Was ist nur aus dem Leipziger "Kreuzer" geworden? Einstmals, so ungefähr vor 20 Jahren, durchaus ein kritisches und ernstzunehmendes Stadtmagazin. Ein Ruf, von dem der "Kreuzer" bis heute zehrt, den er aber aktuell mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln ruiniert. Wer mag, findet in der aktuellen Ausgabe eine Geschichte über die "Leipziger Zeitung", überschrieben mit "Angst und Schrecken in L.E. City".
Am Donnerstag, 30. Juli, hat Andreas Raabe, derzeit Chefredakteur des Magazins, das im Heft auf vier Seiten ausgewalzte Thema auch noch als Aufhänger für seine Werbemail für das neue August-Magazin gemacht.
Der Verdacht tut sich auf: Er hat überhaupt nicht begriffen, was er da angerichtet hat.
“Schon im Vorfeld berichteten wir glossierend über ein Anwaltsschreiben, das den kreuzer vor Erscheinen des Heftes per Fax erreichte”, schreibt er auch noch. “Darin kündigt ein von der Leipziger Zeitung beauftragter Anwalt eine ‘sehr genaue’ Prüfung des kommenden kreuzer-Berichtes auf ‘Wahrheitsgehalt und sonstige Rechtmäßigkeit etwa im Hinblick auf unzulässige Verdachtsberichterstattung’ an.”
Das Anwaltsschreiben hat der “Kreuzer” wirklich bekommen. Weil da irgendwie in den Köpfen der beiden LZ-Gesellschafter Arand und Dobschütz schon recht klar war, aufgrund welcher Informationen von welcher Seite man einen Artikel veröffentlichen würde. Ein klarer Hinweis an die “Kreuzer”-Macher, die Inhalte genau zu prüfen und nicht leichtfertig irgendwelchen, nicht bestätigten Informationen zu glauben. Und der beauftragte Anwalt hat den veröffentlichten Text nun auch entsprechend geprüft, doch erst suchte man friedliche Lösungen.
Die L-IZ-Leser kennen Robert Dobschütz schon, denn er ist auch Partner im Team der L-IZ-Herausgeber. Manchmal taucht er als Autor auf, meist unter einem Pseudonym. Der “Kreuzer” fand es sogar witzig, sein Pseudonym aufzudecken. Was eigentlich unverzeihlich ist, da ein als Pseudonym verwendeter Autorenname – vor allem bei kritischen Berichten – die Person des Schreibenden schützen soll. Aber auch das scheint den beiden “Kreuzer”- Journalisten Anna Wulffert und Andreas Raabe nicht bewusst gewesen zu sein.
Wer den Beitrag liest, sieht, was für Informationen – bis hin zu internen Mails der LZ-Geschäftspartner – da zum “Kreuzer” getragen wurden. Eine Menge Futter für eine große Geschichte. Aber was für eine eigentlich? Die “Kreuzer”-Ãœberschrift suggeriert fast mafiöse Ausmaße, als wäre die “Leipziger Zeitung” eine Räuberpistole, die mit Schreckensnachrichten die Stadt in Entsetzen versinken lässt.
Ist sie ja nicht. Den meisten Lesern ist die Wochenzeitung sogar noch viel zu brav. Dass hier vielleicht gar hinter den Kulissen Angst und Schrecken verbreitet würden, hätte auch keiner der 1.300 Abonnenten gedacht, die die Zeitung mittlerweile bestellt haben. Weitere 3.500 bis 3.800 Leser holen sich die Zeitung jede Woche am Kiosk, die sie – möglicherweise – auch deshalb kaufen, weil Leipzig in dieser Zeitung mal nicht in Blut und Schrecken versinkt, sondern ein Dutzend mehr oder weniger professioneller Autoren versucht, die Stadt wirklich zu beschreiben, wie sie sie erleben. Graswurzelarbeit. So ähnlich wie bei der Leipziger Internet Zeitung. Nur halt gedruckt. Bei vielen Leipzigern erfüllt genau so eine Zeitung den lang gehegten Wunsch nach einer Alternative. Einer Alternative, die der “Kreuzer” in vielen Teilen nicht mehr bietet. Schon lange nicht mehr.
Ob es dauerhaft funktioniert, weiß niemand.
Als die damals noch drei Herausgeber der “Leipziger Zeitung” im Frühjahr starteten, konnten sie nur hoffen, dass das Projekt in Leipzig auf fruchtbaren Boden fällt. Immerhin geht schon seit Jahren die Legende durch die Welt “Print ist tot”.
