"Sehr ernüchternd", nennt Maren Müller, Vorsitzende der Ständigen Publikumskonferenz, die erste Antwort, die sie auf ein Schreiben an die Landessenderanstalten bekommen hat. Darin wurde ihr zwar als Trost mitgeteilt, dass alle Haushalte, die beim alten Rundfunkbeitrag von 17,98 Euro von der so genannten Härtefallregelung profitierten, auch beim niedrigeren Satz von 17,50 Euro beitragsbefreit bleiben. Aber ...

Aber in trockener Paragraphenauslegung erfuhr sie erneut, dass sich in den Senderanstalten niemand wirklich um all jene Haushalte kümmert, die unterhalb des Horizonts der Bemessungsgrenze schwimmen, weil eine Beitragsbefreiung “ja nur damit legitimiert und begründet wird, dass die Bemessungsgrenze um maximal die Höhe eines Rundfunkbeitrags überschritten wird.”

Dabei gibt es zumindest Zahlen, die eine große Dunkelziffer im Millionenbereich vermuten lassen: Menschen, die eigentlich auf soziale Beihilfe angewiesen sind, eine Beitragsbefreiung aber aus unterschiedlichen Gründen nicht geltend machen oder auch nicht geltend machen können. Sie kommen in den Regeln einfach nicht vor.

Deswegen hat die Ständige Publikumskonferenz am 16. April eine große Anfrage an die zuständigen Ministerpräsidenten gestellt. Denn die Regelung des Rundfunkbeitrags ist Ländersache. Und tatsächlich sind eben doch nicht alle, die auf soziale Unterstützung angewiesen sind oder ein Anrecht darauf hätten, vom Rundfunkbeitrag befreit.

“Als Interessenvertreter des Publikums richten wir unsere besondere Aufmerksamkeit auf die sozial verträgliche Belastung der wirtschaftlich schwächsten Beitragszahler”, schreibt Maren Müller in ihrem Brief an die Ministerpräsidenten. “Zum Jahresende 2013 erhielten in Deutschland rund 7,38 Millionen Menschen und damit 9,1 % der Bevölkerung soziale Mindestsicherungsleistungen. Laut Geschäftsbericht AZDBS waren dagegen im gleichen Zeitraum lediglich knapp 3 Millionen Bürger von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Es ist offensichtlich, dass damit ein Großteil der Bevölkerung in prekärer Einkommenssituation zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in gleichem Maße herangezogen wird wie Einkommensmillionäre.”

Bezieher von Arbeitslosengeld II (“Hartz IV”) sind zwar beitragsbefreit, was aber ist mit den Menschen, die zwar kein ALG II bekommen, trotzdem aber so wenig verdienen, dass sie auf Wohngeldunterstützung angewiesen sind? Die beantragen sie ja nun augenscheinlich, weil sie eben nicht genug verdienen, um wirklich all ihre Lebensnotwendigkeiten zu bezahlen.

Als mahnende Frage Nr. 3 taucht das Thema im Brief an die Ministerpräsidenten auf: “Der Bezug von Wohngeld gehört nicht zum Befreiungstatbestand nach §4 Abs 1 Nr. 1 bis 10. Plant der Gesetzgeber hier im Rahmen der Evaluierung eine Nachbesserung im Sinne der Wohngeldempfänger?”

Sie verweist dabei auf das Kirchhof-Gutachten zum Rundfunkbeitrag, das genau diesen Tatbestand (und den Sozialausgleich im Beitragsgefüge) anspricht: “In dem Statistikmodell erscheint die Erhöhung des Wohngeldes um den Rundfunkbeitrag geboten, weil dieses das tatsächliche  Konsumverhalten erfasst, in  diesem  aber bisher eine Gebührenbefreiung üblich war.”

Möglich, dass für Gutverdiener in Deutschland die 17,50 Euro im Monat keiner Rede wert sind. Aber für Menschen, die – in Sachsen auch oft genug trotz Arbeit – am Existenzlimit verdienen, bedeuten die 17,50 Euro oft genug die schwarze Null am Monatsende – während sich fehlende 17,50 Euro übers Jahr schnell zu einem echten Schuldenproblem auswachsen.

Maren Müller: “Die derzeitige Regelung ist sozial unausgewogen, da sie Studenten, Selbstständige, Rentner, Geringverdiener etc., die keine Sozialleistungen beziehen und deren Einkommen zuzüglich Warmmiete 399,00 € plus Rundfunkbeitragshöhe nicht übersteigt, im gleichen Maße zur Kasse bittet wie Einkommensmillionäre. Die Einführung einer einkommensabhängigen Haushaltsabgabe wäre wünschenswert.”

Und ihr Vorschlag, der eigentlich sehr sympathisch klingt: “Wenn dem Geringverdiener monatlich 4% seines Einkommens abgeknöpft werden, so sollte es Managern und Intendanten nicht anders ergehen.”

Der Vorschlag macht zumindest die Dimension deutlich, um die es geht. Denn was für den (sehr typischen) sächsischen Niedrigverdiener 17,50 Euro im Monat sind, das wäre für einen Manager mit 200.000 Euro Jahresgehalt (ebenfalls sehr typisch für Sachsen) ein Monatsbeitrag von 667 Euro. Für einen normalverdienenden sächsischen Staatsangestellten mit 3.500 Euro Monatsgehalt wären es 140 Euro.

Egal wie man es dreht: Der Rundfunkbeitrag ist nicht sozial ausgewogen.

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