Es geht nicht nur der Bundeskanzlerin so, dass sie sich von diesem seltsamen, befremdlichen Internet immer wieder überrascht fühlt und gern mal eingestehen muss, dass es wohl an der Zeit wäre, sich mal damit zu beschäftigen. So ähnlich muss es auch den Akteuren der Leipziger CDU und der Linksfraktion im Stadtrat gehen. Sie haben da was von WLAN gehört und - na verflixt noch mal! - in Ostsachsen gibt es das sogar kostenlos in Bussen. Und Bahnen? Also spielen beide mal "Wünsch dir was".
Die CDU hatte noch etwas früher spitz gekriegt, dass da irgendwas läuft in Ostsachsen. Am 25. November hatte der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) gemeldet: “Im Rahmen eines auf ein Jahr angelegten Pilotprojektes haben der Regionalverkehr Dresden (RVD) und der VVO zwei Busse mit WLAN-Technik ausgestattet.”
Toll: Das Wörtchen kostenlos stand auch noch drin. Kostenlosen WLAN-Zugang in Dresdner Bussen? – Das reiben wir doch mal unseren Leipziger ÖPNV-Leuten unter die Nase.
Und so gab es auch gleich am 26. November die Meldung aus der CDU Leipzig:
“CDU-Landtagskandidat Andreas Nowak kritisiert die LVB”.
“Dass die LVB abwarten wollen, wie die WLAN-Versuche anderer Verkehrsunternehmen verlaufen, ist das völlig falsche Signal”, erklärte Nowak, der sich in der Leipziger Union mit Verkehrspolitik beschäftigt. “Der Verkehrsverbund Oberelbe und der Regionalverkehr Dresden gehen den richtigen Schritt, in dem sie ihren Kunden nun kostenloses WLAN im Bus anbieten. Warum dieser kundenfreundliche Service nicht auch in Leipzig und Umgebung Schritt für Schritt eingeführt wird, versteht kein Mensch.
An den technischen Bedingungen kann es jedenfalls nicht liegen. Seit Jahren verkehren die ICEs der Deutschen Bahn auf den stark frequentierten Strecken mit WLAN-Hotspots. Dabei sind Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h mittlerweile problemlos abgedeckt. Seit der Freigabe des privaten Fernbusverkehrs in Deutschland fährt fast jeder dieser Busse mit einem WLAN. Das kann man selbst als Leipziger jeden Tag an den Bussteigen in der Goethestraße erleben. Es sollte also möglich sein, die Leipziger Nahverkehrs-Busse und Straßenbahnen mit dem neuen Service auszustatten.”
Zumal Mobilfunk in Stadt und Umland deutlich stabiler ausgebaut seien, als über Land.
“Dabei muss das mobile Nahverkehrs-WLAN zunächst gar nicht flächendeckend angeboten werden, das machen die Dresdner ja auch nicht. Aber man sollte schon überlegen, auf welchen Routen das Sinn macht, anstatt einfach abzuwarten und zuzugucken. Kostenloses WLAN im Leipziger Nahverkehr nützt nicht nur den Bewohnern unserer Stadt. Auch für Touristen und Geschäftsreisende würden sich LVB und MDV automatisch attraktiver machen”, war sich Nowak sicher.
Das wäre schon ein Punkt zum Aufmerken gewesen. Nur zwei Dresdner Buslinien mit WLAN? Und dann auch noch auf der Linie nach Dippoldiswalde? Ist das nicht seltsam?
Aber die Leipziger CDU war sich gleich sicher: “Als Pilotstrecken böten sich besonders Linien an, die touristisch genutzt werden, durch Viertel führen, in denen die Kreativwirtschaft besonders vertreten ist oder wo viele Geschäftsreisende unterwegs sind.”
