Nils Kahlefendt ist nicht nur Mitorganisator des Literarischen Herbstes in Leipzig, sondern seit September auch neuer Repräsentant der Stiftung Buchkunst am Standort Leipzig. Keine unwichtige Mittlerrolle: Künftig soll er den Dialog zwischen den buchgestaltenden Gewerken und allen am Thema Buchkunst Interessierten am zweiten Standort der Stiftung – neben dem Hauptsitz in Frankfurt am Main – mittels neuer Formate weiter ausbauen. Denn Bücher sind ja nicht nur zum Lesen da, sondern auch zum Genießen. Stichwort: Schönste Bücher.
Die werden normalerweise jedes Frühjahr auf der Leipziger Buchmesse gekürt und ausgestellt. Die Gewinner werden öffentlich gewürdigt und die Besucher der kleinen Ausstellung können die Vielfalt herrlichster Buchgestaltung erleben. Es gibt keine Ausstellung, die eindringlicher zeigt, wie abenteuerlich Buchgestaltung sein kann. Und regelmäßig sind natürlich auch Leipziger Buchgestalter unter den Preisträgern. Denn in Leipzig hat das schöne Buch mittlerweile über 250 Jahre Geschichte. Die heutige Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) wurde ja als Kunstakademie gerade dafür gegründet.
Und Leipziger Verleger fanden hier immer hochkompetente Künstler, die ihre Bücher nicht nur mit faszinierenden Grafiken bereicherten, sondern das Buch auch so gestalteten, dass man schon beim Kauf im Buchladen ein Kribbeln in den Fingerspitzen bekommt. Das Buch will quasi regelrecht in die Hand genommen werden, verblüfft mit einem herrlichen Gefühl des Anfassens, Aufschlagens und Umblätterns. Und mit ästhetischen Freuden, die das Lesen selbst auf verblüffende Weise ergänzen.
Es soll auch Leute geben, die ihre Bücher vor allem nach diesem ästhetischen Genuss kaufen.
Nur fiel die große schöne Bücherschau im Frühjahr ja bekanntlich mitsamt der Buchmesse aus.
Obwohl eigentlich schon klar war, wer die Gewinner waren. Über 600 Bücher aus 31 Ländern wurden im Februar von einer internationalen Jury begutachtet und mit 14 Auszeichnungen versehen. Leider musste die diesjährige Preisverleihung im Rahmen der Leipziger Buchmesse ausfallen. Es ist zwar nur eine zweitrangige Lösung, aber die bislang einzig mögliche: Die schönen Bücher sind online in einem virtuellen Rundgang auf der Website der Stiftung Buchkunst zu sehen.
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis der Stiftung Buchkunst ging 2020 übrigens an den Leipziger Verlag Spector Books für den Titel „Das Jahr 1990 freilegen“.
Aber wer verirrt sich dorthin, wenn wir ihn nicht mit der Nase drauf stupsen?
Es braucht also – und künftig noch viel mehr – einen Botschafter. Oder auch viele. Und in Leipzig übernimmt nun Nils Kahlefendt diese Aufgabe. Er studierte Germanistik, Geschichte und Pädagogik in Leipzig, arbeitet seit 1993 als freier Autor und Journalist für Hörfunk, Printmedien und Kulturinstitutionen – Deutschlandfunk, MDR Kultur, F.A.Z., Leipziger Buchmesse – vor allem zu Themen aus der Buchhandels- und Verlagslandschaft. Seit 1997 ist er Korrespondent des Fachmagazins Börsenblatt mit Sitz in Leipzig, seit 2008 Mitglied im Kuratorium des Vereins der Hotlist der unabhängigen Verlage.
Den neuen Herausforderungen sieht er mit Vorfreude entgegen.
„Leipzig, die alte Welthauptstadt des gedruckten Wortes, hat sich zur Ausbildungsstadt rund ums Buch entwickelt“, betont er. „In den Biotopen der Hochschule für Grafik und Buchkunst und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur können sich angehende Gestalterinnen und Gestalter sowie Media Publisher erproben, die zwischen Connewitz, Berlin oder London längst ihre eigenen kreativen Netzwerke etabliert haben. Statt alte Antworten zu konservieren, stellen sie neue Fragen. Die Stiftung Buchkunst an diesem Prozess zwischen Tradition und Neuaufbruch teilhaben zu lassen, ihr Netzwerk zu stärken und, wo möglich, selbst produktive Impulse zu setzen ist eine Herausforderung, auf die ich mich sehr freue.“
Katharina Hesse, Geschäftsführerin der Stiftung hieß ihn im September mit den Worten willkommen: „Ich freue mich, dass wir mit Nils Kahlefendt einen sehr versierten Repräsentanten für unseren Standort in Leipzig gewinnen konnten und bin überzeugt, dass wir durch die Zusammenarbeit die Präsenz der Stiftung Buchkunst in Leipzig deutlich stärken werden.“
Natürlich ist auch wieder ein kreativ aufgemachter Katalog mit den ausgezeichneten Büchern erschienen. Der wurde in der abgebildeten recht ungewöhnlichen Form übrigens vom Bureau Est, Leipzig/Paris gestaltet. Informationen dazu findet man ebenfalls auf der Website der Stiftung Buchkunst. Aber man kann ihn natürlich auch für 20 Euro im Buchhandel bestellen (ISBN 978-3-9814291-9-0). Natürlich in der nahe gelegenen Lieblingsbuchhandlung. Schöne Bücher lässt man sich nicht vom IT-Gigfanten liefern, sondern holt sie sich beim Buchhändler/bei der Buchhändlerin des Vertrauens.
Denn eigentlich gehört auch das zum Thema schönes Buch: Es ist ein Kulturgut und ein Genussmittel. Und ein Vertrauensbeweis. Denn eigentlich verrät man auch mit dem Kauf eines Buches eine Menge über sich und die geistigen Welten, die man sich erobert hat.
Gute Nachricht für Literaturfreunde: Am 20. Oktober startet der Literarische Herbst in Leipzig
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