Ab und zu erfährt auch der Sächsische Landtag ein bisschen was zum Mitteldeutschen Rundfunk. Dann ist die Senderanstalt auch mal Thema im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien. Der hat nun zu seiner Sitzung am 18. Mai gleich vier Berichte für den Landtag produziert. Einer davon hat sich mit den Produktionen, die der MDR in Auftrag gibt, beschäftigt. Ein ganz heikles Thema.
Denn genau an dieser Stelle entscheidet sich, wie präsent die drei mitteldeutschen Länder im MDR-Programm auftauchen und wie genau die regionalen Themen wahrgenommen werden. Da geht es um Reportagen, Dokumentationen, aber auch um Fernsehserien. Und nicht nur der Linke-Abgeordnete Falk Neubert war etwas negativ überrascht, als sich herausstellte, dass der MDR 2013 von den 50 Millionen Euro, die er für Produktionsaufträge ausgegeben hat, nur den kleinsten Teil im Sendegebiet vertraglich gebunden hat.
“Wie bereits im Vorjahr seien an sächsische Produzenten keine Mittel vergeben worden”, wird Neubert im Bericht zitiert, der dem Landtag zugegangen ist. “Auch bei der Vergabe an Thüringer Produzenten sei im Vergleich zum Vorjahr ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen. Er bat, diese Entwicklungen zu begründen und darzustellen, wie dem entgegengewirkt werden könne. Er bat weiterhin, darzustellen, warum die Ausgaben für unabhängige Produzenten in den einzelnen Landesfunkhäusern des MDR derart unterschiedlich seien. Auch bei diesen Ausgaben schneide Sachsen sehr schlecht ab.” Auch die SPD-Fraktion kritisierte diese auffällige Lücke.
Keine ordentlichen Produktionsfirmen in Sachsen?
Können’s die sächsischen Produzenten nicht? Oder können sie einfach die Preise der Konkurrenz nicht unterbieten? Oder passen sie einfach nicht ins Profil des Senders, der über sein Profil höchst ungern öffentlich diskutiert?
Wer bestimmt eigentlich beim MDR, wer einen Filmauftrag bekommt und wer nicht? Die Antwort von Fernsehdirektor Wolf-Dieter Jacobi war dann mal wieder erhellend. Er bestätigte, dass auch beim MDR die Programmgestaltung “vor allem in den Redaktionen und Programmbereichen vorgenommen werde. Dort gebe es Sendeleistungspläne und Sendeplatzbeschreibungen, auf deren Grundlage das Programm mit Eigen- und Fremdproduktionen gestaltet werde.” Das mit dem Sendeplatzbeschreibungen ist ja ganz nett. Aber es ist wie bei den anderen öffentlich-rechtlichen Sendern in der Bundesrepublik auch: Die Redakteure entscheiden selbst, was sie bestellen.
“Für alle Produktionen würden Angebote eingeholt, die bestimmten Qualitätskriterien genügen müssten (z. B. wirtschaftlich schlüssige Kalkulationen). Die Redaktionen müssten entscheiden, welches Angebot optimal sei, mit welchem Angebot der Sendeplatz im Sinne des Zuschauers am besten bespielt werden könne. Dabei werde in erster Hinsicht nicht darauf geschaut, in welchem Bundesland der Anbieter seinen Geschäftssitz habe. Das bedeute nicht, dass der MDR kein Interesse an der hiesigen Produzentenlandschaft hätte. Grundsätzlich könne man sagen, dass jene Produzenten, die gute Angebote unterbreiten, auch ins Programm kommen”, wird Jacobi zitiert.
Aber wie kann der Fernsehdirektor behaupten, der MDR habe “Interesse an der hiesigen Produzentenlandschaft”, wenn nicht mit Produzenten aus Mitteldeutschland auch gezielt ein Produktionsnetzwerk für regionale Themen aufgebaut wird?
Wer bestimmt eigentlich das “beste Angebot”?
