Internet ist allgegenwärtig? Jeder kann sich jederzeit überall informieren über das, was berichtet wird? Jeder kann mitdiskutieren? - Ein ganz heißes Eisen, fand die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat. Denn auch Teilhabe am gesellschaftlichen Diskurs kostet Geld. Auch ein Internetzugang. Im Mai schrieb sie deshalb einen Antrag für kostenfreies Internet in der Leipziger City. Im September kommt er in den Stadtrat.
“Das Internet ist nicht nur ein weiterer Empfangskanal, wie Radio oder Fernsehen, sondern ermöglicht die aktive Beteiligung an Debatten und politischen Prozessen und generelle gesellschaftliche Teilhabe”, begründet die Linke ihren Antrag. “Diese den Bürgerinnen und Bürgern zu ermöglichen, soll durch ein kostenloses Angebot einer Internetzugangsmöglichkeit mittels WLAN, einer drahtlosen Internetverbindung, geschehen. Damit kommt Leipzig seinen Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge auch im Bereich der Internetteilhabe nach, reduziert die digitale und soziale Kluft, vereinfacht und verallgemeinert die Internetnutzung.”
Die Linksfraktion verweist dabei auf den “(N)Onliner Atlas 2011” des gemeinnützigen Vereins Initiative D21, der belegt: Die vorhandene digitale Spaltung beruht im Wesentlichen auch auf einer sozialen Spaltung der Gesellschaft. Ohne Zugang zum Internet zu sein, beschränkt sich immer deutlicher auf Menschen in prekären Lebenslagen: Bei Haushaltseinkommen unter 1.000 Euro sind es 47 Prozent, zwischen 1.000 und 2.000 Euro 44,3 Prozent und zwischen 2.000 und 3.000 Euro nur noch 16,9 Prozent der Menschen, die keinen Zugang zum Internet haben.
Wobei hier natürlich auch die älteren Jahrgänge eine Rolle spielen, die im Internet deutlich unterrepräsentiert sind.
Aber bei einem Durchschnittseinkommen von 1.066 Euro im Monat (Bürgerumfrage 2011) überlegen sich auch viele Leipziger “Normalverdiener”, ob sie sich ein internetfähiges Gerät zulegen und eine entsprechende Flatrate. Ganz zu schweigen von den drohenden GEZ-Gebühren ab 1. 1. 2013, wo dann ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk für Leistungen abkassieren darf/will, die er überhaupt nicht erbringt. Auch das ist noch nicht zu Ende diskutiert.
Die Linksfraktion: “Die Digitalisierung der Gesellschaft verändert unsere Arbeits- und Lebensbedingungen. Der Zugang zum Internet ist weiterhin von wachsender Bedeutung in fast allen Lebensbereichen: Arbeitssuche, Kommunikation per E-mail oder in sozialen Netzwerken, Zugang zu Informationen und Wissen, Kontakt mit Behörden, Gestaltung von Freizeit und Urlaub, Beteiligung an öffentlichen Debatten – all das findet heutzutage online statt -, teils auf einfacherer Weise als auf dem konventionellen Weg. Zugang zum Internet ist somit in der heutigen Welt mitentscheidend und weiterhin an Bedeutung wachsend für das Ausmaß des Einzelnen an gesellschaftlicher Teilhabe.”Immer mehr gesellschaftliche Diskussionen finden im Internet statt. Was etwas Positives ist, auch wenn die Ansätze derzeit noch sehr hilflos wirken, sehr sperrig und unübersichtlich. Aber der Weg ist eingeschlagen. Nur werden auch in Leipzig viele ausgegrenzt dabei.
Die Linke in ihrer Begründung: “Gleichzeitig ist die Möglichkeit, das Internet zu nutzen, keine Selbstverständlichkeit. Die mit dem Internet verbundenen Kosten für Endgeräte und Datentransfer sind immer noch beträchtlich und dadurch sozial selektiv.”
Und sie greift einen Gedanken auf, die in der Privatisierungsdebatte um HL komm und Perdata ganz schnell wieder beiseite geschoben wurde. Nur ja nicht wirklich drüber nachdenken, schien sich da mancher zu sagen.
“Allen Menschen die gleichen Zugangs- und Teilhabebedingungen durch ein möglichst niederschwelliges Angebot an Internetzugangsmöglichkeiten zu gewähren, stellt in der heutigen Welt einen Teil kommunaler Daseinsvorsorge dar. Von vielen Kommunen und Städten ist diese Aufgabe bereits erkannt worden. Die im Hunsrück gelegene Stadt Kastellaun bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern kostenloses mobiles Internet (WLAN) im Innenstadtbereich, die Stadt Renchen bietet es um das Freizeitbad und den Rathausplatz.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat am 12. Januar Pläne für ein stadtweites kostenloses WLAN in Berlin verkündet, nachdem dies auch im abgeschlossenen Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU enthalten ist. Die Stadt London will bis März Europas größte kostenlose WLAN-Zone bereitstellen. Die Stadt Leipzig sollte hier mit gutem Beispiel vorangehen. Dies wäre auch für den Fremdenverkehr und die Gastronomie förderlich.”
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Das könnte auch eine Rolle spielen für jene von der Stadt so ungeliebte Cluster der Kreativwirtschaft, für die man zwar seltsame Wettbewerbe ausschreibt – aber sichtlich nicht einmal bessere Wettbewerbsbedingungen im Standortwettbewerbern zu bieten hat. Ein allen zugängliches WLAN-Netz könnte so ein Vorteil sein.
Im September tingelt der Beschlussantrag noch einmal durch die Fachausschüsse Wirtschaft und Verwaltung. Am 20. September soll er dann im Stadtrat behandelt werden. Und da andere Städte schon längst zeigen, wie es funktioniert, dürfte der Prüfzeitraum nach Ansicht der Linksfraktion auch nicht allzu lang sein. Bis zum 31. Oktober soll die Verwaltung eine Vorlage zur Realisierung des kostenlosen mobilen Internets vorlegen – mit dem Ziel, dass diese in der Ratsversammlung im Januar 2013 votiert werden kann.
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