Immer weniger Journalisten berichten schon jetzt über das, was im Lande passiert. Den meisten Mediennutzern ist gar nicht bewusst, wie sehr sie es mittlerweile mit ungefilterten, tausendfach kopierten Meldungen zu tun haben, ohne dass dahinter noch eine vollwertige Redaktion sitzt. Redaktionen werden eingedampft. Aus Kostengründen. Und so geht auch der Verschlankungsprozess im Hause LVZ immer weiter.
“Die LVZ will drastisch Kosten sparen und plant daher mit einer neuen Redaktionsstruktur, die einen Personalabbau von 37 Stellen erst ermöglicht”, meldet nun die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und kritisiert, dass mit diesem Einschnitt fast jede dritte Stelle in der Redaktion wegfallen soll. Betroffen sind vor allem die bisherigen Lokalredaktionen, die aus den Kommunen und Landkreisen rund um Leipzig bislang noch eine gewisse flächendeckende Berichterstattung gewährleisten konnten. Doch ihnen geht es nun wie den Polizeistationen. Von einer präsenten Lokalredaktion werden viele Bewohner der Landkreise um Leipzig bald nichts mehr merken. Der gewünschte Redakteur wird noch seltener auftauchen. Die Mannschaft, die die Nachrichten aus den Landkreisen einsammeln wird, sitzt dann in Leipzig mit am Peterssteinweg.
Aus dem Innenleben der LVZ berichtet Ver.di: “Das Konzept sieht vor, an einem sogenannten Regiodesk redaktionelle Inhalte aus Sachsen und Mitteldeutschland zu bündeln und die vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) aus Hannover zugelieferten Inhalte einzupassen. Gleichzeitig wird die Produktion aller Lokalausgaben der LVZ an einem neuen Lokaldesk am Standort Leipzig konzentriert. In den sechs Lokalredaktionen werden dann keine Seiten mehr gebaut. Reporter müssen ihre Texte und Fotos zum Newsdesk nach Leipzig schicken, wo diese zu Lokalseiten zusammengesetzt werden. Einen genauen Zeitplan für diese Umbaumaßnahmen gibt es noch nicht.”
Und ein Prozess, der jetzt schon vielen Autoren der Lokalzeitung Bauchschmerzen bereitet und den Lesern entsprechend niederschmetternde Leseerlebnisse, wird sich verstärken: “Die Reporter werden dabei zu reinen Textschreibern, die keinen Einfluss mehr auf die Gestaltung ihres Beitrages haben”, beschreibt Ver.di diese systematische Verwandlung des Redakteurs zum Textlieferanten. “Es besteht die Gefahr, dass die Producers, die zentral in Leipzig die regionalen und lokalen Seiten bauen, mit der Zeit den Bezug zum journalistischen Inhalt eines Beitrages oder einer Information verlieren. Das aber wird weitere Auswirkungen auf die journalistische Qualität der Leipziger Volkszeitung haben.”
Das alles ist keine Leipziger Politik. Die Entscheidungen über die Blattpolitik werden allesamt im Mutterhaus Madsack in Hannover getroffen. Die LVZ ist auch nicht die einzige Lokalzeitung, die dieser auf Kostensenkung konzentrierte Prozess immer mehr entkernt. Wichtige Themen werden ja dann zentral in Hannover erstellt. Was zwar dafür sorgen wird, dass die Madsack-Blätter mit einer einheitlichen Sprache zur deutschen Politik auftreten – die Vielfalt der lokalen Stimmen, die in der Vergangenheit durchaus auch differieren durften, geht aber dabei verloren.
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“Wir fragen uns, wie die LVZ damit für ihre Leser und Anzeigenkunden attraktiv bleiben will?”, fragt Michael Kopp, Landesbezirksfachbereichsleiter Medien, Kunst und Industrie von ver.di SAT. “Um im Wettbewerb mit den Onlineportalen sowie Google, Twitter, Facebook und Co. zu bestehen, sind nicht permanenter Abbau, sondern Investition in lokale Inhalte, Recherche und investigativen Journalismus gefragt.”
Aber wenn das Mutterhaus so einen Umbau beschließt, bleibt auch der Gewerkschaft vor Ort meist nur, das Schlimmste für die Betroffenen zu verhindern. Michael Kopp benennt auch die weiteren Folgen dieser Art Blattpolitik, die dem Mutterhaus vor allem weiter strömende Gewinne sichern soll. Denn profitabel ist die Leipziger Volkszeitung nach wie vor. Kopp: “Der Personalabbau in den Redaktionen und Geschäftsstellen vor Ort soll nicht allein sozialverträglich umgesetzt werden. Von Kündigungen betroffen sein wird eine nicht unerhebliche Anzahl von Beschäftigten, die seit vielen Jahren die Rendite in dreistelliger Millionenhöhe der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft und ihrem Mutterzeitungshaus Madsack in Hannover erarbeitet haben, an dem die SPD-Medienholding DDVG mit 26 Prozent beteiligt ist.”
Ver.di will, so betont er, den Betriebsrat und die Beschäftigten des LVZ Verlagshauses bei den Sozialplanverhandlungen unterstützen und die Beschäftigten rechtlich beraten. Derzeit werde geprüft, ob eine Forderung für einen Sozial-Tarifvertrag aufgestellt wird.
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