Da kann man zehn Mal herumgehen um die neue Spaßbahn der LVB und sieht doch nicht alles. L-IZ-Leser Hanns Müller machte uns darauf aufmerksam, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) nicht irgendeine beliebige Bahn mit ihrer Facebook-Werbeaktion beklebt haben. "Die in der Stadt das Sagen haben sollten, bemühen sich um die internationale Anerkennung der 'Notenspur' und im gleichen Atemzug benennt der kommunale Betrieb LVB die 'Robert Schumann Bahn' in 'Facebook Bahn' um. Am Antrag auf Anerkennung dieser Leistung als Welterbe wird gearbeitet."

Die Wagennummer 1143 ist zwar noch schön zu lesen an der Bahn, aber wenn man nicht weiß, wie die Bahn mal benannt wurde und die falsche Namensliste zur Verfügung hat, kommt man nicht drauf, was da eigentlich zugepappt wurde mit Sprüchen wie: weil “… es die Stadt der Dichter & Denker ist und es in und um Leipzig so schön grün ist!”

Auf der etwas älteren Namensliste von leipziger-nahverkehr.de ist der Niederflurwagen mit der Nummer 1143 noch mit dem Namen “Moritzbastei” ausgewiesen. Aber in aller Stille wurden etliche Benennungen der NGT8-Bahnen in den letzten Jahren verändert. So ging zum Beispiel auch der legendäre “Pechvogel” verloren (1156), der ursprünglich mal “Leipzig” hieß und eigentlich die Nummer 1 sein sollte im neuen, niederflurigen Wagenpark der LVB 1996. Aber dann krachte der Wagen bei einer Testfahrt gegen eine Hallenwand, wurde repariert, ging in den Linienbetrieb und wurde postwendend wieder in einen demolösen Unfall verwickelt. Ein “Pechvogel” eben.

Irgendwann wurde der zumindest ein wenig augenzwinkernde Name dann ausgetauscht. Heute trägt der Wagen den Namen “Gustav Harkort (Bankier und Eisenbahnpionier)”, nachzulesen bei tram-mitteldeutschland.de, wo die neueren Wagenbezeichnungen zu finden sind.Und wie heißt der Wagen 1143 heute? – “Robert Schumann (Komponist der Romanik)”. Da tauchen Bilder im Kopf auf. Denn so lange ist es noch gar nicht her, da feierte Leipzig den 200. Geburtstag des Komponisten, der in Leipzig wohl die schönste Zeit seines Lebens hatte. In der Inselstraße erinnert die Clara-und-Robert-Schumann-Gedenkstätte an den Mann, der nicht nur als Musiker für Aufsehen sorgte, sondern auch als kompetenter Musikkritiker.

Für Johann Sebastian Bach, Bachmuseum und Bachfest fährt seit Juni eine eindrucksvoll beklebte Bahn durch Leipzig. Natürlich ist Bach der Säulenheilige unter Leipzigs großen Komponisten, wird auch von der Stadt am stärksten promotet.

Aber wenn es um echtes Leipzig-Marketing geht, dann verfallen die Verantwortlichen trotzdem immer wieder in Tiefschlaf, schwatzen lieber jahrein, jahraus beim Tourismus-Frühstück, was man machen könnte, wenn man den wöllte, könnte oder dürfte.Hier nun – und es ist unübersehbar – hätte man gekonnt. Hätte nur einer einen klaren Gedanken gehabt. Warum fährt eigentlich keine Bahn so auffällig wie für Bach auch für Clara und Robert Schumann durch die Stadt? Taucht 20 Mal am Tag am Hauptbahnhof auf und zeigt den Touristen, die Leipzig per Bahn erkunden wollen, worum es in dieser Stadt geht?

Wäre übrigens keinen Cent teurer geworden. Im Gegenteil. Die LVB hätte genauso groß drauf schreiben können: “Wir lieben Leipzig, weil …” Und ohne Fortsetzung nach den Pünktchen, weil jede Fortsetzung lächerlich ist gegen das, was diese Stadt tatsächlich zu bieten hat. Ein Bild von Clara, eins von Robert und eins vom Haus in der Inselstraße. Das hätte vollauf genügt.

Übrigens dasselbe denkbar mit Felix Mendelssohn Bartholdy, Wagennummer 1103, “Felix Mendelsohn Bartholdy (Gewandhaus-Kapellmeister)”. Wobei die kleinen Erklärungen zu den Namen oft verraten, dass den Erklärern nicht mal klar ist, wen sie da ehren.

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Das trifft auch auf Wagen Nummer 1106 zu: “Clara Schumann (Leipziger Pianistin/ Frau von Robert Schumann)”. Fehlte bloß noch: “Tochter von Friedrich Wieck / Hausfrau und Mutter”.

Leipzig könnte jeden Tag mit den mobilsten Werbefahrzeugen, die man sich denken kann, rund um den Ring Werbung fahren für seine Musik, seine Musiker und die Musikstadt. Das aber würde strukturiertes und konzentriertes Denken voraussetzen. Etwas, was man im Leipziger Marketing immer seltener findet. Immer mehr zieht Aktionismus ein und der Versuch, irgendwie hipp zu sein oder cool, irgendwie mitzuschwimmen bei Trends, die morgen schon so alt sind, wie sie gestern nie jung waren. Man zersplittert die Aktivitäten (obwohl auch der Marketing Club in seinen besseren Zeiten mal etwas anderes angemahnt hatte) und festivalisiert die Stadt.

So wird der Werbeauftritt der Stadt beliebig, bunt und banal.

Wie das Denkmal, das sich da ein paar Leute auf den Wilhelm-Leuschner-Platz stellen wollen.

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