Mit der Coronakrise haben sich nicht nur die technischen und digitalen Kompetenzen der Studierenden verbessert, die Mehrheit der Studierenden an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (rund 80 Prozent) hat eigenen Aussagen zufolge auch gelernt, sich besser an veränderte Bedingungen anzupassen: Die Fähigkeiten zum Selbstmanagement haben sich unterschiedlich, aber mehrheitlich doch positiv entwickelt. Die psychische Belastung ist hingegen stark gestiegen.
Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der ersten Auswertung einer außerplanmäßigen Onlinebefragung Studierender der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig). Sie waren im Juni zu ihrer Studiensituation in Zeiten der Coronakrise sowie zu Lehrveranstaltungen befragt worden, Hauptaugenmerk lag auf dem Thema Distanzlehre.
„Wir alle haben ein außergewöhnliches, auch ein außergewöhnlich herausforderndes Semester hinter uns. Uns war es deshalb wichtig zu erfahren, wie es unseren Studierenden geht und wie sie die Corona-Pandemie bisher bewältigt haben – mit dem Ziel, eine Handlungsgrundlage für das kommende Semester zu erhalten. Wie können wir unsere Studierenden besser unterstützen und ihre Situation verbessern? Dafür sind die Erfahrungen und die Meinungen der Betroffenen unabdingbar“, erklärt dazu HTWK-Rektor Prof. Mark Mietzner.
Rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) gab an, dass sich ihre Offenheit für innovative digitale Lösungen in hohem Maße verbessert hat, immerhin 44 Prozent erleben einen Kompetenzzuwachs im eigenständigen Umgang mit digitalen Lern-Tools. Die Mehrheit der Studierenden ist technisch ausreichend ausgestattet, um digitale Lernangebote wahrzunehmen, ihnen fällt der Umgang damit leicht (59 Prozent).
Distanzlehre vs. Präsenzlehre – Chancen und Risiken
Die psychische Belastung generell sei aufgrund der besonderen Situation während der Coronakrise gestiegen. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) gab an, dass diese höher ist als in „normalen“ Semestern, Motivation und Konzentration hätten sich verschlechtert.
Die Aussagen der Studierenden zur Umsetzung der Lehre im Distanz-Semester wiederum reichen von sehr positiven Rückmeldungen bis zu starker Kritik. So haben zwei Drittel der Befragten nach eigenen Angaben durch die Distanzlehre gelernt, ihre Lernzeit selbständiger einzuteilen, zielorientierter zu handeln sowie generell selbständiger zu arbeiten.
Auch werden die Lehrveranstaltungen überwiegend positiv eingeschätzt: 61 Prozent der befragten Studierenden bewerten die Lehrveranstaltungen im Sommersemester als gut bis sehr gut. Dennoch wird die Distanzlehre im Vergleich zur Präsenzlehre als deutlich weniger geeignet betrachtet (56 Prozent), 78 Prozent der Befragten fühlen sich durch Distanzlehre schlechter auf die Prüfungen vorbereitet als sonst.
Für die Zukunft wünschen sich Studierende von den Lehrenden im Rahmen der Distanzlehre mehr Rücksicht darauf, dass das Selbststudium mehr Zeit brauche als Präsenzveranstaltungen. Die optimale Distanzlehre besteht aus Sicht der Studierenden aus einer Kombination von Live-Lehrveranstaltungen bzw. aufgezeichneten Lehrveranstaltungen und begleitenden Lernmaterialien, auch Videos werden für geeignet befunden. In Zukunft sollten nach dem Wunsch der Befragten Präsenz- und Distanzlehre „sinnvoll miteinander kombiniert“ werden – Distanzlehre würde in Ergänzung zur Präsenzlehre als fester Bestandteil der Lehre begrüßt.
Auch für Dozent/-innen ein Lernprozess
„Dieses Ergebnis verstehe ich als Chance, das gehört für mich zu den Dingen, die wir aus der Krise lernen und in die Zukunft mitnehmen können. Mir ist bewusst, dass die Studierenden einer sehr viel höheren Belastung als in normalen Semestern ausgesetzt waren. Diese haben sie bisher sehr gut bewältigt. Wir als Hochschulleitung werden alles dafür tun, um mit den Studierenden im Gespräch zu bleiben. Wir nehmen ihre Sorgen sehr ernst.
Und wir sind stolz auf die Studierenden und die Mitarbeitenden, wie sie Studium und Lehre bisher gemeinsam bewältigt haben. Die Geschwindigkeit, mit der wir den Hochschulbetrieb umstellen mussten, war eine herausragende Leistung aller Beteiligten“, so Prof. Barbara Mikus, Prorektorin für Bildung.
„Für mich als Soziologin ist diese außerplanmäßige Befragung in diesen besonderen Zeiten ein Muss, um die Auswirkungen von veränderten gesellschaftlichen und hochschulspezifischen Bedingungen auch an unserer Hochschule zu untersuchen. In unserem Team von Sozialwissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, Kolleginnen der Hochschuldidaktik sowie der Studierendenberatung wurde der Fragebogen entwickelt und die Daten wurden ausgewertet.
Derartige Befragungen, die regelmäßig auch in ‚normalen‘ Zeiten durchgeführt werden, sind fester Bestandteil der Qualitätsentwicklung von Lehre und Studium an der HTWK Leipzig. Auch aus dieser Befragung sollen Erkenntnisse über die Studienbedingungen gewonnen und damit eine Grundlage für Verbesserungsmaßnahmen geschaffen werden“, ergänzt Gesine Bächer-Brösdorf, Leiterin der Stabsstelle Qualitätsmanagement.
Erfreulich: Immerhin 80 Prozent der befragten HTWK-Studierenden verfügen nach eigener Aussage über eine abgesicherte Studienfinanzierung – demnach ist zu erwarten, dass die Mehrheit keine Schwierigkeiten im Studienverlauf aufgrund finanzieller Probleme haben wird. Gleichwohl gibt es Studierende, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, für sie ist die Belastung daher in diesem Semester besonders hoch. Studierende in besonderen Lebenslagen – beispielsweise mit Kindern oder zu pflegenden Familienangehörigen – sollen bestmöglich mit individuellen Lösungen im Rahmen der Möglichkeiten unterstützt werden.
An der Online-Befragung waren im Juni 1.312 Studierende aus allen Fakultäten und allen Fachsemestern gleichermaßen beteiligt, so dass repräsentative Ergebnisse für alle Studierenden der HTWK Leipzig gewonnen werden konnten. Rund ein Viertel der angeschriebenen Studierenden der HTWK Leipzig nahmen an der Befragung teil – eine gute Quote.
Die ausführliche Auswertung aller Fragen sowie die Aufbereitung der Ergebnisse für die einzelnen Fakultäten und Studiengänge ist noch im Gang und wird voraussichtlich im Herbst vorliegen.
Veränderter Lehrbetrieb durch Corona ist auch für viele Student/-innen der Uni Leipzig eine extreme Belastung
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