“Da kommt natürlich zunächst die Linie 89 in Betracht. Sie führt vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt, das Musikerviertel und die Südvorstadt nach Connewitz. Auch die Straßenbahnlinien 9, 10 und 11 (ebenfalls vom Hbf über die Südvorstadt nach Connewitz und Lößnig/Markkleeberg), die 3 vom Hbf über Plagwitz und Kleinzschocher nach Knautkleeberg, die 7 über Lindenau nach Böhlitz-Ehrenberg, die 14 über den Innenstadtring nach Plagwitz, die 15 über Lindenau nach Grünau, die 16 vom Hauptbahnhof zur Neuen Messe, die Buslinie 60 von Lindenau über Plagwitz/Schleußig/Südvorstadt nach Stötteritz sowie alle Nachtbuslinien kommen infrage. Die LVB sollten zügig auf diesen Strecken überlegen, wie die Attraktivität gesteigert werden kann, anstatt zuzugucken, wie andere Städte und Regionen in Sachsen Leipzig den Ruf als innovative Stadt auch im Verkehrsbereich abgraben”, so Andreas Nowak.
Der entweder nie mit Straßenbahnen und Bussen in Leipzig unterwegs ist, sonst würden ihm all die Leute auffallen, die da mit ihren Tablets, Smartphones, iPads und wie die Dinger noch so heißen eifrig beschäftigt sind. Wie machen die das nur – ohne WLAN? Was ja, ausgeschrieben, nichts anderes heißt als Wireless Local Area Network. Das ist – ojemine – kabelloser Netzzugang. Ein Wunder, dass das in Leipzig möglich ist.
Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) sei vor allem auf den Strecken der neuen S-Bahn Mitteldeutschland gefragt, meint Nowak. “Was im Fernverkehr der Bahn möglich ist, sollte auch auf den neuen S-Bahn-Strecken angeboten werden. Zumal hier ausschließlich neue Züge zum Einsatz kommen. Technisch ist das alles seit langem erprobt. Es kommt vor allem auf den guten Willen der Verkehrsunternehmen an. Freies WLAN im Nahverkehr ist ein echter Gewinn für die ganze Region. Wenn hier alle an einem Strang ziehen, dann ist das ein erheblicher Attraktivitätsgewinn für Busse und Bahnen. Abwarten ist da das völlig falsche Signal.”
Dass der Anbieter der vom RVD verwendeten Technik für “mobiles WLAN in ihren Bussen” in Radeberg angesiedelt ist, sieht Nowak als zusätzlichen Grund, jetzt was für die heimische Wirtschaft zu tun.
“Neben dem erheblichen Mehrwert für die Leipziger Fahrgäste würden LVB und MDV bei Nutzung dieser Technik auch noch einen sächsischen Anbieter stärken. Auch deshalb spricht alles für eine rasche Einführung von WLAN im Nahverkehr von Leipzig und Umgebung”, sagte Andreas Nowak. Nicht einmal die Details, die der VVO zum Projekt meldete, scheinen ihn stutzig gemacht zu haben.
“Die Busse sind mit einem Router ausgerüstet und über UMTS mit dem Internet verbunden”, heißt es da. UMTS ist nun auch wieder so was komisches Technisches: Universal Mobile Telecommunications System. Ein Mobilfunkstandard, mit dem etwas größere Datenmengen – naja – gefunkt werden können. Der Bus wird also zu einem Empfänger. Hat aber noch immer dasselbe Problem, das auch die von Nowak erwähnten tollen Reisebusse in der Goethestraße haben, wenn sie Leipzig verlassen: Da reißt dann gern nach Verlassen des Stadtraumes – hups – die Verbindung ab. So ungefähr, wie es auch hinter Dresden in Richtung Dippoldiswalde gern passiert.
“Wir haben insgesamt 2.500 Euro in die Umsetzung investiert”, sagte Volker Weidemann, Leiter Markt und Vertrieb beim RVD, dazu bei der Vorstellung des Projektes. “Natürlich kann es trotz der modernen Technik zu Abbrüchen kommen: Die Netzabdeckung von UMTS ist teilweise noch schlecht und ein Bus kann auch mal ein Funkloch erwischen. Insgesamt sind wir aber optimistisch, dass die Fahrgäste die Verbesserung zu schätzen wissen.”
