โDer Medienrat der Sรคchsischen Landesanstalt fรผr privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hat heute in einer auรerordentlichen Sitzung beschlossen, den Geschรคftsfรผhrer der SLM, Herrn Martin Deitenbeck, mit sofortiger Wirkung abzuberufenโ, meldete die Sรคchsische Landesanstalt fรผr privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) am 7. Februar. Man wollte aber partout nichts dazu sagen, warum Deitenbeck gehen musste.
Am 15. Februar lieร der Medienrat zumindest durchblicken, warum man sich vom langjรคhrigen Geschรคftsfรผhrer der SLM getrennt hat: โDer Medienrat der Sรคchsischen Landesanstalt fรผr privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) einigte sich mit dem bisherigen Geschรคftsfรผhrer der SLM, Martin Deitenbeck, einvernehmlich und abschlieรend auf eine Auflรถsung seines Arbeitsvertrages zum 31. Mรคrz 2019. Die Grรผnde fรผr die Abberufung des langjรคhrigen Geschรคftsfรผhrers liegen in erheblichen Differenzen zu wesentlichen Fragen der strategischen Ausrichtung der Arbeit der SLM. Martin Deitenbeck wurde bereits am 07.02.2019 mit sofortiger Wirkung vom Entscheidungs- und Beschlussgremium der SLM abberufen und bleibt bis Ende Mรคrz beurlaubt.โ
Was fรผr den Medienrat schon relativ deutlich war. Denn auch die SLM ist in Sachsen politisch gesteuert. รber sie wird Medienpolitik gemacht oder besser: verhindert. Denn am Konstrukt und den Mรถglichkeiten dieser Landesmedienanstalt hat sich seit Jahrzehnten nichts geรคndert. Sie spiegelt bis heute eine Medienlandschaft, wie sie ungefรคhr im Jahr 1990 existierte, als in Sachsen noch dutzende freie Radio- und Fernsehprojekte darum kรคmpften, in der regionalen Berichterstattung Fuร zu fassen.
Inhaltlich hat sich die SLM nie eingemischt. Das muss betont werden. Damals war es eine fรผr all diese Projekte wichtige Unterstรผtzung, wenn sie von der SLM Fรถrderung im technischen Bereich bekam. Um Werbeeinnahmen und redaktionelle Finanzierung mussten sie sich alle selbst kรผmmern. Die meisten Projekte sind im Lauf der Zeit alle wieder verschwunden. Und auch die noch verbliebenen kรคmpfen oft ums รberleben. Und sie leiden fast alle darunter, dass auch ihr Publikum immer รคlter wurde.
Die jungen Nutzerjahrgรคnge erreichen sie mit ihren klassischen Sendemethoden kaum.
Mit Beginn des Internets hat sich die Medienlandschaft grรผndlich gewandelt. Wenn eine Landesmedienanstalt nicht nur die Aufgabe des Kontrollierens hat, sondern auch des Fรถrderns, dann muss sie sich dieser Entwicklung irgendwann stellen und sich mit neuen Medienformaten abseits der klassischen Leitungen beschรคftigen.
Aber hier wurde Deitenbeck, der sogar relativ vorsichtig versucht hat, die alten Pfade zu verlassen, vom Medienrat ausgebremst. Er hatte die Aufgabenstellung der SLM, zu gestalten, nicht nur ernst genommen, sondern versucht, die neue Medienwelt รผberhaupt zu denken.
Das war schon zu viel. Und es ist nicht Deitenbeck, der nicht mehr der Zeit genรผgt, es ist der von politischen Interessen dominierte Medienrat.
Was jetzt Antje Feiks, medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sรคchsischen Landtag, ziemlich wรผtend macht.
โDie vรถllig intransparente Abberufung des bisherigen SLM-Geschรคftsfรผhrers und das extrem kurzfristige Ausschreibungsverfahren machen klar: Das Sรคchsische Privatrundfunkgesetz muss dringend geรคndert werden. Sachsen sticht auch bei diesem Thema mit einem dramatischen Demokratie-Defizit hervor. Im Vergleich der bundesweit 14 Landesmedienanstalten ist die Versammlung der SLM, also das Gremium, das die Vielfalt gesellschaftlicher Interessen reprรคsentiert, mit verschwindend geringen Vollmachten ausgestattetโ, stellt Feiks fest.
