Seit März kocht es an der HTWK Leipzig, ist der Bruch zwischen Hochschulleitung und Studentenvertretung offensichtlich. Eigentlich eine alte Geschichte, die da wieder aufbricht und deutlich macht, dass der Umgang einer Hochschule mit den Studierenden zwar von einem Machtgefälle erzählt. Aber gerade deshalb braucht es Vertrauen. Und das ist nachhaltig gestört, war es auch schon vorher. Trotzdem schlug Rektor Prof. Mark Mietzner im Juli ganz offiziell die bisherige Kanzlerin auch für die nächsten acht Jahre vor.
In seiner Mitteilung vom 6. Juli zeigte sich der StuRa ist entsetzt und wenig überrascht über die erneute Bestellung von Professorin Swantje Rother als Kanzlerin der HTWK Leipzig.
„Uns ist natürlich bewusst, dass der Rektor für die Bestellung der/des Kanzler/-in zuständig ist. Nachdem jedoch bereits in den Senatssitzungen das innige Verhältnis zwischen Kanzlerin und Rektor für alle Teilnehmenden erkennbar ist, zweifeln wir an einer objektiven Einschätzung. Die Strategie der amtierenden Kanzlerin zur Sicherung ihrer Stelle ging damit auf: Sie unterstützte bereits bei der Rektor/-innen-Wahl im Sommer 2019 den Kandidaten, welcher ihr wohlgesonnener gegenüberstand als unsere damalige Rektorin Grande“, erklärte Martin Schroeder, ehemaliges Mitglied des Senats.
Nachdem Forderungen einer Auswahlkommission an der Hochschule lauter wurden, bildete der Rektor eine Beratungskommission, welche ihm bei der Auswahl unterstützen sollte. „Selbstverständlich wählt der Rektor die Mitglieder der Kommission selbst aus. Somit verwundert es kaum, dass das einzige Mitglied der Studierendenschaft einige Tage vor der Bestellung durch den Rektor zum Gespräch bei der Kanzlerin eingeladen wurde“, merkte Toni Nabrotzky, ehemaliger Sprecher des StuRa, an.
Der StuRa der HTWK Leipzig betont seit Amtsbeginn des Rektors, dass eine Zusammenarbeit mit Rother nicht möglich ist und insbesondere Studierende und Mitarbeiter/-innen unter ihrem autoritären und häufig unsachlichen Umgang leiden. Kurz vor Ausschreibung der Stelle konkretisierte der StuRa im Februar 2020 seine Forderungen, eine neue Person als Kanzler/-in zu bestellen.
Seine Wünsche und Forderungen an die Neubesetzung übermittelte der StuRa letztlich dem Rektor und seiner Beratungskommission, dem Hochschulrat sowie dem Senat.
„Auch wenn einige Vertreter/-innen unsere Belange durchaus Ernst nehmen, werden die studentischen Interessen von einem Großteil nicht gehört oder gar berücksichtigt. Auf keinen einzigen Wunsch der Studierendenvertretung ist der Rektor umfassend eingegangen. Ebenso wenig geht der Rektor auf unsere Kritik gegenüber Rother ein“, kritisierte Sabine Giese, Sprecherin des StuRa und Mitglied des Senats.
Doch am 2. Juli gab Mietzner bekannt, dass er an Rother festhalten möchte: „Ich habe nach unserem fundierten Auswahlverfahren entschieden, mit Prof. Swantje Rother eine Person zu nominieren, die für diese Aufgabe nachweislich hervorragend geeignet ist. Prof. Rother konnte sich in dem sehr starken Feld von Bewerberinnen und Bewerbern mit ihrem breiten Erfahrungshintergrund im Wissenschaftsmanagement erfolgreich durchsetzen.
Sie ist eine große Bereicherung für das Rektorat, in dem wir gemeinsam mit der Prorektorin für Bildung und dem Prorektor für Forschung die künftigen Herausforderungen erfolgreich bewältigen und die HTWK Leipzig als einmaligen Forschungs- und Wissens-Hub in der Stadt, der Region sowie in Deutschland und über die Grenzen hinaus verankern werden“, so Prof. Mark Mietzner.
