Wir brauchen ein anderes Verständnis von Politik. Eines, das auf Fakten, Kenntnis und Transparenz beruht. Es kann nicht sein, dass verantwortliche Politiker in entscheidenden Positionen so tun, als könne man öffentliche Belange immer noch wie zu Zeiten des Alten Fritz in Geheimkabinetten verhandeln. Das betrifft auch den MDR-Staatsvertrag. Nach welchen Prämissen verhandelt eigentlich Sachsens Staatsregierung?

Am 24. April wurde ja publik, dass die drei Staatsregierungen von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt nach der Verhandlung über einen neuen MDR-Staatsvertrag ergebnislos auseinander gegangen sind. Gemeldet hatte es die thüringische Staatsregierung. Die sächsische schwieg sich zum Thema aus.

Also fragte Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, mal nach. Irgendeine Reaktion muss es doch von der sächsischen Regierung geben zu der Frage, warum die Verhandlungen gescheitert sind und warum die drei Landesregierungen der Meinung sind, dass sie keinen Vertrag hinbekommen, der in den drei Länderparlamenten eine Mehrheit finden könnte.

Das war eigentlich schon deutlich genug: Es geht um Politik. Und es geht genau um die Frage, die seit Monaten tobt: Hat die Politik zu viel Einfluss auf den Sender? Und will sie ihn aufgeben?

Die Antwort aus der sächsischen Regierung lautet: Nein.

Jetzt mal ohne Anführungszeichen, denn so offen hat es Dr. Fritz Jaeckel, Chef der Sächsischen Staatskanzlei, der für den MDR in Sachsen zuständig ist, nicht gesagt, auch wenn er es in der Antwort an Falk Neubert vermied, die tatsächlichen Gründe zu benennen, die ein Scheitern des Papiers in den drei Länderparlamenten wahrscheinlich machen.

Aber man bekommt so eine Ahnung, was es sein könnte, wenn er dann wenigstens auf die fünfte Frage von Neubert ein bisschen konkreter wird und erklärt: “Die Staatsregierung hat wesentliche inhaltliche Schwerpunkte bereits im Rahmen der bisherigen Verhandlungen eingebracht. Hierzu gehören u. a. die Aufstockung der Anzahl der staatsfernen Vertreter im Rundfunkrat sowie Transparenzvorschriften für die Sitzungen des Rundfunkrates. Welche weitere Themen von der Staatsregierung ggf. auch im Verbund mit anderen Verhandlungspartnern noch diskutiert werden, wird derzeit umfassend geprüft.”

Wenn wirklich nur von einer Aufstockung der staatsfernen Mitglieder im Rundfunktrat die Rede ist, dann hat Sachsen tatsächlich all seine Kraft darauf verwandt, dass es zu keinen gravierenden Änderungen in den Aufsichtsgremien des MDR kommt. Dann bleiben die alten Machtverhältnisse erhalten, die Staatsregierungen und Länderparlamente behalten ihre festen Sitze, der Einfluss der Staatskanzleien bleibt erhalten. Die Gremien werden nur noch größer. Das hat mit der gerichtlich formulierten Staatsferne nichts zu tun.

Je länger sich die Diskussion hinzieht, umso deutlicher wird, dass das bisherige System, das politische Gremien und starr festgelegte Interessenverbände berechtigt, ihre Plätze im Rundfunkrat zu besetzen, eher an ein Kardinalskollegium zur Papstwahl erinnert als an eine irgendwie realistische Vertretung der Beitrags- oder Steuerzahler im Sendegebiet.

So gesehen hat Falk Neubert sogar eine recht klare Antwort erhalten. Und da es die Auskunft des zuständigen Ministers in Sachsen ist, kann man davon ausgehen, dass sich in nächster Zeit beim MDR und seinen keineswegs unabhängigen Aufsichtsgremien nichts ändern wird. Sachsens Regierung will die Zügel nicht aus der Hand geben.

Die Antwort von Staatsminister Dr. Fritz Jaeckel zum Stocken der Verhandlungen zum MDR-Staatsvertrag.

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