Es gab eine Zeit, da glaubten wir hier in unserem kleinen Leipzig noch, wir sind die Jungen und Unerfahrenen auf dem Feld der Medien, und die Erfahrenen und Professionellen, die arbeiten bei "Zeit" oder "Spiegel". Aber wenn die gegenwärtigen Tage etwas zeigen, dann ist es die ernüchternde Tatsache, wie konzeptionslos und unprofessionell dort gearbeitet wird. Ein CDU-Abgeordneter fordert den Rücktritt Angela Merkels? Was für ein Witz.

“Flüchtlingskrise: CDU-Abgeordneter stellt Merkels Kanzlerschaft infrage” war der Artikel auf “Spiegel Online” am Sonntag, 15. November, übertitelt. Auf eigenen Recherchen beruhte er sichtlich nicht. Man bezog sich einfach mal auf eine Meldung aus der “Bild am Sonntag”. Was schon peinlich genug ist, denn auch beim “Spiegel” sollte man eigentlich wissen, mit welchen Schießbudenmethoden bei “Bild” gearbeitet wird. Das ändert sich auch sonntags nicht.

Und irgendwie hat man dort den CDU-Abgeordneten Klaus-Peter Willsch mit den Worten zitiert: “Wir müssen dazu kommen, Flüchtlinge an den Grenzen zurückzuweisen. Gelingt uns das nicht, werden die Bürger der Kanzlerin das Vertrauen entziehen.” Der “Spiegel” zitiert auch den Satz: “In der Fraktion herrscht Verzweiflung darüber, dass die Regierungsspitze nicht aufnimmt, was an sie herangetragen wird.”

Dass hier aus einer überschaubaren Gruppe von CDU-Abgeordneten gleich mal die ganze CDU-Fraktion wird, wird im “Spiegel”-Artikel durch die Zitierung des Fraktionschefs Kauder zumindest relativiert. Aber das ändert nichts daran, dass groß und frech überm Artikel steht: “CDU-Abgeordneter stellt Merkels Kanzlerschaft infrage”.

Aber der Leser fragt sich natürlich: Wer ist eigentlich Klaus-Peter Willsch? Muss man den kennen? Ist das nicht nur ein Hinterbänkler aus Hessen?

Dass er zum ganz rechten Rand der CDU-Fraktion gehört, hat zumindest lokal in den letzten Jahren immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. 2014 fiel er damit auf, dass er im Verein mit anderen “CDU-Rebellen” wie der allgegenwärtigen Erika Steinbach für eine Zusammenarbeit mit der rechtslastigen AfD plädierte. Zuvor war Willsch damit aufgefallen, dass in einem Magazin, das er herausgab, 2007 Anzeigen der Rüstungsindustrie auftauchten, die den Verdacht nährten, dass es hier ziemlich direkte Verbindungen zu Willschs Rolle im Haushaltsausschuss des Bundestages gab, wo es um Entscheidungen über Rüstungsaufträge ging.

Alles nachzulesen, wenn man den Beitrag zu Willsch auf Wikipedia aufruft. Das Mindeste eigentlich, wenn man so einen Mann in einem Artikel zentral platziert. Nur so kann man einordnen, woher dieses Heckenschützenfeuer kommt, mit dem jetzt die Hardliner in der CDU versuchen, wieder ihre Eigeninteressen durchzusetzen.

Damit wird auch offenkundig, wie zerrissen die CDU tatsächlich ist und wie teuer erkauft die Geschlossenheit dieser Partei, über der Angela Merkel auch als Garantin für gewonnene Wahlen schwebt. Und die Panik, die Willsch benennt, ist natürlich die Panik von Abgeordneten, die um ihre Diäten bangen. Dass sie dabei eine Kanzlerin beschädigen, die zwar freundlich wirkt, aber dennoch in aller Ruhe ihre Arbeit macht, ist ihnen egal.

Dass der “Spiegel” freilich die Politik dieser Fraktionierung derart unhinterfragt als Geschichte verkauft, das ist zumindest verwunderlich. Gerade erst hat sich ja auch die “Zeit” als Kanzlerinstürzerin versucht und dick und fett online getitelt: “Der Anfang vom Ende”. Wer im dortigen Artikel nach einer qualifizierten Analyse, die so eine Behauptung begründen würde, sucht, der fand und findet sie nicht.

So ganz nebenbei gesagt: Die politische Analyse ist den viel gepriesenen Leitmedien schon heftig abhanden gekommen, obwohl sie in Berlin fast täglich mit allen möglichen Abgeordneten schwatzen. Völlig ausgeblendet dabei bleibt die Tatsache, dass Regierungen immer schlechte Bewertungen in Umfragen bekommen, wenn sie mit Krisen zu kämpfen haben. Das geliebte Befragten-Volk vergibt nur gute Noten, wenn alles schön ist, Friede, Freude und Eierkuchen.

Aber wirklich gute Regierungen beweisen sich erst in Krisen – und zwar nicht damit, dass sie wilde Symbolpolitik machen und überall Zäune bauen und nach härteren Abschiebungen schreien, sondern indem sie die verfügbaren Ressourcen klug einsetzen und – manchmal auch mit viel Geduld – die Dinge organisieren und abarbeiten.

Aber auch diese Analyse vermisst man auf den Seiten der Leitmedien, die zwar vorneweg latschen, aber ihren Lesern augenscheinlich auch nur noch Häppchenkost zutrauen und lieber einen strammen Hardliner aus Hessen zum Kanzlerschreck aufblasen, als vorher wenigstens mal nachzuschauen, was das für eine Type ist.

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Die Medien werden als die 4. Staatsgewalt bezeichnet.
Wenn sie das wollen, dann sind sie es.
Der überwiegende Teil davon hat diese Rolle besonders in den letzten Jahren missbraucht. Schamlos missbraucht. Es geht vorwiegend nur noch um Kohle (= Auflage = Geld). Von einer seriösen Berichterstattung kann vielfach keine Rede mehr sein, was sehr viele Bürgerinnen und Bürger, besonders in den neuen Bundesländern, längst begriffen haben.

Ich möchte dazu keine Verbindung zur Asylpolitik herstellen. Ich bleibe bei meinen Leisten, bei der Kontrolle der Steuergelder. In den seit diesem Wochenende veröffentlichten Folgen 2 und 3 meiner Serie zu den Landesrechnunghöfen habe ich vier Beispiele über deren “Versagen” angeführt.

Alle hier im Beitrag von Herrn Julke genannten Medien, also Bild am Sonntag, Spiegel und Zeit, wurden vom mir über die skandalösen Zustände bei der Kontrolle der Steuergelder des Projektes Flughafen Berlin/Brandenburg ( zuständig Bundesrechnungshof, Berliner Rechnungshof, Landesrechnungshof Brandenburg) informiert. Das erfolgte durch Gespräche mit mehreren Journalisten sowie konkreten Informationen per Mail.

Bis zum heutigen Tag wurde dieses mehr ais heiße Eisen nicht angepackt!! Die Ursachen sind vielfältig. Alle diese Medien, wie weitere mit Rang und Namen, müssen dann zwangsläufig eingestehen, dass ihre Berichterstattungen dazu u.a oberflächlich, (wahrscheinlich) politisch motiviert, ungenügend recherchiert und letztlich nicht im Einklang mit fairen Journalismus stehen.

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