Es gibt Print-, Fernseh- und Radiojournalismus. Das alles ist anerkannt. Das sind die so genannten klassischen Medien. Doch mit dem Journalismus im Internet haben einige Verantwortliche im Land so ihre Schwierigkeiten. "Die Staatsregierung versteht unter Onlinejournalismus Onlinejournalismus", antwortete jüngst Johannes Beermann, Chef der Staatskanzlei und zuständiger Medienminister, dem SPD-Abgeordneten Dirk Panter auf eine Anfrage.

Der hatte sich für die sächsische Medienpolitik insbesondere nach der gerichtsnotorischen Diskussion um das “Tagesschau”-App der ARD interessiert. Immerhin ein “presseähnliches Angebot”. Womit die ARD eigentlich in einen Bereich vordrang, der in Deutschland den privaten Presseanbietern vorbehalten ist. Schon in der Vergangenheit gab es mehrfach Streit um die diversen Internet-Plattformen, die von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit Inhalten bestückt wurden.

Wenn sie ihr Informationsangebot, das sie in der Vergangenheit klassisch in TV und Radio in Nachrichten- und Reportagesendungen zeigten, auch noch im Internet als Text und Bild einstellen, schaffen sie “presseähnliche Angebote”. Womit sie immer wieder die großen Medienhäuser auf den Plan riefen, die hier folgerichtig eine Wettbewerbsverzerrung sahen. Denn die Internetangebote der Öffentlich-Rechtlichen wurden ja mit Geldern aus der GEZ-Abgabe finanziert, die Mancher mittlerweile als klassische Steuer interpretiert.

Im Internet aber suchen derzeit auch die großen Print-Verlage ihre Zukunft, arbeiten an neuen Darstellungsformen und Erlösmodellen und haben zum Teil auch erhebliche Summen investiert. Selbst die Bewerbung ihrer Online-Auftritte kostet Geld, während ARD, ZDF & Co. dafür auch noch ihre Funkkanäle nutzen können. Man nutzt also die Plattform Internet, obwohl das im Rundfunkstaatsvertrag so nicht gedacht war. Man behandelt es einfach mal als Niemandsland. Was es in gewisser Weise auch ist. Aber sind die eingesammelten Gebühren dafür gedacht? Gebühren, die man auch von all jenen einsammelt, die auf TV und Radio keinen Wert legen, die nicht mal ein empfangsfähiges Gerät besitzen?An der Stelle wird es spannend. Denn wenn die verantwortlichen Landesregierungen darauf bestehen, dass auch die Internetvorstöße der öffentlich-rechtlichen Sender durch Gebühren finanziert werden dürfen, dann stellt sich die Frage: Warum partizipieren dann nicht alle anderen Online-Angebote auch von den staatlich verordneten Gebühren?

Die Frage, die Dirk Panter dem so einsilbigen sächsischen Medienminister gestellt hat, hat Folgerungen. Die Johannes Beermann womöglich ahnt. Er ist lange genug im Geschäft und ist ein Befürworter der multimedialen Entwicklungen beim MDR. Dort heißt das Arbeiten in drei Sendekanälen “Trimediales-Newsdesk”.

“Wir brauchen publizistische Relevanz und müssen ein multimediales Haus werden”, sagte die neu gewählte MDR-Intendantin Karola Wille vor einem Jahr. Die selben Töne hört man auch auf den diversen Medientagen und Podiumsdiskussionen. Aber es bedeutet eben auch, dass sich der öffentlich-rechtliche Sender nicht nur in den Kanälen Radio und Fernsehen profilieren will (wo es mehr als genug Baustellen gibt), sondern eben auch im Internet, das eben so jungfräulich nicht ist, wie meist getan wird.

Deswegen fragt Dirk Panter bei Johannes Beermann zwecks Klarstellung noch einmal an: Versteht die Staatsregierung Onlinejournalismus als eigenständige Form neben Print-, TV- und Radiojournalismus? – Sollte Beermann mit “Ja” antworten, wird das MDR-Engagement im Internet zumindest etwas fragwürdig. Denn dann kommt es ganz augenscheinlich zu einem Konflikt mit der definierten “Presseähnlichkeit” im 12. Rundfunkänderungsvertrag. Dirk Panter fragt zwar nur an, wie die Regierung da sicherstellen will, dass es zu keinen Konflikten kommt.

Aber wie kann sie das?

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Sollte Beermann lieber mit “Nein” antworten, wird’s schwierig. Dann kann er nicht einfach behaupten, “Onlinejournalismus sei Onlinejournalismus”, dann muss er konkret werden. Und auch das ist spannend. Dann müsste er es einer der klassischen Sparten zuordnen. Und auch da würde wohl als Ergebnis stehen: Die öffentlich-rechtlichen Sender haben als “presseähnliche Anbieter” im Internet nichts zu suchen. Nur: Was ist “presseähnlich”?

Das ist ein Grundproblem im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der zwar definiert hat, was die Rundfunkanstalten alles wie lange im Netz publizieren dürfen. Explizit wurde die “Presseähnlichkeit” verboten. Nur definiert hat man es nicht und damit eine neue Grauzone geschaffen. Denn natürlich sehen publizistische Angebote im Internet nicht wie eine gedruckte Zeitung aus. Sie richten sich zwangsläufig nach den Nutzungs- und Wahrnehmungsgewohnheiten der Nutzer. Was genauso für die Webauftritte der Sender zutrifft. Man begegnet sich also auf der selben Wiese unter den selben Wahrnehmungsbedingungen.

Die neue Anfrage von Dirk Panter als PDF zum download.

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