Irgendwie klang das gleich mal wie Mit-Jubel, als die โZeitโ am Mittwoch, 18. Juli, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkbeitragserhebung besprach: โFรผr ARD, ZDF und Deutschlandradio, deren Legitimation von Rechtspopulisten beharrlich und zusehends aggressiv infrage gestellt wird, dรผrfte das eine Genugtuung sein.โ Da hat man wohl nicht gemerkt, dass zwar die Rechtspopulisten besonders laut wetterten โ aber die Kritik kam viel fundierter aus ganz anderer Richtung. Und das Urteil hat sich um den eigentlichen Streitfall generรถs herumgedrรผckt.
Das einzige Zugestรคndnis, das das Bundesverfassungsgericht machte, lautet: โEin Beitragsschuldner darf zur Abschรถpfung desselben Vorteils nicht mehrfach herangezogen werden.โ Womit eher die jetzt eine Entlastung bekommen, die die wenigsten Probleme mit dieser Rundfunksteuer haben: die Inhaber von zwei Wohnungen. Sie brauchen kรผnftig nur noch einmal Rundfunkbeitrag zu entrichten.
Aber die Krux steckt ganz woanders. Denn was bedeutet es, wenn sich das Gericht darauf versteift, zuzugestehen: โDas Grundgesetz steht der Erhebung von Vorzugslasten in Form von Beitrรคgen nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten einer รถffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr โ potentiell โ einen Nutzen haben.โ
Genau in diesem Moment verwandelt sich der Rundfunkbeitrag in eine steuerรคhnliche Abgabe. Und fรผr die sollte eigentlich gelten, dass sie โ wenn sie schon nicht an den โVerbrauchโ oder die Nutznieรung von etwas gekoppelt ist โ auf die Leistungsfรคhigkeit des Beitragszahlers Rรผcksicht nimmt. Aus Sicht eines hochbezahlten โZeitโ-Redakteurs mรถgen 17,49 Euro im Monat Peanuts sein. Fรผr einen Groรteil der Normal- und Geringverdiener sind sie eine massive Belastung des knappen Monatsbudgets.
Ein Thema, das die medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Sรคchsischen Landtag, Antje Feiks, nach dem Urteil ansprach.
โGrundsรคtzlich befรผrworten wir das Vorhandensein des รถffentlich-rechtlichen Rundfunks mit solidarischer Finanzierung, weil wir glauben, dass man die Aufgaben der รถffentlichen Massenmedien nicht allein privaten Anbietern รผberlassen kann, deren Daseinszweck naturgemรคร in erster Linie der Profit ist. Von ihnen wรคre eine neutrale Berichterstattung schon gar nicht zu erwartenโ, sagte Feiks am Mittwoch, 18. Juli.
โDie Beitragsfinanzierung erรถffnet einen Spielraum, den private Anbieter nicht haben, fรผr zeitaufwendigen, hochwertigen, hintergrรผndigen, kritischen Journalismus โ bei aller Kritik, die man etwa an der Programmgestaltung รผben kann. Insofern ist es gut, dass das Bundesverfassungsgericht heute den รถffentlich-rechtlichen Rundfunk gestรคrkt hat. รffentliche Medienunternehmen sichern gewisse Grundstandards hinsichtlich seriรถser Information, freier Meinungsbildung und politischer Kontroverse, aber auch bei niveauvoller Unterhaltung und kultureller Bildung in den europรคischen Demokratien.โ
Aber alle Wohnungsinhaber gleichermaรen abzukassieren, das hat mit Gleichbehandlung nichts zu tun, stellt Feiks fest.
โDas รคndert aber nichts an Ungerechtigkeiten des heutigen Gebรผhrensystems. Das Gericht fordert nun den Gesetzgeber auf, eine wesentliche Ungerechtigkeit zu korrigieren. Auch wer mehrere Wohnungen nutzt, darf kรผnftig nur einmalig mit dem Rundfunkbeitrag belastet werden. Das begrรผรe ich. Das Beitragssystem muss allerdings grundsรคtzlich รผberarbeitet werden, um es sozial gerecht zu machenโ, sagt sie. Aber wo Sachsens Medienminister Oliver Schenk beinah jubelt, wenn er sagt: โDer Solidargedanke muss erhalten bleiben und Beitragsbefreiungen sollten weiterhin dort erfolgen, wo sie gerecht und notwendig sindโ, sieht Feiks nach wie vor eine riesige Gerechtigkeitslรผcke.
โVon der haushaltsbezogenen Abgabe gibt es weiterhin viel zu wenige Befreiungstatbestรคnde, etwa fรผr die Empfรคnger geringer Einkommen. Anders als CDU und SPD, die das neue Rundfunkfinanzierungssystem letztlich durchgesetzt haben, treten wir gegen eine pauschale und an vielen Stellen ungerechte Abgabe einโ, erklรคrt die Abgeordnete der Linken ihre Position. โWir wollen, dass die Beitrรคge einkommensabhรคngig gestaffelt und den untersten Einkommensgruppen erlassen werden. Mittelfristig muss die anachronistische Erhebung der Rundfunkbeitrรคge auf Wohnungen, Betriebsstรคtten, Fahrzeuge und Hotelzimmer durch eine einkommensabhรคngige Erhebung auf erwachsene Personen ersetzt werden. Diese wรผrde der heutigen Medienwirklichkeit mit Empfangsmรถglichkeiten bzw. Online-Anbindung in fast allen Lebenslagen gerecht.โ
Und wovon trรคumt Oliver Schenk auch noch? โ โDer Minister verwies darauf, dass die รถffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugleich die Pflicht hรคtten, den an sie gestellten hohen Qualitรคtsanspruch zu erfรผllen und nicht in einen Wettbewerb mit den privaten Rundfunkanstalten um die besten Unterhaltungsformate einzutreten.โ
Ein frommer Wunsch.
Transparenz ist beim รถffentlich-rechtlichen Rundfunk auch politisch nicht gewollt
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