Seit Januar läuft die von der Leipzigerin Isabel Geyer gestartete Petition „Einheitliches Konzept für den digitalen Unterricht an sächsischen Schulen“. Über 7.400 Menschen haben schon unterschrieben. Zwar gibt es endlich spürbare Lockerungen für die Schulen. Aber die Chance, das Corona-Jahr zu nutzen, um eine belastbare Strategie für den digitalen Unterricht zu entwickeln, hat auch Sachsens Kultusministerium nicht genutzt.

Die Eltern-Initiative um die Online-Petition „Einheitliches Konzept für den digitalen Unterricht an sächsischen Schulen“ mit über 7.200 Unterschriften allein aus Sachsen fordert eine Aufarbeitung der zurückliegenden 15 Monate Schule unter Pandemie-Bedingungen.Auch wenn einzelne Landkreise wieder in den Wechselunterricht zurückkehren und in Leipzig bis zu den Sommerferien nochmals sechs Wochen Präsenzunterricht in vollen Klassenstärken möglich sind, dürfe nicht übersehen werden, dass das Sächsische Kultusministerium seiner Verantwortung nicht gerecht geworden sei.

„Außer zu entscheiden, wann Schulen um jeden Preis geöffnet werden und wer wann getestet wird, gab es nur vage Richtlinien, wie digitaler Unterricht ablaufen soll – ohne flächendeckend die pädagogischen und technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen“, geht Isabel Geyer, Initiatorin der Online-Petition, auf das zentrale Anliegen der Petition ein, die ein Quorum von 12.000 Unterschriften erreichen soll.

Die Erziehungswissenschaftlerin Isabel Geyer ist selbst Mutter von drei schulpflichtigen Kindern. Sie arbeitet hauptberuflich als Leiterin einer Leipziger Kindertagesstätte und engagiert sich nebenbei als stellvertretende Elternsprecherin.

Und was sie im Homeschooling ihrer Kinder erlebte, werden dieserart auch viele andere Eltern in Sachsen erlebt haben. Denn vorbereitet auf eine solche Ausnahmesituation war das sächsische Schulsystem nicht.

„Lehrer, Eltern und Schüler wurden mit kurzfristigen Vorgaben überrannt und allein gelassen. Statt konsequent Reformen voranzutreiben, werden nun Lehrpläne ausgedünnt, um die Versäumnisse der letzten Monate zu vertuschen“, kritisiert Geyer. „Und auch für Investitionen in die Bildung stellt der Freistaat Sachsen keine weiteren Gelder bereit, nur die Bundeshilfen werden weitergeleitet – ganz im Gegensatz zu anderen Bundesländern.“

Die Befürchtung vieler Eltern, die im Rahmen der Online-Petition ihre Erfahrungen teilten, legt nahe, dass Sachsens Bildungssystem auch bei einem eventuellen vierten Lockdown im Herbst 2021 pädagogisch und technisch nicht ausreichend gut aufgestellt ist, um einen adäquaten digitalen Unterricht gewährleisten zu können. Vielmehr werde sich auf der „pädagogischen Freiheit der Lehre“ sowie dem „diversen Schulsystem“ ausgeruht, kritisiert das Bündnis.

Innerhalb der letzten 15 Monate sei es dem sächsischen Kultusministerium weder gelungen, einheitliche Mindeststandards für Online-Unterricht zu schaffen, noch die technische Ausstattung und die Lehrpläne an die Bedürfnisse der heutigen Zeit anzupassen. Mehr denn je sei die Bildungs- und Chancengleichheit in Sachsen und Deutschland abhängig vom individuellen Engagement einzelner Schulen, Schulleiter, Lehrer, Vereine und Verbände, die bei der Digitalisierung der Bildung eigenverantwortlich nach vorn gehen.

Auch Erkenntnisse wie aus der ifo-Studie „Bildung erneut im Lockdown: Wie verbrachten Schulkinder die Schulschließungen Anfang 2021?“ würden nicht aufgegriffen. In der ifo-Studie kam heraus, dass im ersten Lockdown nur sechs Prozent aller Kinder digital unterrichtet wurden – im zweiten Lockdown waren es 26 Prozent. Das bedeutet auch aus Sicht von Isabel Geyer: Zwei Drittel der Kinder wurden über einen langen Zeitraum nur unzureichend unterrichtet und mit Selbstlernen überfordert.

Und auch vorausdenkende Vorschläge wie die Novelle des Sächsischen Schulgesetzes („Fernunterrichtsgesetz“), den die Arbeitsgemeinschaft der Juristinnen und Juristen in der SPD (ASJ) Ostsachsen vorgelegt hat, würden einfach überhört.

„Es kann nicht sein, dass ein Ministerium für Bildung nicht in der Lage ist, rechtzeitig die Voraussetzungen für einen modernen digitalen Unterricht zu schaffen und nicht einmal in einer großen Krisenphase die Schulen in die Pflicht zu nehmen, neue Wege zu gehen – es geht hier um die Bildung einer ganzen Generation“, sagt Isabel Geyer und fordert, dass die Untätigkeit des Sächsischen Kultusministeriums im Landtag oder medial nochmals klar aufgearbeitet wird.

Die Petition „Einheitliches Konzept für den digitalen Unterricht an sächsischen Schulen“ auf openpetition.de findet man hier.

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