Im nächsten Schritt muss durch das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus die Bestellung zur Kanzlerin erfolgen.
Die Studierenden sehen ihr Votum schlicht ignoriert.
„So positioniert Prof. Mietzner sich weder zum abwertenden Umgangs Rothers mit studentischen Vertreter/-innen noch zu den zahlreichen Bewerbungen an anderen
Bildungseinrichtungen 2014, 2015 und 2016 – obwohl sie 2013 erst an der HTWK Leipzig bestellt wurde. Der StuRa ist überaus besorgt über diese Entwicklung der Hochschulleitung: Studentische Interessen verlieren zunehmend an Bedeutung und Wertschätzung und werden nicht gehört. Das verdeutlicht sich auch im ursprünglich monatlich angesetzten Termin zwischen StuRa-Sprecher/-innen und Rektor, welcher derzeit gar nicht mehr stattfindet“, fügt Nico Zech, ebenfalls Sprecher des StuRa und Mitglied des Senats, an.
Trotzdem bleibe die Studierendenvertretung weiterhin gesprächsbereit und konstruktiv, betonte man. „Wir hoffen, dass eine neue Phase der Kommunikation und des Miteinanders von Studierendenvertretung und Hochschulleitung anbrechen wird. Ein respektvoller und wertschätzender Umgang aller Parteien sollte dabei eine Selbstverständlichkeit sein. Nur so kann der direkte Dialog gewinnbringend sein und positive Ergebnisse im Sinne der Studierenden erzielen“, sagte Lorenz Ziche, Mitglied des Senats.
Nur wurde das Gespräch nicht gesucht. Der Rektor hält an seinem Vorschlag fest.
Der StuRa hat sich jetzt deshalb mit einem Offenen Brief an den zuständigen Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow gewandt.
„Die fehlende Berücksichtigung studentischer Anliegen seitens des Rektors sowie des Hochschulrates nehmen wir zum Anlass unseres Schreibens an das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus“, betont der StuRa dazu.
Der Offene Brief an Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow.
Im Offenen Brief heißt es unter anderem: „In der nun endenden Amtszeit hat sich herausgestellt, dass studentische Interessen keinerlei Bedeutung bei der Kanzlerin haben. Unsere unzähligen unbeantworteten E-Mails oder die fehlenden Gesprächstermine trotz unserer häufigen Bitten verdeutlichen die nicht vorhandene Kommunikationsbereitschaft mit den Studierenden der Hochschule. Die Gespräche mit der studentischen Vertretung in der achtjährigen Amtszeit können an einer Hand abgezählt werden.
Wünsche der Studierenden werden prinzipiell ignoriert – selbst, wenn diese durch eine Unterschriftenliste hervorgehoben werden. So wird beispielsweise dem studentischen Wunsch nach einer transparenten Raumvergabeordnung seit 2017 nicht nachgekommen, wodurch die Überlassung von Räumen keinen klaren Vorschriften, sondern ausschließlich der unerklärlichen Willkür der Kanzlerin unterliegt.“
Was die Studierenden besonders besorgt ist die Tatsache, dass ihr Engagement an der Hochschule zunehmend blockiert wird.
„Lassen Sie es zu, dass unsere HTWK Leipzig wieder von einer Kultur des konstruktiven Miteinanders und einem gemeinsamen Ringen um den besten Weg geprägt ist. Wir zählen auf Sie, da unsere Interessen bereits an zu vielen Stellen der Hochschule ignoriert und unsere Vertreter/-innen für diese belächelt wurden“, schreiben sie an Gemkow. „Wir brauchen engagierte Studierende für eine lebendige Hochschule und wir brauchen motivierte Mitarbeitende für eine gute Betreuung. Wir brauchen keinen autoritären und abwertenden Machtmenschen, welcher uns und unserer Hochschule schadet.“
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