Am 12. Februar erschien die jüngste, die 28. Ausgabe der „Leipziger Zeitung“, die dritte als Monatszeitung. Und mancher hat's gar nicht gemerkt. Denn binnen zwei Tagen war die Ausgabe an den wichtigsten Auslagestellen vergriffen. Vielleicht auch wegen des Titelthemas. Noch vor den Veröffentlichungen auf L-IZ.de hat die LZ-Mannschaft das Thema Gewalt im Umfeld von angemeldeten und nicht angemeldeten Demonstrationen in Leipzig thematisiert.

Wer sich erinnert: In der Januar-Ausgabe stand explizit im Mittelpunkt, was im Dezember und im Januar in Connewitz passierte. Und auch damals schon stand eine Frage: Hat die Polizei richtig reagiert?

Aber für ein kleineres Aufsehen sorgte dann, als auch die L-IZ im Gefolge der Februarausgabe der „Leipziger Zeitung“ noch einmal das thematisierte, was nicht nur für die Reporter der beiden Schwestermedien seit einem Jahr regelmäßige Erfahrung im Umfeld von LEGIDA-Demonstrationen war. Mit Betonung auf „war“. Denn nachdem sich die Polizei im Umfeld dieser Demonstration nicht bemüßigt sah oder nicht in der Lage, die fortwährenden gewalttätigen Angriffe aus der Demonstration auf Journalisten zu unterbinden, haben sich L-IZ und LZ entschieden, nicht mehr über die LEGIDA-Demonstrationen zu berichten.

Dafür bekamen wir unterstützende Zusprache, Verständnis – aber auch Unverständnis. Immerhin steht der Anspruch: Wer, wenn nicht wir soll eigentlich von diesen fremdenfeindlichen Demonstrationen berichten? Unsere Reporter vor Ort haben sich Kompetenz aufgebaut, sind den zum Teil direkt aus dem rechtsextremen Milieu kommenden Demonstrationsteilnehmern mit der Berichterstattung immer wieder auf die Pelle gerückt. Einige davon sind sogar vor Gericht gezogen und haben verlangt, dass ihre Namen nicht mehr öffentlich genannt werden sollen.

Und das Argument unserer Leser: Wir würden ja mit dem Rückzug genau das tun, was die versammelten Schwerenöter mit ihren immer neuen Angriffen bezweckten.

Das kann man nachvollziehen.

Aber Tatsache ist auch, dass es jenseits dieser Demonstrationen, die nun wirklich nicht viel Neues gebracht haben außer immer neue Ausfälle an den Mikrophonen, noch viel mehr zu erzählen gibt. Unsere Leser wissen es. Gerade die, die die LZ nun zum dritten Mal in ihrer neuen, kompakten Form gelesen haben. Denn auch das kostet Zeit und Fleiß. Und wir haben gehalten, was wir versprochen haben: Die Zeitung, die bis zum November wöchentlich erschien, deutlich dichter zu machen, mit mehr Hintergrundgeschichten zu füllen und auch zu zeigen, wie eine gut gemachte Monatszeitung aus Leipzig eigentlich aussehen kann. Logisch: Mit Luft nach oben. Da wollen wir auf jeden Fall noch mehr.

Denn das Ziel stand die ganze Zeit: Eine Zeitung zu schaffen, die sich von Inhalt, Dichte und Intensität sehen lassen kann und ihre Leser in den Bann schlägt, weil hier etwas anderes passiert als in der schnelllebigen Welt der „News“.

Denn unsere Grundüberzeugung war immer: Es braucht mehr als das Schnipsel-Futter aus TV, Rundfunk und Newsportalen, damit Leser ein Gefühl dafür bekommen, wie ihre direkte Umwelt funktioniert, wie Politik zustande kommt und Wirtschaft läuft, wie Gewalt entsteht und wie Polizisten ticken, wie Städte wachsen und Länder sich verändern. Das lässt sich mit Schnipseln nicht erklären, mit Talkrunden, in denen jeder sein Ego feiert, erst recht nicht. Übrigens ein Thema, über das Matthias Weidemann in der Februarausgabe recht energisch schrieb.

An einigen Verkaufsstellen wird der LZ-Stapel am 11. März also deutlich höher sein müssen.

Und natürlich wird trotzdem weiter aus dem Umfeld von LEGIDA berichtet. Das wird in beiden Medien zu verfolgen sein. Nur eben nicht über die immer gleichen Mitmarschierer mit ihren depperten Sprüchen, sondern über das Umfeld zum Beispiel, den ganzen bunten Protest, in dem deutlich wird, wofür diese Stadt Leipzig und das viel beschimpfte Sachsen wirklich stehen.

Manchmal muss man einfach daran erinnern, dass auch Medien teil daran haben, wenn Stimmungen scheinbar kippen, Medien und Politiker, die – wie eben in Sachsen – eine Politik gegen die eigene Bevölkerung gemacht haben. Man muss nur manchmal in die Archive schauen: Noch im Juni 2015 veröffentlichte die Sächsische Staatsregierung die neueste Umfrage, in der die Sachsen nach ihrer Bereitschaft gefragt wurden, Flüchtlinge aufzunehmen.

91 Prozent der Befragten befürworteten damals, als PEGIDA in Dresden längst marschierte, die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegs- und Bürgerkriegsländern. Und daher kommen ja nun mal die meisten.