An den Funklöchern kann also auch die neue Technik nichts ändern.
Worum es da in Dresden eigentlich ging, das schien sich auch aus Sicht der Leipziger Volkszeitung nicht so recht zu entschlüsseln. Dort fand man den Zirkelschluss so: “‘Mit WLAN kann man die Fahrtzeit noch sinnvoller nutzen’, sagte Dirk Geppert, Mitarbeiter für neue Medien im VVO am Montag. In Leipzig stecken die Planungen dagegen noch in den Kinderschuhen.” Als ginge es um eine neue Art Freizeitangebot.
Aber wie erwähnt, nicht nur die CDU hat so ihre Schwierigkeiten mit dem neuen Medium. Auch die Linke. Ihre Fraktion im Stadtrat gab am 5. Dezember gleich mal einen entsprechenden Antrag ins Verfahren.
“Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum 1. Mai 2014 zu prüfen, unter welchen Bedingungen den Fahrgästen in allen Bussen und Bahnen des ÖPNV ein öffentliches WLAN-Netz zur Verfügung gestellt werden kann. Insbesondere ist der Test des Verkehrsverbundes Oberelbe (VVO) auszuwerten und der notwendige Investitionsaufwand sowie die möglichen jährlichen Betriebskosten darzustellen”, heißt es da. “Bei einem positiven Prüfbericht wird der Oberbürgermeister beauftragt, einen Stadtratsbeschluss zur Anpassung des Nahverkehrsplanes der Stadt Leipzig, einschließlich des VLFV, vorzulegen.”
Vielleicht sollte OBM Burkhard Jung der Linksfraktion zu Weihnachten einfach mal einen Satz gebrauchsfähiger Mobilfunkgeräte schenken?
Wo sie die schöne Idee her hatten, verrieten die Genossen auch gleich in ihrer Begründung für den Vorstoß: “In der lokalen Presse wurde über den Test der DVB/VVO zur Bereitstellung eines WLAN-Netzes in zwei Bussen berichtet. Wir begrüßen die Initiative von Vertretern des CDU-Stadtvorstandes zur Einrichtung eines öffentlichen WLAN-Netzes in den Bussen und Bahnen der LVB. Dies geschah, obwohl auch Mitglieder der CDU-Fraktion im Stadtrat zu Leipzig zuvor die Einrichtung eines öffentlichen WLAN-Netzes in der Stadt Leipzig ablehnten. Vor der Einrichtung eines öffentlichen WLAN-Netzes sollte der Test in Dresden ausgewertet und die notwendigen Investitions- und Betriebskosten geklärt werden. Diese Kosten können jedoch nicht den Fahrgästen mittels einer Tariferhöhung angelastet werden, sondern sollten ggf. durch die Stadt Leipzig getragen werden.”
Die Initiative der Linksfraktion ging ursprünglich mal in Richtung eines kostenlosen WLAN-Zugangs in der Leipziger Innenstadt, quasi als Service für Gäste und City-Besucher. Mit Betonung auf kostenlos. Aber den Zugang hätte dann die Stadt bezahlen und vor allem absichern müssen. Das lehnte die CDU-Fraktion wohl zu recht ab. Dass die Ostsachsen mit ihrem Pilotprojekt versuchen, irgendwie das Problem mit den Funklöchern abseits der Großstädte in den Griff zu bekommen, muss sich erst noch herumsprechen.
Eine kurze Rückfrage bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) ergab die schlichte Antwort: Über Probleme mit dem Funkempfang in den Bussen und Bahnen im Stadtgebiet wisse man nichts. Man käme wohl überall problemlos ins Netz. Insofern sei eine Nachrüstung der Fahrzeuge mit den vom RVD getesteten Geräten eigentlich – naja – überflüssig.
Die Meldung des VVO zum Pilotprojekt in zwei Überlandbussen:
www.vvo-online.de
Etwas ausführlicher auf der Website des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge:
www.landratsamt-pirna.de
Der Versuch der LVZ, daraus ein Leipziger Thema zu machen:
www.lvz-online.de
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