Und beim Thema Angebotsverfahren wurde er dann ganz schwammig: “Eine zweite Form der Vergabe von Aufträgen sei das sogenannte Angebotsverfahren. Für Sendungen und Formate im Berichtszeitraum 2013 habe die Schwelle noch bei 50.000 € gelegen, mittlerweile liege sie bei 125.000 €. Danach müsse gemäß der neuen Herstellungsordnung dort, wo der MDR selbst die Idee für ein Format entwickelt habe, ein Angebotsverfahren durchgeführt werden. Bei diesen Verfahren werden immer auch Firmen aus der Region eingeladen. Aber auch bei dieser Vergabe gilt die Regel, dass das beste Angebot den Zuschlag erhalte. Diese Angebotsverfahren werden nach klaren Kriterien durchgeführt und überwacht. Der MDR habe so gesehen kaum eine Möglichkeit, diese Entscheidungen jenseits der Qualitätskriterien zu beeinflussen.”
Was aber heißt “bestes Angebot”? Und was heißt hier “Qualitätskriterien”, die der MDR nicht beeinflussen könne?
Und was bedeutet es, wenn Abgeordnete im zuständigen Ausschuss nicht wirklich nachfragen?
Jacobi ließ zumindest durchblicken, dass das Problem wahrscheinlich nicht bei den Produzenten liegt, die ihre Angebote abliefern, sondern am UFO MDR mit seinen abgeschotteten Redakteuren selbst. Siehe oben: Thema Senderphilosophie.
Es muss eine geben.
Denn Jacobi jammerte im Wirtschaftsausschuss des Landtages tatsächlich darüber, dass die sächsischen Produzenten anders ticken als die hochbezahlten Redakteure des MDR: “Der MDR sei mit dem Mitteldeutschen Produzentenverband im Gespräch. Zum Beispiel über die Fragen, wie es gelingen könne, regionale Produzenten auf die Programmphilosophie des MDR einzustellen, damit entsprechende Ideen und Angebote unterbreitet werden könnten, die in das Programm MDR passten.”
Produzenten sollen lernen, wie der MDR zu ticken
Statt den Sender also für die Produzenten, Themen und Geschichten der Region zu öffnen, sollen sich “Produzenten auf die Programmphilosophie des MDR” einstellen, nur dann könnten “entsprechende Ideen und Angebote unterbreitet werden (…), die in das Programm MDR passten.”
Das hat mit einer realistischen Sendepolitik für die Region nichts mehr zu tun. Das ist wirklich schon Staatsfernsehen. Genommen wird nur, was in die “Programmphilosophie” passt.
Und was spuckt die Website des MDR aus, wenn man das Wort Programmphilosophie sucht?
“Die Suche nach ‘Programmphilosophie’ ergab keine Ergebnisse.”
Gibt’s also nicht. Oder nicht auf dieser Seite. Wie sehr der Sender gegenüber den Produzenten nicht nur aus der Königsposition agiert, sondern gottgleich bestimmt, was eigentlich Thema auf seinen Kanälen sein soll, machte Jacobis Aussage zu den Produzenten-Workshops deutlich. Man möchte sie augenscheinlich darauf schulen, das zu liefern, was die Granden des Senders für wesentlich erachten.
“Dazu veranstalte der MDR zielgerichtet Workshops (den nächsten im Juni 2015), auf denen über die Schwerpunkte der nächsten Jahre informiert werde. Dort werde auch über ‘weiße Flecken’ diskutiert, für die zielgerecht Angebote unterbreitet werden könnten. Auf diesem Weg könnten Formen der Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten entstehen, die sich früher oder später im Produzentenbericht darstellen lassen.”
Egal, wie man diese Passage dreht – sie bedeutet hin wie num, dass sich die Sender-Redakteure vorbehalten zu bestimmen, welche Themen gesetzt sind und für welche “weißen Flecken” sie Füllmaterial bestellen. Nach einer Arbeit auf Augenhöhe mit den sächsischen Produzenten klingt das nicht.