Doch statt mit diesem Rückhalt zu arbeiten, waren es ausgerechnet führende CDU-Politiker aus Sachsen, die früh in den Chor einstimmten „Wir schaffen das nicht“, vorneweg ein Innenminister, der aus dem Kehrreim „Wir müssen schneller abschieben“ gar nicht mehr herauskam. Die verantwortliche Politik hat eine Menge dafür getan, dass die Stimmung kippte. Und zwar noch bevor die meisten Flüchtlinge überhaupt ankamen.

Manchmal ist neben Standhaftigkeit auch ein gewisses Maß Menschlichkeit gefragt. Auch und gerade in der Berichterstattung. Wer auf die Frames der Menschenfeinde immer und immer wieder eingeht, der verstärkt sie. Deswegen werden noch viele Geschichten in der LZ deutlich auf die strukturellen und emotionalen Probleme unseres Landes eingehen, das jetzt wie okkupiert scheint von Menschenfeinden.

Zumindest ein Thema aus der kommenden Ausgabe kann man jetzt schon verraten, weil es einfach im Kalender steht: Die Bücherstadt Leipzig wird eine Rolle spielen. An dem, was dann die Gemüter erhitzen wird, arbeiten die LZ-Autoren gerade. Mit einer gewissen Beharrlichkeit. Denn sie wissen ja: Am 11. März erwarten die Leser wieder Stoff, der zum Hängenbleiben einlädt.

Zum Nachdenklichwerden sowieso. Dafür sind kompakte Zeitungen, die ihre Leser nicht mit Promi-Geflüster und seichten Festivitäten veralbern, ja nun mal da. Denn auch das Seichte hat die Reputation vieler Medien in den letzten Jahren zerstört. Seichtes ist leicht. Auch leicht zu machen. Nachzudenken und die Dinge zu hinterfragen, das ist die eigentlich spannende Arbeit, die Journalisten reizt und Zeitungen erst lesbar macht.

Also „Nu grade“ würde Lene Voigt sagen.

Leipziger Zeitung Nr. 28: Keine Gewalt. Foto: L-IZ.de
Foto: L-IZ.de

Das hier sind die Themen, die in Ausgabe 28 zu lesen sind

Die Gewalt nimmt zu

Seit über einem Jahr marschiert eine nicht minder kleine Menge von Menschen auf den Straßen der Messestadt. Was zu Beginn als Protest der Abgehängten abgetan wurde, zeigt heute sein wahres Gesicht. Völkisch, rassistisch, islamophob, antisemitisch und gewaltbereit. Immer wieder werden Journalisten Opfer dieser Gewalttätigkeit, die auch von den Sicherheitskräften der Staatsgewalt nur bedingt unterbunden zu werden scheint. Eine Chronik der Gewalt listet die Vorfälle des letzten Jahres auf. Ein Bericht über die geplante Leipziger Bürgerwehr beschäftigt sich mit der Frage, was Sicherheit ist.

Theater und Museum

Lange wurde darüber gestritten und beraten, wo das Naturkundemuseum zukünftig untergebracht werden soll. Lange wurde darüber gestritten und beraten, ob und wo ein Theaterhaus für die Freie Szene entstehen soll. Nun werden beide Institutionen unter einem Dach vereint. Neben einem Artikel zur Frage, ob die Entscheidung für den Standort auf dem Gelände der Baumwollspinnerei eine weise war, gibt es auch ein exklusives Interview mit dem ehemaligen Direktor des Naturkundemuseums. Soviel sei verraten: Herr Schletter ist nicht begeistert.

Über die Zeit gerettet

Das architektonische Erbe der DDR-Moderne hat bis heute nicht viel Ansehen genossen. Zu kalt und menschenfeindlich sei die Baukunst des Sozialismus gewesen. Dass es diese eine Baukunst nicht gegeben hat, dass sie Teil einer internationalen Strömung war und die spätere Absage ihr gegenüber nicht als architekturpolitische Siegerjustiz zu verstehen ist, wird dabei nur selten betrachtet. Wir haben in einem umfangreichen Beitrag über den Umgang mit diesem baulichen Erbe allen Aspekten nachgeleuchtet.

Der gute Europäer

Ist Europa noch zu retten? Überall bröckelt es, die Fundamente zerbrechen oder wurden nie sonderlich gut ausgebildet. Die Folge ist ein grassierender Fundamentalismus nationalistischer Prägung und damit ein Rückfall in längst überwunden geglaubte Zustände. Mit dieser Krise kommt auch die Zeit der Entscheidung und die Rettungsmöglichkeit liegt am Ende in der Fähigkeit der guten Europäer, sich auf ihre gemeinsame Herkunft zu besinnen, um gerecht gegeneinander zu sein. Was Friedrich Nietzsche damit zu tun hat und warum gut deutsch sein heißt, sich entdeutschen zu können, das lesen Sie in der aktuellen LZ.

Man hört es knistern

Das Buch ist am Ende, keiner schreibt mehr Briefe… Wofür also noch Papier? Zum A… abwischen, zum Verpacken der vielen elektronischen Endgeräte, die wir uns liefern lassen, um am digitalen Aufmerksamkeitsregime Anteil nehmen zu können – dafür scheint Papier noch gut zu sein. – Der Werkstoff Papier blickt auf eine 2.000 Jahre alte Geschichte zurück, die das Deutsche Buch- und Schriftmuseum seit dem 18. Februar in einer Ausstellung nachvollzieht. Wir haben mit der Direktorin Stephanie Jacobs und dem Leiter der Papierhistorischen Sammlung Frieder Schmidt über den Zellulosestoff gesprochen.

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Die Umfrage der Sächsischen Regierung vom Mai 2015.

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