Eigentlich geht die Rolle der SLM-Versammlung nicht รผber die beratende Funktion hinaus. Sie kann die Fรถrderstrukturen der SLM nicht grundlegend รคndern, nur Vorschlรคge zur Fรถrderung machen.
Aber was nicht in die 30 Jahre alten Fรถrderstrukturen passt, hat keine Chance. Ergebnis: Die SLM speist sich nach wie vor aus Rundfunkbeitrรคgen, kann die zur Verfรผgung stehen Gelder aber schon lange nicht mehr sinnvoll im Rahmen der alten Fรถrdervorgaben unterbringen. Ergebnis: das Geld flieรt in Studien, die der Rechnungshof als sinnlos klassifiziert. Oder es hรคuft sich einfach an in den Rรผcklagen, weil Medien auรerhalb der alten Definition nicht gefรถrdert werden dรผrfen.
Dass alles so erstarrt ist, hat natรผrlich mit dem politischen Willen zu tun, auch in der SLM die eigenen Vorstellungen, was Medien und Medienfรถrderung zu sein haben, durchzusetzen.
Antje Feiks: โDie CDU hatte zur Zeit ihrer Alleinregierung 2001 durchgesetzt, die Macht in der SLM in einem parteipolitisch bestimmten Medienrat zu konzentrieren. Dies haben wir als Linke von Anfang an heftig kritisiert. Mit unserem Antrag โNovellierung des Sรคchsischen Privatrundfunkgesetzesโ haben wir 2016 einen Versuch unternommen, diesem Missstand abzuhelfen. Die SPD hatte sich in gewohnter Weise darauf zurรผckgezogen, es sei โjede Verรคnderung nur mรถglich, wenn diese auch von unserem Koalitionspartner CDU mitgetragen wirdโ. Die CDU blockte natรผrlich ab und behauptete, das SLM-Organisationsmodell seiโ auch im bundesweiten Vergleich sachgemรครโ.โ
Am Dienstag, 2. April, befasste sich die SLM-Versammlung mit der Geschรคftsfรผhrer-Frage.
Aus Sicht von Antje Feiks hat die Versammlung zwar eigentlich die Entscheidungskompetenz, nicht aber das Entscheidungsrecht. Und damit werde einer breiten รffentlichkeit das markante Demokratie-Defizit vor Augen gefรผhrt.
โIn der Vergangenheit ist die Sรคchsische Landesmedienanstalt bereits durch Geldverschwendung, schwarzen Filz und undurchsichtige Praktiken ins Gerede geraten, nicht zuletzt durch Ergebnisse der Prรผfung des Landesrechnungshofesโ, sagt Feiks. โDaraus mรผssen Konsequenzen gezogen werden โ am besten auch durch die Zuhรถrer/-innen und Zuschauer/-innen privater Medien, fรผr die die SLM zustรคndig ist: Mehr Demokratie bei der gesellschaftlichen Aufsicht รผber private Medien wird es nur ohne CDU an der Regierung in Sachsen geben!โ
Man merkt: Die Pointe am Ende geht irgendwie daneben. Denn Einfluss haben die โZuhรถrer/-innen und Zuschauer/-innen privater Medienโ eben auf diese Medien รผberhaupt keine. Genauso wenig wie die SLM-Versammlung an der erstarrten Justierung der SLM etwas รคndern kann. Auch so kann man uralte Zustรคnde betonieren. Ob die neue Geschรคftsfรผhrung in diesem alten Korsett wirklich so brillant agieren kann, wie vom Medienrat verheiรen, darf wohl bezweifelt werden.
Oder mal so formuliert: Wo Modernisierung nicht gewollt ist, werden auch Gestaltungsspielrรคume zur Illusion.
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher