Seit รผber einem Jahr schwelt der Konflikt an der HTWK Leipzig. Eigentlich ging es vordergrรผndig um die Neuberufung von Kanzlerin Swantje Rother, die der Studierendenrat unbedingt verhindern wollte, weil die Zusammenarbeit mit der Kanzlerin aus seiner Sicht eine Katastrophe war. Doch der im November 2019 zum Rektor gekรผrte Prof. Mark Mietzner hielt an der Berufung fest und kรผndigte lieber die Zusammenarbeit mit dem StuRa auf. Der nun seinerseits im Dezember die Zusammenarbeit aufkรผndigte.

Die Studierenden der HTWK Leipzig wollen nun andere Wege nutzen, um ihre Interessen berรผcksichtigt zu sehen. Zumindest erzรคhlt die Entwicklung nicht davon, dass der Rektor viel Talent zur Kommunikation hat. Und auch recht eigenwillige Vorstellungen von der Durchsetzung seines Fรผhrungsanspruchs.

Aufgrund der Bemรผhungen der studentischen Vertretung gegen die Wiederbestellung der amtierenden Kanzlerin beendete Prof. Mark Mietzner bereits im August die Zusammenarbeit mit dem StudierendenRat seiner Hochschule.

โ€žAnstelle sich infolge unseres Offenen Briefes endlich mit der Kritik der Studierendenschaft zu befassen, warf Prof. Mietzner uns und unseren knapp 300 Unterstรผtzer/-innen ein fehlendes demokratisches Verstรคndnis vor. Der StuRa hรคtte mit dem offenen Brief jegliche Basis der konstruktiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit entzogen. Ein Witz โ€“ wenn man bedenkt, dass wir uns bereits seit Mitte 2019 hochschulintern gegen die Wiederbestellung einsetzten.

Der Rektor wollte fortan lieber die FSR-Sprecher/-innen regelmรครŸig zu Beratungen des Rektorates einladen, welche die Zustรคndigkeit jedoch weiterhin beim StuRa sahen. Damit รผberging Prof. Mietzner nicht nur die demokratischen Strukturen der Studierendenschaft seiner Hochschule, sondern sprach auch dem gesamten StudierendenRat die Legitimation abโ€œ, berichtet Anja Heim, Sprecherin des FachschaftsRates Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsingenieurwesen.

FSR sind die Fachschaftsrรคte, die naturgegeben natรผrlich nur die Sprecher/-innen der jeweiligen Fachschaft sind. Das politische Gremium der Studentenschaft ist nun einmal der von den Studierenden gewรคhlte StuRa.

Das Verhรคltnis zwischen Rektor und StuRa war bereits vor August รคuรŸerst angespannt. So wurde die studentische Vertretung seit Ausbruch der Corona-Pandemie auch nicht an der Erarbeitung der krisenbedingten MaรŸnahmen beteiligt. Deswegen demonstrierten die Studierenden Anfang Juli mit einem Forderungskatalog gegen das Corona-Management der Hochschulleitung.

โ€žDenn Prof. Mietzner nahm bereits vereinbarte Termine ohne Absage nicht wahr und verwies bei erneuten Gesprรคchsanfragen auf das Ende der Pandemie. Die Corona-Regelungen im Sommersemester wurden vom Krisenstab komplett ohne studentische Beteiligung oder Absprachen in Kraft gesetzt oder an dezentrale Stellen weitergegeben. So wurden wichtige studentische Anliegen nicht oder nur teilweise gehรถrt, was wiederum in einer Unsicherheit und Ungleichbehandlung unserer Studierenden mรผndete. Auch unsere unzรคhligen Anfragen fernab der Corona-Pandemie blieben โ€“ und bleiben bis heute nahezu unbeantwortetโ€œ, beschreibt Nico Zech, bis September Sprecher des StudierendenRates, die ziemlich desolate Kommunikation an der Hochschule.

Mit dem Abbruch der Zusammenarbeit seitens des Rektors aufgrund des Offenen Briefes des StuRa der HTWK spitzte sich der Konflikt dann weiter zu.

โ€žMit dem Entschluss des Rektors stand der StuRa vor der Entscheidung: Entweder wir verfolgen den Einsatz gegen die amtierende Kanzlerin weiter und riskieren den vollstรคndigen Abbruch unserer Zusammenarbeit seitens Herrn Mietzners. Oder wir halten die FรผรŸe still und fahren unser Engagement zurรผck, damit wir trotz strapazierter Zusammenarbeit wieder einen gemeinsamen Weg fรผr die studentischen Interessen mit dem Rektor finden kรถnnen. Letzteres hatte in Anbetracht der akuten studentischen Problemlagen infolge der Pandemie fรผr den StuRa oberste Prioritรคtโ€œ, ergรคnzt Frank Mรผnnich, stimmberechtigtes Mitglied des StuRa.

Deshalb setzte der StudierendenRat viele Krรคfte an den Wiederaufbau eines konstruktiven Dialoges mit dem Rektor und hielt sich mit weiteren รถffentlichen Positionierungen vorerst zurรผck, beschreibt der StuRa seine Versuche, wieder eine gemeinsame Gesprรคchsbasis zu finden.