Doch das empfinden augenscheinlich rund 5.000 Leipziger anders. Und lesen auch, was sie für 2,10 Euro bekommen. Manchen ist es sogar zu viel, an einem Wochenende einfach nicht zu schaffen. Oder noch nicht genug. Mehr Hintergrundreportagen, stärkeres Nachfassen, kritischere Artikel wünschen sich die Leser. Das ist wie bei der L-IZ. Und recht haben sie.
Und die Aufmerksamen unter ihnen haben mitbekommen, was für ein heftiger Kampf das ist hinter den Kulissen. Denn mit Geld überschüttet wird so ein (neues) Zeitungsprojekt nicht. Jeder Abonnent musste geworben werden, Werbekunden auch. Einige der kreativen Aktionen dazu wurden auch auf der L-IZ gespiegelt. Auch die Autoren der L-IZ waren unterwegs, sind mit Handwagen losgezogen, um die Leipziger für das neue Projekt zu begeistern.
Und sie sind mit eingestiegen, als es darum ging, die Ressorts der neuen Zeitung zu füllen. Weil sie es können und als jahrelange L-IZ-Autoren im Stoff stehen. Das hat der LZ geholfen, an Kontur zu gewinnen, auch wenn beide Projekte mit Argusaugen darüber wachen, nicht einfach zu verschmelzen – sondern sich an den richtigen Stellen sinnvoll ergänzen. Da ist noch viel Arbeit notwendig, aber die Konzepte dafür sind da. Das sehen viele Leser, die den Werdegang der LZ begleiten, durchaus mit ähnlicher Haltung: Die “Leipziger Zeitung” muss reifen. Und sie reift natürlich mit ihren Autoren. Irgendwann hat sie ein unverwechselbares Profil. Das wird von Handschriften und Autoren getragen. Und von einer Redaktionsleitung, die sich langsam selbst ein eigenes Profil erarbeitet.
Eher war im Frühjahr und Frühsommer die Frage: Kommt die “Leipziger Zeitung” auf die Beine, schafft sie sich belastbare finanzielle Grundlagen? Die Frage stand durchaus. Das war einer der wenigen Fakten im “Kreuzer”-Artikel, die stimmten: Fixkosten von mehreren zehntausend Euro im Monat wären schlicht zu viel gewesen. Was der “Kreuzer” nicht verrät: Am Aufbau dieser (für ein junges Zeitungsprojekt zu hohen) Fixkosten hat der im Artikel so gelobte Druckereibesitzersohn Cesare Stercken eine wichtige Aktie. Vielleicht lebte er wirklich in dem Glauben, er könne das Geld von Anfang an einspielen und auch gleich noch mehrere ordentlich bezahlte Festanstellungen schaffen. An so einem Start sind schon viele Gründer gescheitert.
Und zu den L-IZ-Erfahrungen gehört nun einmal, dass man so ein Medienprojekt in Leipzig knapp, richtig knapp rechnen muss. Sonst übersteigen die Kosten ganz schnell die Einnahmen. So, wie das bei der LZ im Frühjahr drohte. Der Dissens zwischen drei Gesellschaftern entstand ja nicht, weil Cesare Stercken besonders aufs Geld achtete. Im Gegenteil. Es war der L-IZ-Robert-Dobschütz, der gemeinsam mit Moritz Arand seinen Geschäftspartner verärgerte, die anfingen, die Kosten und Verträge zu hinterfragen und die Geschäftsunterlagen sehen zu wollen. Um gerade das zu verhindern, was nun der “Kreuzer” an die Wand malt: das schnelle Ende des Projektes, weil man einfach gleich zum Start sonst viel zu viel Geld ausgegeben hätte.
Ganz schlicht aus L-IZ-Sicht gesagt: Es wäre eine Katastrophe, gerade diese seit Jahren erste auch journalistisch gemeinte Zeitungsgründung in Leipzig durch einen unsinnigen Umgang mit den Geldern absaufen zu lassen.
Ist jemand in Angst und Schrecken versetzt bei der LZ?
