In Sachsen hat am Montag, den 6. April, die Vorlesungszeit begonnen. Weil die Hochschulen wegen der Coronakrise aber geschlossen sind, stehen Studierende und Lehrende vor großen Herausforderungen. Ein bundesweites Bündnis, an dem sich auch die sächsische Studierendenvertretung beteiligt, hat deshalb einen umfangreichen Forderungskatalog veröffentlicht. Vieles, was darin steht, fordern auch Linke, SPD und Grüne im sächsischen Landtag.
Ein studentisches Bündnis hat zu Beginn des Sommersemesters einen umfangreichen Forderungskatalog für Bund, Länder und Hochschulen veröffentlicht. Teil des bundesweiten „Solidarsemesters“ ist neben Studierendenausschüssen und Hochschulgruppen verschiedener Parteien unter anderem die Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS). Sie vertritt nach eigenen Angaben mehr als 100.000 Studierende an den staatlichen Hochschulen in Sachsen.
„Zur Umsetzung der Forderungen sind die Fachbereiche, die Hochschulen, aber vor allem auch eine entschlossen agierende Landesregierung gefragt“, so KSS-Sprecher Paul Senf in einer am Montag, den 6. April, veröffentlichten Pressemitteilung. „Sie müssen die Studierenden einbeziehen und alle gemeinsam Lösungen finden.“
Auf der Homepage des „Solidarsemester“-Bündnisses heißt es kämpferisch: „Wir rufen zu einem Sommer der Solidarität an den Hochschulen auf, in welchem Lehrende und Studierende gemeinsam die Herausforderungen der Krise angehen, strukturelle Entlastung gewährt und der Leistungsdruck ausgesetzt wird – von allen Seiten.“
Finanznot bei Studierenden befürchtet
Die konkreten Forderungen sind vielfältig und betreffen nahezu alle Bereiche, die direkt oder indirekt mit dem Studium zusammenhängen. An erster Stelle steht die finanzielle Situation, die für viele Student/-innen schon im Normalfall prekär ist.
Nun drohen wegen der Einschränkungen für Geschäfte zahlreiche Nebenjobs wegzufallen. Zudem ist aus Sicht des „Solidarsemesters“ auch die finanzielle Unterstützung durch Eltern gefährdet, weil diese ebenfalls von ausbleibenden Einnahmen betroffen sein könnten. Bafög erhalten Studierende nur, wenn die Eltern nicht für den Lebensunterhalt aufkommen können. In vielen Fällen könnte sich die Situation der Eltern im Vergleich zur Antragsstellung nun deutlich verschlechtert haben.
Das studentische Bündnis fordert deshalb „Notkriterien“, die eine solche Situation berücksichtigen. Zudem soll die Förderungshöchstdauer um mindestens ein Semester verlängert werden. „Diese krisenbedingten Verlängerungszeiten sind als Vollzuschuss zu gewähren“, fordern die Studierenden. Normalerweise wird Bafög zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als zinsfreies Darlehen gezahlt.
Auch bei der Altersgrenze für die Familienversicherung, dem Anspruch auf Kindergeld, Stipendien und Studienkrediten müsse es entsprechende Anpassungen geben. Studiengebühren dürften im Sommersemester nicht verlangt werden.
Forderungen an die Hochschulen
Von den Hochschulen erwartet das „Solidarsemester“-Bündnis viel Entgegenkommen in außergewöhnlich schwierigen Zeiten. So solle beispielsweise darauf Rücksicht genommen werden, dass manche nur eingeschränkt Zugang zum Internet haben, um Online-Veranstaltungen zu besuchen.
Auch sollen Prüfungen, die eigentlich für das Sommersemester vorgesehen waren, nicht gegen den Willen der Studierenden in das Wintersemester verschoben werden, wenn es dabei zu einer starken Belastung kommen würde.
Die an den Hochschulen Beschäftigten haben die Studierenden ebenfalls im Blick: „Hochschulen müssen ihrer sozialen Verantwortung nachkommen und alle Verträge reibungslos und unterbrechungsfrei um mindestens sechs Monate verlängern.“ Lehraufträge auf Honorarbasis müssten auch dann bezahlt werden, wenn die Lehre nicht oder nur eingeschränkt stattfinden kann.
Weitere Forderungen betreffen die Situation ausländischer Student/-innen, die Kinderbetreuung, die Digitalisierung und die Demokratie an Hochschulen. Auch wenn wichtige Entscheidungen schnell getroffen werden müssen, dürften die Gremien nicht übergangen werden. In den Krisenstäben der Hochschulen soll sich nach dem Willen des Bündnisses mindestens eine Person aus jeder Statusgruppe befinden. Damit sind beispielsweise Studierende und Hochschullehrer/-innen gemeint.
Ähnliche Forderungen von SPD, Grünen und Linken
Auch aus den Fraktionen des sächsischen Landtags melden sich Politiker/-innen anlässlich der in dieser Woche begonnenen Vorlesungszeit zu Wort.
Der SPD-Abgeordnete Holger Mann fordert, das laufende Sommersemester nicht auf Regelstudienzeit und Höchstdauern anzurechnen. Studierenden dürften durch die aktuelle Situation keine Nachteile entstehen. Bei den Arbeitsverträgen und Lehraufträgen auf Honorarbasis ist Mann ebenfalls auf einer Linie mit dem „Solidarsemester“.
Linkspolitikerin Anna Gorskih kritisiert die sächsische Landesregierung: „Über die letzten Wochen hat es Wissenschaftsminister Gemkow nicht geschafft, mit den Rektoraten, Beschäftigten und Studierenden klare und einheitliche Regelungen zu vereinbaren.“ Sie fordert einen Sozialfonds für Studierende in finanzieller Not und vertritt ansonsten ähnliche Positionen wie das studentische Bündnis.
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn Landesrektorenkonferenz, Landesstudierendenvertretung und das Wissenschaftsministerium gemeinsam beraten, wie das Sommersemester ausgestaltet werden kann“, sagt auch die Grünen-Abgeordnete Claudia Maicher. Die aktuelle Situation sei einzigartig und verlange „flexible Lösungen“.
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