Das ist ein Aufreger. Erst recht, seit sich Anfang des Monats der Betriebsrat der LVZ-Druckerei in Stahmeln an diverse SPD-Ortsgruppen und Verantwortliche gewandt hat, sich fรผr den Erhalt der 1993 gegrรผndeten Druckerei mit ihren 260 Mitarbeitern einzusetzen. Immerhin hรคlt die SPD รผber ihre Beteiligungsgesellschaft DDVG rund 20 Prozent Anteile an der Madsack-Gruppe. Und der Brief zeigt Wirkung.

Am Freitag, 16. November, haben die Fraktion Die Linke und die SPD-Fraktion einen gemeinsamen Antrag in den Leipziger Stadtrat eingebracht, der den Stadtrat auffordert, sich nachdrรผcklich fรผr den Erhalt der LVZ-Druckerei in Stahmeln, der letzten groรŸen Druckerei in der Medienstadt Leipzig, einzusetzen. Zum 31. Dezember 2019 droht diesem Unternehmen die SchlieรŸung und die Entlassung von 260 Beschรคftigten. Der vor 25 Jahren erรถffnete Standort wurde auch mit umfangreichen รถffentlichen Mitteln gefรถrdert.

Die Leipziger Druckerei- und Verlagsgesellschaft GmbH (LDVG GmbH) ist Bestandteil der Madsack GmbH & Co. KG, die in den vergangenen Jahren durch schmerzhafte Umstrukturierung wirtschaftlich stabilisiert wurde. An der Madsack GmbH & Co. wiederum ist die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH (DDVG mbH) mit Sitz in Berlin zu 23,1% beteiligt. Die DDVG mbH selbst gehรถrt zu รผber 95 % der SPD, die รผbrigen 5 % der sozialdemokratischen Solidaritรคt GmbH. In begrenztem MaรŸe ist daher eine Einflussmรถglichkeit durch die Verantwortlichen der SPD gegeben.

Und irgendwie geht es auch um die Tatsache, dass von der alten Buchstadt Leipzig und ihren vielen Druckereien nicht mehr viel รผbrig geblieben ist.

Leipzig war einmal die โ€žWelthauptstadt der Polygraphieโ€œ, betonen zum Beispiel die Fraktionen von SPD und Linken. In den letzten Jahren kam es bereits zum Totalverlust der entsprechenden Maschinenbauer in diesem Bereich. Nunmehr droht mit der SchlieรŸung der letzten groรŸen Druckerei die faktische Auslรถschung des Polygraphie-Zentrums Leipzig und damit ein schwerer, kaum zu kompensierender Schlag gegen die gesamte Medienstadt.

Ein derart tiefgreifender regionalwirtschaftlicher Absturz darf nicht widerstandslos hingenommen werden, finden Sรถren Pellmann, Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion, und Christopher Zenker, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat.

โ€žMaรŸnahmen zur Abfederung von Arbeitsplatzverlusten sind fรผr uns immer nur die schlechtere Lรถsung im Vergleich mit dem Erhalt von Arbeitsplรคtzen und lokaler Wertschรถpfung. Sollte die SchlieรŸung der Druckerei aber am Ende nicht zu verhindern sein, muss es eine sozialvertrรคgliche Lรถsung geben, die eine Beschรคftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zwingend einschlieรŸtโ€œ, betonen beide.

Aber insbesondere im SPD-Kreisverband Leipzig regt sich Widerspruch zur SchlieรŸungsentscheidung.

Noch bevor sich am 4. November die Beschรคftigten in einem Offenen Brief an die Mitglieder der SPD in Leipzig wandten, hat der Landesparteitag der SPD-Sachsen am 24./25. Oktober fรผr den Erhalt des Standorts votiert und seine beiden Bundesvorstandsmitglieder โ€“ die Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe und den Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Ministerprรคsidenten Martin Dulig โ€“ aufgefordert, sich im Bundesvorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands fรผr den Erhalt der Druckerei einzusetzen.

Am Samstag, 17. November, erschien nun ein Offener Brief, der von 43 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus ganz Leipzig unterzeichnet worden ist und sich an entscheidende Gremien wendet.

Darin heiรŸt es unter anderem: โ€œLeipzig ist die ostdeutsche Verlags- und Buchstadt schlechthin, nun eine 25 Jahre alte Druckerei zu schlieรŸen, die auch an den 4 Millionen โ‚ฌ Gewinn, den die DDVG in 2017 der SPD zur Verfรผgung gestellt hat, beteiligt gewesen ist, halten wir fรผr verantwortungslos. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Druckerei haben in den vergangenen Jahren auf vieles verzichtet, um ihre Arbeitsplรคtze zu behalten. Dies jetzt mit der SchlieรŸung des Werkes zu danken, ist unsolidarisch.โ€œ

โ€žEs war uns wichtig ein Zeichen der Solidaritรคt an die Beschรคftigten zu senden und sichtbar fรผr den Erhalt einzutretenโ€œ, begrรผndet die Initiatorin, die SPD-Stadtrรคtin Nicole Bรคrwald-Wohlfarth, den Offenen Brief. Gerade Leipzig als Buch-, Verlags- und Druckereistadt von Bedeutung dรผrfe als Standort nicht verloren gehen, so Bรคrwald-Wohlfarth weiter.

โ€žWir erwarten, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen ihre Entscheidung รผberdenken und mittels Investitionen die Arbeitsplรคtze erhalten. Gerade in einer Phase, in der die SPD mittels Erneuerung um verlorengegangenes Vertrauen wirbt, ist eine solche Entscheidung kontraproduktiv.โ€œ

Offener Brief SPD โ€“ LVZ Druckerei

Mitarbeiter der Stahmelner LVZ-Druckerei wenden sich mit einem Protestbrief an die SPD

Mitarbeiter der Stahmelner LVZ-Druckerei wenden sich mit einem Protestbrief an die SPD

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Ich habe echt gelacht: โ€œGerade in einer Phase, in der die SPD mittels Erneuerung um verlorengegangenes Vertrauen wirbt,โ€ฆโ€ Was meinen die mit Werben? Kauft die SPD jetzt likes bei Facebook? Die Politik kanns ja nicht sein, da heiรŸt es ja frรถhlich: Weiter so!

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