Am 4. Juni vermeldete es die Funke-Mediengruppe, der Flurfunk in Dresden schnappte es auf, am 5. Juni wunderten sich auch alle Thüringer: Bernd Hilder, der ehemalige Chefredakteur der "Leipziger Volkszeitung", wird ab 1. September Chefredakteur der "Thüringischen Landeszeitung" (TLZ) und damit Nachfolger von Hans Hoffmeister, der sich Ende August nach 22 Jahren in den Ruhestand verabschiedet.
Acht Jahre lang war Bernd Hilder Chefredakteur der LVZ, bevor er sich – unterstützt von der sächsischen Staatsregierung – als MDR-Intendant bewarb. Was aber letztendlich am Verwaltungsrat des MDR scheiterte, der sich in der sächsischen Staatsregierung keinen Intendanten nach dessen gusto aufs Auge drücken lassen wollte. Stattdessen wurde Karola Wille neue Intendantin.
Bernd Hilders Laufbahn als Chefredakteur der LVZ aber war damit beendet, auch wenn er vor Gericht erfolgreich seine Entlassung anfocht. Nun setzt er seine Karriere nicht mehr im Dienst der Madsack-Gruppe aus Hannover, zu der auch die LVZ gehört, fort, sondern macht bei der ehemaligen WAZ-Gruppe, der heutigen Funke-Gruppe, weiter.
Die Funke-Gruppe zu Hilders Berufung: “Der 54-jährige Bernd Hilder begann seine journalistische Laufbahn beim öffentlichrechtlichen Rundfunk. Für die ARD war er von 1989 bis 1995 zunächst Hörfunk- Korrespondent in Washington und dann in Mexiko-Stadt. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er bis Oktober 2000 Chefredakteur der ‘Schaumburger Nachrichten’ und bis Oktober 2003 des ‘Göttinger und Eichsfelder Tageblatts’, bevor er zur ‘Leipziger Volkszeitung’ wechselte. Bernd Hilder war langjähriges Mitglied des Deutschen Presserates und von 2010 bis 2012 dessen Sprecher. Hilder ist Mitglied der Jury des Theodor-Wolff-Preises. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.”
“Mit Bernd Hilder konnten wir einen profilierten Journalisten gewinnen. Er ist ein pointierter Kommentator und erfahrener Blattmacher”, erklärte Christian Nienhaus, Geschäftsführer der Funke-Gruppe, zur Personalie.
Inga Scholz, Geschäftsführerin der Zeitungsgruppe Thüringen: “Bernd Hilder wird zusammen mit der Redaktion der TLZ das eigenständige journalistische Profil der ‘Thüringischen Landeszeitung’ ausbauen, damit sich die TLZ ihren Platz in der Zeitungslandschaft Thüringens als meinungsstarkes Print- und Onlinemedium sichert.” Zur Zeitungsgruppe Thüringen gehören neben der “Thüringischen Landeszeitung” außerdem die “Thüringer Allgemeine” (TA) und die “Ostthüringer Zeitung” (OTZ).
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“Die Stärke der TLZ, die entscheidende Grundlage der Leser-Blatt-Bindung, ist ihre regionale und lokale Verankerung, und das wird auch in Zukunft so bleiben”, zitierte die Pressemitteilung der Funke-Gruppe auch Bernd Hilder, “der als ehemaliger Chefredakteur auch der ‘Osterländer Volkszeitung’ in Altenburg mit den Verhältnissen in Thüringen gut vertraut ist.”
Wahrscheinlich denkt man in den Chefetagen deutscher Regionalzeitungen wirklich so. Die “Osterländer Volkszeitung” ist ein Ableger der “Leipziger Volkszeitung”. Ob dieser Ableger im Altenburgischen dem Chefredakteur der LVZ besondere Einsichten in die Thüringische Landespolitik verschafft hat?
Aber auch der Rest der Meldung bedient die einschlägigen Versatzstücke, mit denen sich die regionalen Zeitungsherausgeber versuchen, zum Wahrer der medialen Qualitäten zu stilisieren: “Denkverbote dürfe es nicht geben, so Bernd Hilder, wenn es darum geht, den Lesern auch in Zukunft guten regionalen und lokalen Journalismus zu bieten, egal, ob er digital oder gedruckt geliefert wird. Auf welchem Vertriebsweg auch immer der Leser in Zukunft Informationen, Analysen und Kommentare aus seiner Heimat und der Welt haben möchte, am Ende geht es im Qualitätsjournalismus vor allem um die gut recherchierte Geschichte, die den Leser überrascht und in ihren Bann zieht.'”
Die Zeitungsgruppe Thüringen, zu der auch die TLZ gehört, kam im ersten Quartal auf einen Gesamtverkauf von 284.260 Exemplaren. Da geht es der Zeitungsgruppe nicht anders als der LVZ. Die verkaufte Auflage sinkt seit Jahren. 2011 waren es noch 303.435, ein Jahr später 292.596. Dasselbe Phänomen dürfte Hilder noch von der LVZ kennen, wo die verkaufte Auflage vom ersten Quartal 2011, als sie noch 216.572 Exemplare betrug, 2012 auf 211.148 sank und im ersten Quartal auf 207.520. Hauptgrund in beiden Fällen: das Schwinden der Abonnenten. Jüngere Jahrgänge, die vielleicht ein neues Abo abschließen könnten, kommen nicht nach. Junge Leser bevorzugen dann doch lieber das Internet.
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