โ€žDer StuRa ging aktiv auf den Rektor zu. Unsere Sprecher/-innen suchten einige klรคrende Gesprรคche mit Prof. Mietzner, um die vergangenen Probleme aufzuarbeiten und Grundpfeiler einer Zusammenarbeit auf Augenhรถhe zu schaffen. Wir haben wirklich auf eine gemeinschaftliche Einigung gehofft und hรคtten diese gerne auch in einer รถffentlichen Stellungnahme gemeinsam von Rektor und StuRa bekrรคftigt. Nach mehrmaligen Nachfragen lehnte Prof. Mietzner unseren Vorschlag jedoch ab. Laut seiner eigenen Aussage wรผrde der Rektor dem StudierendenRat damit die ,Absolutionโ€˜ erteilenโ€œ, berichtet Lea Kunz, Referentin fรผr Lehre und Studium.

Logisch, dass der StudierendenRat sich bei einer so pรคpstlichen Haltung zunehmend frustriert sah. Das Bemรผhen um Kommunikation erwies sich fรผr ihn als erfolglos und krรคftezehrend.

โ€žEine angemessene Beteiligung studentischer Stimmen erfolgt weder bei den Corona-Regelungen noch bei anderen Themen. So forderten anfangs wir und โ€“ spรคter auch Mitglieder des Senats โ€“ endlich eine studentische Vertretung im Krisenstab der HTWK Leipzig zuzulassen. Prof. Mietzner lehnte dies stets ab, um nun im Wintersemester einen Erweiterten Krisenstab mit allen Leiter/-innen der Fakultรคten, den Dezernaten und Zentralen Einrichtungen einzuberufenโ€œ, erzรคhlt Jonas Lรผck, Referent fรผr Hochschulpolitik.

โ€žZeitlich begrenzt erhalten wir als Gรคste die Mรถglichkeit zur Stellungnahme zu groรŸteils bereits getroffenen Entscheidungen der Hochschulleitung. Diese Einladungen des Rektors stellen fรผr uns keinen ernsthaften Einbezug unserer Interessen dar. Wir nehmen sie vielmehr als Instrumentalisierung der Vertreter/-innen des StuRa wahr โ€“ um hier eine Berรผcksichtigung von studentischen Positionen vorzugeben, welche es jedoch in Wahrheit nicht gibt.โ€œ

Campus Compact Spezial: Interview mit HTWK-Rektor Prof. Dr. Mark Mietzner (17.01.2020)

โ€žAnstelle Studierendenfreundlichkeit vorzutรคuschen, hรคtte der Rektor uns einfach zuhรถren kรถnnen. Wir haben bereits wochenlang betont, dass sich der StuRa auf diese Art des Miteinanders nicht lรคnger einlassen kann. Als transparentes Gremium mรผssen wir unsere Studierenden endlich wieder umfassend รผber die aktuelle Lage informierenโ€œ, sagt Sabine Giese, Sprecherin des StuRa.

โ€žDenn es gibt zu viele Problemlagen, die scheinbar nicht รผber die Hochschulleitung, sondern auf anderen Wegen angemessen vertreten werden mรผssen. Nach fast einem Jahr der Scheinbeteiligung, unzรคhligen aufgeschobenen Terminen und ausbleibenden aussagekrรคftigen Antworten stellen wir unsere monatelangen Bemรผhungen um eine kooperative Zusammenarbeit ein. Wir wollten lange nicht akzeptieren, dass studentische Interessen fรผr Prof. Mietzner scheinbar nur nach eigener Auslegung von Bedeutung sind. Damit hat der Rektor einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem StuRa derzeit jegliche Basis entzogen.โ€œ

Ob zukรผnftig wieder Wege fรผr eine gemeinsame Arbeitsweise mit dem Rektor gefunden werden kรถnnen, ist fรผr die Studierenden bislang unklar. Der StudierendenRat zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass studentische Meinungen kรผnftig wieder besser gehรถrt werden.

โ€žWir sind wahnsinnig froh รผber all die engagierten Mitarbeitenden, die ihr Bestes leisten und sich dabei vor allem auch unseren studentischen Sorgen annehmen. In Zukunft mรถchte der StuRa wieder verstรคrkt mit den direkt zustรคndigen Stellen und Mitarbeitenden zusammenarbeiten und dabei zur gewohnt transparenten Arbeitsweise zurรผckkehrenโ€œ, sagte Mara Boege, Referentin fรผr Koordination und Kommunikation, im Dezember.

Doch auch 2021 gelten weiter verschรคrfte Corona-Bedingungen. Kein gutes Umfeld fรผr mehr Gesprรคche. Erst recht, wenn sich der Rektor so schwertut, mit seinen โ€žrebellischenโ€œ Studierenden zu reden.

Der StudierendenRat (kurz: StuRa) ist die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller 6.400 Studierenden der HTWK Leipzig.

HTWK-Student/-innen versuchen sich jetzt irgendwie mit der wiederernannten Kanzlerin zu arrangieren

HTWK-Student/-innen versuchen sich jetzt irgendwie mit der wiederernannten Kanzlerin zu arrangieren

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