Und warum gibt es keine Produzentenlandschaft im Sendergebiet?
Auch wenn Jacobi dann im Verlauf der Sitzung am 18. Mai auch noch beteuert haben muss, “dass der MDR an der Entwicklung einer starken Produzentenlandschaft im Sendegebiet interessiert sei, da er auch von seinen Themen her (Reportagen, Dokumentationen, Magazine etc.) auf eine regionale Verankerung setze. Diesbezüglich haben ansässige Firmen einen Vorteil und könnten die zukünftige Entwicklung des MDR aktiv mitgestalten. Bei großen Produktionen in den Bereichen Film, Serien und Animation sei dies schwieriger. Hier sei ein größeres Investment erforderlich. Diesbezüglich sei im Sendegebiet noch Wachstum nötig, um konkurrenzfähig zu werden. Dies könne nur über einen längeren Zeitraum und als gemeinsame Anstrengung von Sender, Firmen und Förderern realisiert werden.”
Von dem erwähnten regionalen Vorteil spüren die regionalen Produzenten nicht viel. Und dass man es in 22 Jahren nicht geschafft hat, im Sendegebiet eine starke Produzentenlandschaft aufzubauen, ist dem Fernsehdirektor nicht mal peinlich. Man hat zwar reihenweise Dienstleister ausgegründet und sich in ein millionenschweres Engagement in der Bavaria gestürzt. Nur die Senderegion hat man vernachlässigt und redet jetzt von einer “gemeinsamen Anstrengung von Sender, Firmen und Förderern”, um “über einen längeren Zeitraum” vielleicht mal eine kleine Produzentenlandschaft aufzubauen.
Hat wenigstens einer der Abgeordneten in der Ausschusssitzung laut gelacht an der Stelle oder hat fluchend auf den Tisch gehauen?
Denn das beste Mittel, eine starke Produzentenlandschaft aufzubauen, wäre ja wohl, den größeren Teil der 50 Millionen, die man jedes Jahr ausgibt, auch in den drei versammelten Bundesländern zu verankern. Aber genau das tut man nicht, weil die hiesigen Angebote nicht in die “Programmphilosophie” passen.
In seinem Bericht vom 15. Januar hat der MDR auch unterschieden zwischen abhängigen und unabhängigen Produzenten. Abhängig sind alle, an denen der MDR in irgendeiner Weise beteiligt ist. Wie die Saxonia Media, die MotionWorks oder die Bavaria Film, die man in der Auswertung dann eigentlich mit einem starken Produktionsanteil in Bayern erwartet. Aber alle Produktionen abhängiger Produzenten im Wert von 18,9 Millionen Euro weist der MDR als in Mitteldeutschland erfolgt aus. Der Grund: Der MDR ist nicht direkt an der Bavaria beteiligt, sondern über seine Tochter Drefa Media Holding. Und die sitzt in Sachsen. Die Drefa ist auch an der Saxonia Media Filmproduktion mit 49 Prozent beteiligt, aber auch die Bavaria – mit 51 Prozent.
Die Saxonia produziert zum Beispiel Serien wie “In aller Freundschaft”, “Tatort” und “Polizeiruf 110”.
30,6 Millionen Euro hat der MDR 2013 an unabhängige Produzenten ausgereicht (aber die Liste der Empfänger wohlweislich geweißt). Das ist der Posten, den die Mitglieder des Ausschusses so bemängelt haben, denn davon gingen nur 12 Millionen Euro ins Sendegebiet, über 18 Millionen aber in andere Bundesländer.
Nach einer transparenten und regional bewussten Arbeit mit den Produzenten aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sieht das nicht aus.
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Man möchte sie augenscheinlich darauf schulen, das zu liefern, was die Granden des Senders für wesentlich erachten.
Dieser Satz trifft den Nagel auf den Kopf. Sie werden immer besser Herr Julke,
Nicht als wesentlich erachten es beispielsweise die Granden des MDR, dass Informationen darüber erfolgen, dass es keine ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder gibt. Das geht zu weit! Dazu zwei Kostproben. Mit Schreiben vom 12.02.2013 an die Programmchefin des MDR für den Produktionsbereich Fernsehfilme / Serien, Frau Jana Brandt, habe ich um eine Prüfung der Verfilmbarkeit meines Buches “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR” gebeten und ausführlich auf die Wichtigkeit bzw. Aktualität dieser Thematik hingewiesen. Die Antwort vom 03.04.2013 enthält u.a. folgende Bemerkungen: “Ich habe ihr Buch auf eine Verfilmbarkeit hin geprüft, doch leider sehe ich keine Möglichkeit für eine Serienentwicklung auf Grundlage ihrer erzählten Fälle. So interessant und informativ die erzählten Fälle auch sind, fehlen diesen doch die emotionale Ausrichtung auf eine Geschichte und ein Erzählbogen, der über eine Folge hinaus geht”.
Da diese Argumente für mich zu billig waren, erhielt die Indentantin des MDR , Frau Prof. Dr. Karola Wille, am 14.04. 2013 eine längere E-Mail von mir. Dazu erhielt ich mit Schreiben von 10.05.2013 von der Indentantin eine Antwort. Hier daraus einige Auszüge:
” Ich habe mit viel Interesse und Bewunderung ihre Mail gelesen. …Die konkreten Fälle, Feststellungen und Urteile, aber auch …..könnten Inhalt oder zumindest Anhaltspunkte einer medialen Darstellung sein. Die Beurteilung der Programmchefin für Fernsehfilme / Serien muss ich akzeptieren und – ebenso wie Sie – zur Kenntnis nehmen. Frau Brandt ist Expertin und Fachfrau für Fernsehfilme und Serien beim MDR. Ihre Kompetenz kann ich nicht anzweifeln, denn sie verantwortet die sehr erfolgreichen Serien “In aller Freundschaft”, “Um Himmels Willen”, “Familie Dr. Kleist”, die Krimis vom MDR, den Zweiteiler “Der Turm” und viele andere hochqualitative Programme. ….Ich kann Sie nur bestärken, weiter nach Wegen zu suchen, um ihr Buch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. ……Ich bitte nochmals um Verständnis. dass die Umsetzung eines Buches in eine fiktionale Serie eine sehr aufwendige dramaturgische Bearbeitung und vor allem ein ausreichendes finanzielles Budget voraussetzt. Der MDR kann diese Leistungen für eine Reihe “Finanzrevisor Pfiffig aus der DDR” nicht aufbringen. ”
2014 sind die Darlegungen meines Buch bei einer Redakteurin der Reihe des MDR “Geschichte Mitteldeutschlands” auf Interesse gestoßen. Die Gespräche verliefen anfangs positiv. Danach wurde mir mitgeteilt, dass deren Vorgesetzte/Vorgesetzter zur Erkenntnis kam, dass ein filmische Umsetzung in einem Beitrag nicht möglich wäre. Trotz meiner vielfältigen Hinweise und Bemühungen kam es zu keinen Beitrag. Diese Begründung war absurd.
Ich belasse es bei diesen zwei Beispielen. Könnte noch weitere anführen.
Auch der MDR ist nicht gewillt, die Problematik “Ordnungsgemäße Kontrolle der Steuergelder” zu behandeln. Raten Sie einmal weshalb? Weshalb scheut man diese Thematik wie der Teufel das Weihwasser? Wer sitzt denn in diesen Aufsichtsgremien? Scheinheiligkeit pur!
Aber wer sich mit solche tollen Serien wie “In aller Freundschaft” rühmen kann, ist fein raus. Oder doch nicht?
Übrigens liegt mein Buch gegenwärtig in den Händen einer durchaus bekannten Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft. Nach meiner Ansicht stehen die Chancen zur Verfilmung nun 50 zu 50. Ich bin über den Fortgang gespannt.