Wo andere ihre Accounts so langsam schließen oder vorsichtiger mit Inhalt bestücken, wird die Universität Leipzig im Jahr 2012 munter und gründet jetzt offizielle Auftritte auf Facebook, Twitter, XING und YouTube. Am Montag, 4. Juni, gingen sie online. Und damit sich Gottfried Wilhelm Leibniz, Leipzigs großer kühler Rechner, nicht ärgert, hat ihn die Uni am Montag in Planen gehüllt.

Oder vielmehr seine Statue im Innenhof des Uni-Campus, die daran erinnert, dass das Mathematik-Genie nicht nur in Leipzig geboren wurde und die Schule besuchte, sondern auch studiert hat. Nur für eine Professur war er den damals Verantwortlichen dann doch zu jung. Da ging er dann weg. Nach Franken. Da bekam er flugs seinen Doktor. Wohl verdient und nicht abgekupfert.

Ob sich die Universität mit dieser Einwickel-Aktion, mit der auf die Social-Media-Offensive der Alma mater aufmerksam gemacht werden soll – den Richtigen ausgesucht hat, darf wohl bezweifelt werden. “Die Universität Leipzig strebt mit der Offensive einen stärkeren Dialog mit Studenten, Studieninteressenten, Mitarbeitern und Alumni an”, heißt es aus dem Hohen Hause.

Mit Gottfried Wilhelm Leibniz wurde einer der berühmtesten Studenten der Uni auch noch symbolisch zum ersten “Fan” der offiziellen Facebook-Site und zum Follower des Twitter-Kanals der Universität Leipzig gemacht. Da kann man nur sein Haupt verhüllen.

Leibniz als Fan und Follower? – Da hätte sich der Philosoph, der sich zeitlebens mit dem Wesen der Aufklärung, dem freien Willen und der richtigen Definition dessen, was man als Individuum zu verstehen hat, beschäftigte, wohl wütend die Perücke vom Kopf gerissen. Fanatismus war wohl das Letzte, was er akzeptiert hätte – und darin wäre er sich auch mit seinem größten Kritiker, Voltaire, einig gewesen. Und ein “Follower” war er nicht mal all seinen Vordenkern bis zur Antike – im Gegenteil: Er drehte ihre Argumente so lange durch den Fleischwolf seiner messerscharfen Logik, bis alles, was unlogisch war mit einem wissenschaftlichen Diktum fortgeräumt werden konnte.Und ob er auf solchen Alle-Welt-Kanälen gezwitschert und gepostet hätte – auch das darf wohl bezweifelt werden. Leibniz wäre heute eher ein konsequenter und kritischer Blogger, der seine wissenschaftlichen Thesen mit Gleichgewichtigen diskutieren würde. So, wie er auch seinen wissenschaftlichen Briefwechsel mit den Besten ihrer Spezialgebiete pflegte. Mit dem Schmus in dem, was die Verkäufer so gern “Social Media” nennen, hätte er sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht abgegeben. Auch nicht als Student.

Die Unschärfe muss hier stehen bleiben. Ganz absolut kann man das ja nicht wirklich sagen. Denn immerhin war er wohl der Erste, der sich wirklich konsequent mit Rechenmaschinen beschäftigt hat.

Was ihm aber gewiss nicht passiert wäre, ist diese Art eklektrischer Umgang mit berühmten Details aus der Geschichte, wie sie in der Verhüllung des Denkmals steckt. Das macht in Bezug auf Leibniz nicht wirklich Sinn. Das ist so schräg, dass es tatsächlich reine Public Relations ist. PR.Denn für die Betreuung der Kanäle hat die Universität eine eigene Social-Media-Referentin implementiert. Dr. Madlen Mammen heißt die junge Dame. Und sie ist den Ostdeutschen keine Unbekannte. Sie war mitbeteiligt an der heroischen Kampagne “Studieren in Fernost” der Berliner Marketingagentur Scholz & Friends. Für Scholz & Friends war sie bis Januar 2012 als Beraterin tätig.

Aber der Stil wird ja in Leipzig auch besonders gepflegt. Nämlich am Lehrstuhl Kommunikationsmanagement und Public Relations. Und auch dort findet man Madlen Mammen: Als Lehrbeauftragte war sie dort tätig, Spezialgebiet Social Media.

Seit Februar betreut sie ganz offiziell die verschiedenen Kanäle der Uni Leipzig als Social-Media-Referentin. Bisher sind die “sozialen Medien” für die Presse- und Alumni-Arbeit sowie das Studierendenmarketing genutzt worden. Zukünftig will die Alma mater verstärkt über diese Kanäle kommunizieren und so kontinuierlich über Aktivitäten der zentralen und dezentralen Bereiche der Universität informieren.

Bedient werden sollen die Themenfelder Studium, Forschung und Lehre, Hochschulpolitisches und die Campus-Entwicklung, Veranstaltungstipps, Forschung, die Universität in den Medien sowie Alumni-Nachrichten. Daneben seien beispielsweise auf Facebook auch wöchentlich Aktionen geplant.

Damit möchte sich die Uni Leipzig als innovative und serviceorientierte Hochschule präsentieren. Die Rektorin der Universität Leipzig Prof. Dr. Beate A. Schücking: “Hochschulen müssen dort präsent sein, wo sie ihre Zielgruppe erreichen. Die Universität reagiert damit auf das veränderte Mediennutzungsverhalten, insbesondere der 14- bis 29-Jährigen.”

Nur macht die Einwickelung des Denkmals im Uni-Campus auch eines deutlich: Mit solchen Aktionen wird selbst ein großer Mathematiker zum Zirkushasen gemacht. Jedenfalls sieht er jetzt so aus: Wie ein großer blauer Hase, dem auch noch einer ein “Fan”-Schild umgebunden hat. Dafür gibt’s bestimmt auch noch ein schönes blaues Dankeschön von Mark Zuckerberg.

Die verschiedenen Präsenzen können direkt über die Startseite der Universitätswebsite erreicht werden.

www.uni-leipzig.de

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