Möglicherweise. Der “Kreuzer”-Artikel bietet allen Anlass dazu, denn auch der “Kreuzer” hat lange, lange nicht so einen Artikel fabriziert, der derart viele Tatsachen verdreht, Einseitigkeiten und Mutmaßungen enthält. Das Anwaltsschreiben bekam der “Kreuzer” übrigens vor der Veröffentlichung des Artikels. Die Mannschaft um Andreas Raabe hatte durchaus Zeit, noch die Kurve zu kriegen – entweder indem sie den Artikel zurückgezogen, nochmals nachgefragt oder vieles komplett umgeschrieben hätte. Denn wenn ein Artikel so strotzt von Falschdarstellungen, dann ist die Gegenseite nun einmal gezwungen, einen Anwalt einzuschalten. Es geht gar nicht anders.
Der Hinweis darauf, dass es so kommt, hat das Haus “Kreuzer” durchaus früh genug erreicht.
Auch den Hinweis auf eine gütliche Einigung im Nachgang gab es. Am Dienstagabend, 28. Juli, gab es sogar ein Treffen zwischen der Leitung der LZ und der “Kreuzer”-Leitung. Da wurden “Kreuzer”-Chef Egbert Pietsch und Chefredakteur Andreas Raabe noch einmal darauf hingewiesen, was sie falsch gemacht hatten. Aber eine weitere Rundmail von Raabe am Donnerstag, 30. Juli, zeigt, dass sie es wohl beide nicht begriffen haben.
Natürlich kann das, was da auf vier Seiten im “Kreuzer” steht, so nicht stehen bleiben. Es gab – zumindest bis Dienstag – auch für den “Kreuzer” die Chance auf eine glimpfliche Einigung. Ob es die überhaupt noch geben kann nach dieser per Mail bekundeten Lust, ordentlich Krawall zu machen, müssen die beiden verbliebenen Partner der LZ entscheiden: Moritz Arand und Robert Dobschütz. Vielleicht sogar im Einvernehmen mit der ganzen Autorenmannschaft der LZ.
Denn darüber, ob die LZ eine Zukunft hat, entscheidet nicht der wegen sehr belastender Vorgänge aus dem Gesellschafterkreis ausgeschlossene Cesare Stercken, sondern das entscheiden all die Menschen, die sich Woche für Woche für diese Zeitung aufreiben.
Als L-IZ haben wir uns da nicht eingemischt. Denn den Weg zu einem eigenen Profil und einer begeisterten Leserschaft muss die LZ allein finden. Die Macher der Zeitung wissen, wie wichtig dafür zeitweise die sehr kräftezehrende Mitarbeit von Robert Dobschütz war, den wir bei der L-IZ natürlich mit kompletter Kraft und vollem Zeitbudget sofort gern wieder zurückhaben wollen.
Aber das Dümmste in diesem Sommer wäre, sich von einem Krawall-Artikel im Kreuzer verschrecken zu lassen.
Es gibt 2 Kommentare
danke für diese einschätzung, herr Julke!
Als L-IZ haben wir uns da nicht eingemischt. Denn den Weg zu einem eigenen Profil und einer begeisterten Leserschaft muss die LZ allein finden.
Ein sehr wichtiger Satz. Es sollte deutlich erkennbar sein und bleiben, dass die L-IZ und die LZ zwei verschiedene Medien sind. Die L-IZ hat sich einen sehr guten Ruf erworben, den sie nicht auf das Spiel setzen sollte!
Der Weg der LZ zu einem eigenen Profil und einer begeisterten Leserschaft ist noch weit, sehr weit. Die Talsohle ist noch längst nicht verlassen. Damit sich die LZ behaupten kann, was ich ihr wünsche, muss man u.a. sachlich mit Kritik umgehen und Mitarbeiter im Team haben. die ihr Handwerk auch im Umgang mit den Lesern verstehen und erkennen, was wichtige Themen sind. Ich war gewillt, die LZ zu unterstützen. Alles war vorbereitet. Die Themen hochbrisant!
Ich hatte und habe mit vielen Journalisten in Deutschland guten Kontakt, Meist war bzw ist es nicht leicht, diese zu sensibilisieren, sich mit den skandalösen Strukturen der kommunalen Finanzkontrolle einschließlich der Steuerfahndung zu befassen. Eine harte Nuss. Aber ich komme in der Zwischenzeit sehr gut voran. Alles braucht seine Zeit.
In keinen dieser vielen Gespräche, die oftmals gar nicht so locker waren, wurde ich in einer solchen beschämenden Art und Weise abgefertigt, wie es in zwei Fällen vom sogenannten Assistenten der Geschäftsführung der LZ erfolgte. Dafür gibt es keine Entschuldigung!
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