf der Erde gelandet seien.
Aber dafür taugen die Beobachtungen von nichtidentifizierten Flugobjekten nicht wirklich. Und Schetsche erzählt natürlich, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, dass wir in unserer Lebenszeit überhaupt Zeichen außerirdischer Zivilisationen bekommen. Und noch viel unwahrscheinlicher ist, dass Aliens gar hier auftauchen. Das ist eine Frage des Raumes und der Zeit. (Seite 13)
So ein bisschen in die Zukunfts-Erforschung steigt auch David Gray ein in seiner Kolumne „Kassandra im Cyber Valley’“. Denn natürlich stimmt es: Die besten Science-Fiction- Autoren haben sehr viel von dem „vorausgesagt“, was heute Stand der Technik ist. Als hätten sie es erraten. Sind sie also die besseren Zukunftsdeuter? Wahrscheinlich nicht. Was natürlich die Bundeswehr nicht davon abhielt, ein Forschungsinstitut zu beauftragen, die nächsten Schauplätze bewaffneter Konflikte auszumachen. (Seite 15)
BREAKING: UFOs – gibt es sie also doch? Harald Lesch
Wozu man wahrscheinlich nicht mal Künstliche Intelligenz braucht. Denn dazu braucht man eigentlich nur die Fähigkeit, die Gegenwart nüchtern erfassen zu können. Aber augenscheinlich ist das in einigen Führungsetagen ein echtes Problem.
Was aber – manchmal entstehen ja in unserer Zeitung einfach schon Bezüge dadurch, dass Artikel nebeneinander landen, die völlig unabhängig entstanden sind – eben auch damit zu tun hat, dass lauter überbezahlte und übertechnisierte Leute, die das Brett vorm eigenen Kopf nicht sehen, lieber UFOs nachjagen, als ihren Job für den überflüssigsten in der Welt zu erklären.
Was etliche dieser Jobs mit ihren hochdekorierten Wichtigtuern auch sind. Und was einige seit Erich Fromms Buch „Haben und Sein“, erschienen 1976, auch wissen. Denn unsere Probleme heute rühren fast alle aus dem Habenwollen und der Unfähigkeit zum Sein, aus Entfremdung, Narzissmus, Massenkonsum und Destruktivität. Das Buch ist heute so aktuell wie damals. Jens-Uwe Jopp hat es noch einmal gelesen und sich Gedanken gemacht über das „Haben und Sein“, also letztlich den Sinn, den wir unserem Leben geben. Und gleich danach macht sich unsere Philosophin Konstanze Caysa darüber auf ihre Weise Gedanken: „Vom Wert des Lebens“.
Sie sehen schon: Sie haben jede Menge Gründe, sich ihren Lesesessel auf den Balkon hinauszustellen und eine ordentliche Kanne Tee zu brühen. Erstmals haben wir auch einen kleinen Leitfaden durch die markantesten Ereignisse des zurückliegenden Monats gleich auf Seite 2 gepackt samt dem erstmals gekürten „Foto des Monats“.
Jan Kaefer ist im Sport zwangsläufig olympisch geworden, denn Leipzig hat ein gutes Dutzend Sportler/-innen nach Tokio entsandt, die reelle Medaillenchancen haben.
Und endgültig gegen den Strich bürstet dann Tom Rodig die „Wahrheit über die Systempresse“, indem er einen Redaktionsalltag schildert, wie ihn sich die „Lügenpresse“-Rufer wahrscheinlich vorstellen in ihrer Unwissenheit über die Welt und das, was darin geschieht.
Eigentlich ein schöner Ansatz, wieder mehr übers Zeitungsmachen zu schreiben, obwohl wir das schon oft getan haben. Aber augenscheinlich lesen das all die Leute nie, die so genau wissen, wie die „Systempresse“ funktioniert. Natürlich mit einem Morgen-Fax aus dem Kanzleramt, wie denn sonst? Gestern zum Beispiel hat Angela eine schöne Bastelanleitung für Aluhüte durchgeschickt. Natürlich sehr schicke Modelle, mit denen man sich auch auf UFOlogen-Kongressen sehen lassen könnte. Nur veröffentlichen durften wir sie nicht. Soll ja geheim bleiben wie alles, was wichtig ist in dieser Welt, nicht wahr?
Die neue „Leipziger Zeitung (LZ)“ haben unsere Abonnenten natürlich im Briefkasten. Für alle anderen liegt die neue LZ (VÖ 30.07.2021) an allen bekannten Verkaufsstellen aus.
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