Es war eine Absage mit Ansage: Am Freitag, 15. Februar, nach der ARD-Dokumentation über die Arbeitsbedingungen beim Online-Buchhändler Amazon, schrieb der Schweizer Verleger Christopher Schroer einen Brief an Jeff Bezos, den Amazon-Chef: "Heute nehmen wir Abschied, wir kündigen unsere Zulieferer- wie auch Kundenkonten. Mit sofortiger Wirkung. Ohne Wenn und Aber und mit allen Konsequenzen."

Ein Brief, auf den dann am Montag, 18. Februar, die “Zeit” einging. Aber unter Verlegern im deutschsprachigen Raum rumort es schon seit Längerem. Schon im November trat ein Leipziger Verleger in Streik, weil er sich vom Online-Giganten über den Tisch gezogen fühlt. Es ist irgendwie ganz ähnlich wie im Lebensmittelhandel: Wer den großen Supermarkt bespielt, der diktiert die Preise. Nicht nur die für die Kunden, sondern auch die für die Lieferanten und die fürs Personal.

In Leipzig trat der Verleger Patrick Zschocher, Inhaber vom EINBUCH Buch- und Literaturverlag Leipzig, in Streik. Er brach mit der Tradition, eigene Bücher über Amazon zu verkaufen. Die erste Autorin aus seinem Haus hat sich ihm bereits angeschlossen. Über die Köpfe der Autoren hinweg kann er ja nicht bestimmen.

Mittlerweile ist es fast ein Muss, Bücher über Amazon zu vertreiben. Autoren, deren Werke dort nicht erhältlich sind, werden ignoriert, so scheint es. “Das ist eine Entwicklung, die besorgt machen sollte”, sagt Patrick Zschocher. Der Verleger ist nicht gewillt, die Preispolitik des Online-Riesen zu unterstützen.”Ich stehe voll und ganz hinter der Entscheidung von Herrn Zschocher”, sagt Patricia Appel, Autorin des gerade erschienenen Buches “Die Schotten sind schuld”. “In meinem Fall bekäme der Verlag ca. 1,50 Euro/vor Steuer pro verkauftem Buch, wenn der Advantage-Tarif genutzt wird. Die meisten Leser sind sich nicht darüber im Klaren, wie sich die Listung der Titel bei Amazon auf den Geldbeutel der Verlage und natürlich auch der Autoren auswirkt”, erklärt sie.

Deshalb habe sich der EINBUCH Buch- und Literaturverlag Leipzig entschlossen, diesen unfairen Bedingungen den Kampf anzusagen. Künftig gibt es die Bücher der Autoren, die nicht an der Aktion des Verlags teilnehmen, ganz normal auf der Verlagswebseite zu kaufen. Außerdem werden sie in der einfachen Amazon-Version erhältlich sein. Der Unterschied zum Advantage-Tarif beträgt mehrere Euro. Im Falle des Buches “Die Schotten sind schuld” sind das rund 8 Euro, ein deutliches Ergebnis. Also nix da mit “Advantage” – also Vorteil – für den Verleger.

“Selbstverständlich werden unsere Titel von Buchhändlern angefordert, so dass die Bücher auch auf normalem Weg erworben werden können. Bietet ein Buchhändler den gewünschten Titel noch nicht an, können Kunden das Buch trotzdem ganz bequem über ihn bestellen”, erklärt Zschocher.

“Wir hoffen, dass viele Autoren und auch andere Verlage unserem Beispiel folgen”, sagt Patricia Appel. “Immerhin ist es nur dann wichtig, irgendwo gelistet zu sein, wenn man es selbst wichtig nimmt”, ergänzt sie abschließend.

Der EINBUCH Buch- und Literaturverlag Leipzig ist ein junger Verlag, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, unbekannten Autoren eine Chance zu geben.

Und nicht nur Patrick Zschocher sucht verstärkt nach Vertriebswegen jenseits von Amazon.

www.einbuch-verlag.de

Der Brief von Christopher Schroer an Jeff Bezos:
www.chsbooks.de/adieu-amazon/

Das Interview mit Christopher Schroer in der “Zeit”: www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2013-02/interview-schroer

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar